Das Auge des Sehers (German Edition)
beeindruckend. Ein gigantisches Bett, eine Bar und ein extrem grosser Fernsehapparat gehörten zu den Highlights. Ferrari verschlug es kurzerhand die Sprache.
«Im Bad ist auch alles vom Feinsten. Schwarze Schieferplatten am Boden und ein Whirlpool, in dem du problemlos eine kleine Orgie feiern kannst. Wenn du dich sattgesehen hast, gehen wir noch in den Keller.»
«Wahnsinn! Das muss ein Vermögen kosten.»
«Bestimmt. Kommst du?»
Nadine rannte die Treppe hinunter und versetzte Strub, der in der Eingangspartie stand, absichtlich einen kräftigen Stoss.
«Sorry, ich konnte nicht mehr bremsen», flunkerte sie mit einem spöttischen Lächeln.
Ohne seine Antwort abzuwarten, ging Nadine weiter, während Ferrari am Treppenabsatz stehen blieb.
«Deine Bemerkung über Nadine und mich werde ich mir merken, Peter», zischte Ferrari, als er an ihm vorbeiging.
«Getroffene Hunde bellen!», höhnte Strub hinterher.
Ferrari blieb stehen und drehte sich um.
«Wie war das?» Er ging auf Strub zu, der unwillkürlich bis zur Wand zurückwich. «Was hast du gesagt?»
Nadine, die bereits im Keller gewesen war, kam zurück und zerrte ihren Chef mit sich.
«Komm, Francesco! Ich will dir den Keller zeigen.»
Der Kommissär riss sich los.
«Nur noch zehn Sekunden, Nadine, dann komme ich. Aber zuerst prügle ich unserem Gerichtsmediziner seine schlechten Gedanken aus dem Kopf.»
«Das wagst du nicht!», entgegnete Strub, aber so ganz fehlte ihm der Glaube.
Nadine warf sich zwischen die Streithähne. Ein nicht ganz einfaches Unterfangen, denn wenn Ferrari vor Wut kochte, war guter Rat teuer.
«He Kurt, hilf mir!»
Doch Kurt Mahrer, Peter Strubs Assistent, machte keinerlei Anstalten zu helfen.
«Für kein Geld auf der Welt, Nadine. Wenn Francesco durchdreht, will ich nicht unter die Räder kommen. Das soll Peter mit ihm allein ausmachen.»
Ferrari hatte sich inzwischen einigermassen beruhigt und liess sich von Nadine zum Kellereingang führen. An der Tür drehte sich der Kommissär nochmals um.
«Glaub nur nicht, dass die Geschichte schon gegessen ist. Ich hole morgen Mittag den Obduktionsbericht persönlich ab. Dann sprechen wir uns unter vier Augen.»
«Nun, wie gefällt dir der kleine Pool, Rowdy!»
«Wow! Das sind ja dreissig Meter.»
«Und hinten befinden sich die Wohlfühloasen mit Sauna, Dampfbad, Solarium und Massagebetten. Und jetzt erzähl mir nochmals das Märchen vom lieben Arian im Dienste der Menschheit.»
«Du ziehst voreilige Schlüsse. Reichtum heisst noch lange nicht, dass er kein guter Mensch gewesen ist.»
«Du bist unverbesserlich! Und erst noch ein sturer Bock.»
Ferrari lächelte.
«Wir werden im Laufe der Ermittlungen ja sehen, wer von uns recht bekommt. Wollen wir wetten? Ich behaupte, dass Arian ein guter Mensch gewesen ist, und du behauptest, dass er ein verkommenes Subjekt war. Einverstanden? Wer verliert, muss den anderen zu einem Essen ins ‹Les Trois Rois› einladen. Da war ich nämlich noch nie.»
«Die Wette gilt!»
Ferrari musste niesen.
«Du hast dich erkältet. Kein Wunder, du läufst ohne Mantel rum und das ist ganz allein meine Schuld», säuselte Nadine.
«Dummes Zeug! Ich trage ja noch das Jacket und den Pullover drunter.»
«Oh, der Herr Kommissär mimt den Starken. Wie süss!»
Ferrari nieste erneut. Sauwetter, verfluchtes! Womöglich hatte Nadine ins Schwarze getroffen und bei seinem Glück mutierte diese Erkältung noch zu einer Lungenentzündung. Nadine musste lachen.
«So schlimm wirds nicht werden. Noch lebst du, Francesco. Nach zweimaligem Niesen steht man noch lange nicht am Rande der Grube. Männer und ihre Krankheiten …»
Nadine und Monika lesen in mir wie in einem offenen Buch! Sie sind eben doch gleich. Themenwechsel.
«Genug gesehen, Nadine. Besuchen wir Anna von Grävenitz. Wo wohnt sie?»
«In der Villa nebenan. Wahrscheinlich so ähnlich wie die hier. Du kennst sie?»
«Flüchtig.»
Der Nieselregen hatte aufgehört. Immerhin. Doch die düstere Stimmung blieb. Wortlos wurde Adrian Moosmanns Leiche abtransportiert. Ferrari spürte für einen Sekundenbruchteil eine unbeschreibliche Traurigkeit. Es war diese Endlichkeit, das Unausweichliche, das einem in solchen Momenten bewusst wurde. Einmal mehr. Ja, ich habe Angst vor dem Tod, gestand sich Ferrari kleinlaut ein. Keiner weiss, was kommen wird, auch wenn viele es zu wissen glauben. Manchmal wünsche ich mir, ich könnte es auch, an ein besseres Leben im Jenseits glauben. So viel einfacher würde
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