Das Band des Mykerinos (Adrian Pallmers magische Abenteuer, Band 2) (German Edition)
Doch er konnte nichts mehr für ihn tun. Und genau genommen war er überaus froh, dass der Kobold endlich weg war und auch nie wieder auftauchen würde.
Plötzlich stellte Adrian fest, dass er noch immer auf der Brücke stand - und es bereitete ihm gar keine Probleme! Seine Höhenangst war wie weggeblasen. Trotzdem verließ er die Brücke und kletterte durch den schmalen Eingang ins Innere des Turmes. Für einen Moment dachte er darüber nach, doch noch einmal nach unten zu laufen und der Schatzkammer des Kobolds einen Besuch abzustatten. Jetzt, wo der tot war, sollte es ja sicher keine Probleme geben, wenn er sich ein wenig Gold mitnehmen würde. Doch er war ja nicht deshalb hier. Er musste seine Aufgabe erfüllen. Und das hatte jetzt erst einmal oberste Priorität. Außerdem hatte er schon genug Zeit vertan.
Ohne anzuhalten, lief er die Wendeltreppe nach oben. Der Turm und damit auch die Treppe wurden mit jeder Windung schmaler. Adrian, dem die Anstrengungen der letzten Stunden in den Knochen steckten, konnte sein anfänglich hohes Tempo nicht durchhalten und wurde allmählich langsamer. Doch von einem Ende der Stufen war noch nichts zu sehen. Und da sich die Stufen in einem engen Bogen nach oben wanden, konnte er auch nicht sehen, ob das Ziel endlich näher kam. Der Schweiß lief ihm in Strömen das Gesicht herunter. Die Wunde an seiner Stirn hatte zwar längst aufgehört zu bluten, aber dafür brannte sie jetzt wie Feuer.
Dann war er plötzlich an seinem Ziel angekommen. Die Treppe endete in einer Art Plateau, das flach bis zum Rand verlief, der weder ein Geländer noch eine Mauer oder irgendetwas dergleichen besaß. Kurz vor dem eigentlichen Rand verlief ein schmaler Graben, der mit einer dunklen, öligen Flüssigkeit gefüllt war. Und dieses Öl brannte in hellen, orangefarbenen Flammen, die so das Plateau wie ein leuchtender, transparenter Schleier umgaben.
Der gesamte Boden war mit Ornamenten versehen, die aus schlangenförmigen, ineinander verschlungenen Drachen bestanden. Genau in der Mitte der kreisrunden Plattform stand ein großes steinernes Wasserbecken auf drei dünnen Säulen. Das kristallklare Wasser darin war flach und ganz ruhig, so dass Adrian das Spiegelbild der Flammen sehen konnte. Das Bassin musste von einer unsichtbaren Quelle gespeist werden, denn das Wasser floss gleichmäßig über den Rand des Beckens und rieselte in dünnen Fäden zu Boden, wo es in kleinen Löchern und Ritzen versickerte.
Die anstrengende Kletterei, der Kampf mit dem Kobold und zu guter Letzt das viele Treppensteigen hatten seinen Hals fürchterlich austrocknen lassen, so dass der Anblick des frischen Wassers überaus verlockend und einladend war. Adrian hastete zu dem Brunnen und wollte am besten gleich seinen ganzen Kopf in das eiskalte Wasser tauchen und trinken. Doch das Wasser wich vor ihm aus, so dass er nicht einmal einen einzigen Tropfen erhaschen konnte. Deshalb versuchte er, das Wasser, das über den Rand des Beckens lief, mit seinen Händen aufzufangen, doch auch hier wich es ihm aus, ohne dass er auch nur einen einzigen Tropfen bekommen konnte.
Frustriert und noch immer durstig und erschöpft setzte sich Adrian vor den Brunnen auf den Boden und beobachtete sehnsüchtig das über den Rand fließende Wasser. Mit einem Mal erinnerte er sich an die Dinge, die er von Helmut Kroger bekommen hatte und die er bisher einfach mit sich herumgetragen hatte, ohne sie zu benutzen. Die kleine Ledertasche enthielt zwei leere Ampullen, eine kleine Schale aus schwarzem Vulkanglas und einen Pyrit, einen rötlich glänzenden Stein. Also probierte er die Obsidian-Schale aus. Und tatsächlich konnte er damit ohne Probleme das Wasser aus dem Brunnen schöpfen. In vollen Zügen trank er eine Schüssel nach der Anderen aus, bis sein Durst endlich gestillt war und goss sich dann noch mehrere der Schalen als Erfrischung über seinen Kopf. Als Adrian seinen tropfenden Kopf wieder hob, stand ihm Meister Li gegenüber und musterte ihn von oben bis unten, wie er es schon mehrmals getan hatte. Dann begann er zu lächeln.
»Bewältigt hast du einen schweren, gefährlichen Weg. Gefunden du hast den Brunnen des Lichts. Deinen Kampf ich gesehen habe und auch deinen Sieg. Gekämpft du hast sehr mutig mit dir. Gesiegt du hast wie ein Held. Zu recht getrunken du hast das Wasser des Lichts!«
»Das Wasser des Lichts? Ich verstehe nicht ganz.«
»Dieses Wasser kein gewöhnliches Wasser ist. Diese Quelle erbaut wurde vor dreitausend Jahren
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