Das Auge der Wüste: Das Geheimnis von Askir 3 (German Edition)
geboren. Ich weiß nicht einmal, ob das Kind lebte, bevor man meine Tochter und vielleicht auch meine Enkelin erschlug.«
Bravo, Havald. Selbst Zokora hätte das besser hinbekommen. Was nun?
»Sie lebt. Marinae lebt«, sagte ich.
Sie sahen mich nur an. »Woher wisst Ihr das?« Die Stimme des Emirs war belegt.
Ungeachtet der Etikette erhob ich mich, trat ans Fenster und sah auf den Garten hinaus. »Ich habe sie selbst gesehen. Sie wird zu Euch zurückkehren. In drei Tagen.«
»Ist das eine Prophezeiung?«, fragte Essera Falah. Sie lächelte hinter ihrem Schleier, und Tränen standen in ihren Augen. Götter!
»Nein. Ein Plan. Um sie zu schützen. Fragt nicht. Das ist kein Rat, das ist eine Bitte.«
»Ihr müsst uns mehr erzählen!«, rief der Emir.
Ich zögerte nur kurz, die Katze war schließlich aus dem Sack. »Auf dem Weg nach Gasalabad fanden wir das zerstörte Lager der Reisegesellschaft Eurer Tochter. Man hatte das Lager überfallen und Eure Tochter entführt. Wir fanden auch, versteckt im Sand, Eure Enkelin Faraisa, lebend. Eure Tochter hatte Soltar um Gnade gebeten und sie eigenhändig verborgen. Noch wussten wir nichts von den Häusern oder ihrer Bedeutung. Wir nahmen Faraisa auf und fanden eine Amme für sie. Auf der Suche nach verlorenen Gefährten entdeckte ich Marinae in der Hand von Sklavenhändlern. Ich kaufte sie frei und vereinte sie mit ihrem Kind.« Ich verbeugte mich tief. »Verzeiht, aber mehr will ich Euch in diesem Moment nicht berichten.«
»Lass gut sein, Erkul«, sagte die Essera zu ihrem Sohn. »Ich glaube und vertraue ihm. Es soll uns vorerst reichen, dass wir nicht trauern müssen.«
Wieder verbeugte ich mich, diesmal tiefer. »Ich danke Euch.«
»Ich werde Euch in vier Tagen befragen lassen, wenn ich sie bis dahin nicht in meinen Armen halte«, sagte der Emir. Er mochte diese Prophezeiung glauben oder nicht, in diesem Moment war er ein Mann, der es gewohnt war, über Leben und Sterben zu gebieten. In dem Fall, meines. Seine Miene machte das deutlich.
Ich hoffte, Marinae war an dem Ort, an den Armin sie gebracht hatte, wirklich sicherer als hier. Hier hatten sie immerhin Wachen.
»Marinae ist eine Blume«, sagte Essera Falah leise. »Faihlyd ist eine Blüte, denn sie ist nicht vermählt. Sie ist in der Prophezeiung gemeint.«
So sah es aus. Ich seufzte. »Ich bin ein Fremder in Eurem Reich. Nicht nur, dass ich Euch nichts raten könnte, weil ich dieses Reich nicht kenne, ich will es auch nicht. Ich bin fremd und nur auf der Durchreise.«
Essera Falah klappte das Buch wieder auf.
Ich hob die Hand. »Steht da vielleicht etwas von einem Fremden?«
»Ja. Ein Fremder wird kommen und …«
»Was passiert, wenn ich dieses Buch aus dem Fenster werfe?«, fragte ich.
Der Emir lächelte zum ersten Mal. »Ich lasse Euch köpfen, hängen oder vierteilen. In beliebiger Reihenfolge oder auch gleichzeitig.«
Ich drehte mich zu ihnen um, den Rücken zum Fenster. Gerade als ich etwas sagen wollte, fiel etwas auf meine Schulter. Ich griff unwillkürlich hin.
Ich wusste nicht, wer erstaunter war, die Schlange oder ich. Die Schlange ähnelte der, die Zokora in der Wüste so achtlos beiseite geworfen hatte. Nur hatte Zokora sie hinter dem Kopf gegriffen, ich hatte sie mitten am Leib erfasst.
Die Schlange bemerkte das schneller als ich. Ihr Rachen flog auf und zuckte vor, schlug knapp vor meiner Nase mit einem hörbaren Geräusch zusammen. Diesmal hatte ich sie am Genick. Mit der anderen Hand.
»Phfft«, sagte ich. »Das war knapp.« Ich hielt die Schlange weg von mir. Sie wand sich um meinen Arm. »Ist sie giftig?«
Alle drei nickten langsam, mit großen Augen sahen sie die Schlange an … »Sehr giftig«, sagte der Emir.
Ich studierte die Schlange. Und sie mich. Ich zog an ihr. Kein Knacken, und das Vieh zischte. Wie, in aller Götter Namen, hatte Zokora das gemacht?
Ich hielt die Schlange weiter am Genick fest, zog mit der anderen Hand meinen Dolch, legte den Kopf der Schlange auf das Fenstergeländer und schnitt den Kopf ab. Nicht ganz so stilvoll, aber genauso wirksam. Ich warf die beiden Teile der Schlange aus dem Fenster und steckte den Dolch wieder ein.
Dann bemerkte ich ihre Blicke. »Dies ist der Ruheraum meiner Tochter«, sagte der Emir. »Meistens ist sie hier allein und liest. Es war nur heute ihr Wunsch, dass wir uns hier treffen. Niemand weiß davon. Um diese Zeit schläft sie häufig.«
Ein Attentat. Ich lehnte mich aus dem Fenster und sah nach oben. Eine Dachkante,
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