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Das Auge der Wüste: Das Geheimnis von Askir 3 (German Edition)

Das Auge der Wüste: Das Geheimnis von Askir 3 (German Edition)

Titel: Das Auge der Wüste: Das Geheimnis von Askir 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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Menschen schrien, wie meine Großmutter mich nahm und das, was mein Körper war, zum Haus des Soltar trug. Ich folgte ihnen. Ich sah, wie mein Vater heraneilte, ich sah den Jungen an der Treppe knien, ich sah Eure Klinge. Sie pulsierte langsam, fast schien es mir, als zöge sie meinen Geist zu sich. Ich wich dem dunklen Licht der Klinge aus und folgte meinem Vater in den Tempel. Dort sah ich Euch. Neben Euch stand ein Priester, und ihr habt euch über meinen Tod unterhalten. So erfuhr ich, dass es Mord war. Ihr saht mich an, erhobt Euch und gabt dem Priester das Garn. Ich sah Euch so deutlich, wie ich Euch nun vor mir sehe, und in Euren Augen sah ich Sterne. Dann merkte ich, wie mein Körper mich wieder rief. Als ich, geheilt, die Augen aufschlug, wart Ihr gegangen.«
    Faihlyd schwieg, und alle drei schauten mich an. Was sollte ich sagen? »Ich danke den Göttern für Eure Genesung, Essera.«
    »Sollte ich nicht besser Euch danken?«, fragte Faihlyd mit einem bedeutungsschweren Unterton in der Stimme.
    Ich hob abwehrend die Hand. »Nein, es ist das Werk Soltars, er vollbrachte das Wunder. Es ist lächerlich anzudeuten, dass ich damit etwas zu tun hätte.«
    Falah erhob sich und ging zu einer Vitrine. Sie öffnete sie und entnahm ihr ein Buch, das schon aus der Entfernung alt wirkte.
    Sie legte es vorsichtig auf ein Lesepult vor dem Fenster und schlug es auf, blätterte zweimal und sah mich dann mit ihren alten Augen fest an. »Wir sind ein abergläubisches Volk. Wir lieben unsere Omen, Prophezeiungen und Geistergeschichten. Und warum auch nicht? Jeder weiß, dass Prophezeiungen immer vieldeutig sind und dass man sie auslegen kann, wie man möchte. In den Tempeln liegen viele Schriften, die sich mit solchen Dingen beschäftigen. Dies«, sie legte die flache Hand auf das Buch, »ist das Buch des Löwen. Es enthält unsere Familiengeschichte, die Namen unserer Väter und Mütter und vieles mehr. Normalerweise ruht es in der Schatzkammer, schwerer bewacht als all unsere Juwelen. Es enthält eine Prophezeiung, ausgesprochen an dem Tag, als das Haus des Löwen gegründet wurde. Ich überlasse die Deutung dieser Worte Euch: ›An dem Tag, an dem die letzte Blüte des Löwen durch Verrat und ein unschuldiges Tier niedergestreckt wird, sieht sie, auf der Schwelle zum Reich des Todes und Soltars Macht, den Engel des Todes. Sie wird ihn erkennen an seinem Schwert, dem Garn und den Sternen in seinem Augenlicht. Er wird sie zurückführen in das Reich der Lebenden. Folgt sie in der Stunde der Not seinem Rat einmal, wird sie leben. Folgt sie ihm zweimal, wird sie ein Reich einen. Folgt sie seinem Rat ein drittes Mal, wird sie weise werden und glücklich.‹« Sie schloss das Buch vorsichtig. »Diese Worte sind mehr als neunhundert Jahre alt. Dutzende von weisen Männern und Frauen haben diesen Text bereits gedeutet, ihre Worte füllen die Schriftrollen, von denen ich sprach. Was ist Eure Deutung dieser Worte?«
    Ich schloss die Augen und stöhnte innerlich auf. Es war meine eigene Schuld. Eine Möglichkeit war, dass ich mein Schicksal selbst gewählt hatte, als ich damals vortrat, um für meine Schwester ein besseres Leben zu erreichen als für mich. Ich entschied mich für einen schnellen Tod, um einem langsamen zu entkommen. Ich wusste, dass die Stadt Kelar fallen würde, und ich wusste auch, was meiner Schwester zustoßen würde. Diese Wahl war einfach gewesen.
    Aber ich glaube, es war viel früher schon geschehen, als ich von Hunger geplagt eines Nachts in den Tempel Soltars schlich und vom Altar ein trockenes Stück Brot für meine Schwester stahl. Damals spürte ich den Blick des Gottes auf mir. Und ich sagte zu ihm, dass er mit mir machen könne, was er wollte, solange meine Schwester nicht verhungerte. Ich machte ein Geschäft mit ihm, meine Seele gegen ein Stück trockenes Brot. Was für ein gerissener Bastard!
    Ich öffnete die Augen. Weder traf mich ein Blitz, noch hörte ich Donnergrollen in der Ferne.
    »Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Nur, dass ich nicht sein Engel bin. Ihr solltet …« Ich stockte, als ich merkte, wie sie an meinen Lippen hingen. Beinahe hätte ich ihnen einen Rat gegeben.
    »Ich sah Euch, Esseri«, sagte Faihlyd leise.
    »Aber Ihr seid nicht die letzte Blüte des Löwen. Das ist Faraisa«, rief ich und sah zu spät, wie sich die Augen der drei weiteten.
    »Faraisa wäre die Blüte des Hauses des Baums«, sagte Erkul leise. »Als meine Tochter mir den Namen nannte, war das Kind noch nicht

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