Das bisschen Haushalt
beschwichtige ich. Ich verrücke den Tisch Richtung Hauswand, sodass nur noch ein Stuhl in der prallen Sonne steht. Klar, wer dort Platz nimmt. Bereits nach meiner zweiten Brötchenhälfte rinnt mir der Schweiß von der Stirn.
Die Gespräche am Frühstückstisch streifen verschiedene Themen: wann der neue Firmenwagen geliefert wird, ob die Bayern im DFB-Pokal weiterkommen, wer nachher den Müll runterbringt. Als sich letztere Frage zu einem erneuten Streit unter den Geschwistern auszuwachsen droht, lenke ich ab, indem ich frage: „Na, Rebecca, bist du schon sehr aufgeregt wegen deiner Einschulung am Dienstag?“ Töchterlein ist völlig entspannt
- nö, das würde doch bestimmt ganz witzig und außerdem habe sie ja mit dem Maxiclub schon mehrfach die Schule besucht.
Wir plaudern generell über die Schule, wobei es Paul nicht versäumt, mehrfach darauf hinzuweisen, dass die Schule ja so was von langweilig, ätzend, nervtötend und überflüssig sei. Jedes Mal erntet er von mir unter dem Tisch einen Tritt, kapiert aber nicht, dass ich ihm damit bedeuten will: „Mach’ der Rebecca die Schule nicht madig!“ Ich muss also wieder das Thema wechseln: „Wisst ihr eigentlich, dass sich Mama und Papa auf der Schule kennengelernt haben?“ Das war ihnen unbekannt. Wir erzählen also, wie wir ein Paar wurden, berichten von unserem Studium, dem Umzug aufs Land, der Schwangerschaft und von Pauls Geburt. „Wie ist der Paul denn in Mamas Bauch gekommen?“, erkundigt sich Rebecca. „Na, die haben gepoppt“, erklärt Paul seiner Schwester, wie er entstanden ist. Ich muss schlucken. „Bitte, was haben wir gemacht?“ „Na gepoppt!“, wiederholt er trocken seine Erläuterung des Zeugungsvorgangs. Dabei macht er mit beiden Händen unmissverständliche Gesten. Rebecca schaut irritiert drein. Ich blicke in Carolas Augen. Diese verraten mir: „Sexualerziehung für Jungs ist Sache des Vaters.“ „Also, Paul, erstens sagen wir nicht, nun, äh, ja, also, wir sagen nicht gepoppt, und zweitens, äh, zweitens, bist du noch ein bisschen zu jung, um das zu verstehen.“ „Ich bin überhaupt nicht zu jung. Und außerdem weiß ich schon Bescheid.“ Ich muss heftig schlucken. „Wenn der Papa seinen Pimmel in die ...“ „Stopp! Stopp!“ Gerade bevor Paul über die Details der Kopulation referieren will, würge ich ihn ab. „Gut, mein Sohn, du hast offenbar auf dem Pausenhof schon mal was gehört. Das muss nicht alles stimmen. Sagen wir mal so: Wenn Mama und
Papa sich sehr, sehr lieb haben .“ Nun ist es Paul, der mich unterbricht: „. dann steckt er seinen .“ „Ist gut jetzt. Schluss! Ich glaub’ dir ja, dass du informiert bist, aber deine Schwester ist noch zu klein für dieses Thema.“
Rebecca fühlt sich natürlich nicht zu klein für dieses spannende Sujet. „Nö, ich bin doch schon fast ein Schulkind. Außerdem hab’ ich mit dem Sven auch schon mal ,Kind machen‘ gespielt“, gibt sie empört von sich. Ein Kloß hat sich in meinem Hals gebildet. Nun schaue ich Carola an. Mein Blick soll ihr sagen: „Sexualerziehung für Mädchen ist Sache der Mutter.“ Carola wählt eine - aus ihrer Sicht - kluge Strategie: Sie steht mit den Worten auf: „Ich räum’ dann schon mal das Geschirr weg.“ Was mache ich jetzt? Natürlich, das Thema darf ich nun nicht einfach so im Raum stehen lassen. Es ist Zeit für offene Worte! „Paul, Rebecca, nachdem ihr euch offenbar brennend dafür interessiert, wie Kinder entstehen, schlage ich vor, wir schauen mal bei Amazon, ob’s dafür nicht ein geeignetes Buch gibt.“ „Bücher sind langweilig! Zeig’ du uns doch einfach, wie das geht“, lehnt Rebecca meinen Vorschlag ab. Ich japse nach Luft. „Äh, zeigen kann ich dir das wirklich nicht.“ „Wieso, es scheint doch schon zweimal funktioniert zu haben“, entgegnet Paul treffend. Wie komme ich bloß aus der Kiste wieder raus?
Soll ich ihnen das mit zwei Gummibärchen vormachen? Na ja, vielleicht ist das nicht so aufschlussreich, denn in der Regel sind Gummibärchen ja geschlechtslos. Ich könnte eine Bar-biepuppe und Ken hernehmen. Wobei: Diesen Puppen fehlen ja die primären Geschlechtsmerkmale. Ein Geistesblitz trifft mich: Ich werde anhand unserer Katzen verdeutlichen, wie Kinder gemacht werden. Wir stehen vom Frühstückstisch auf und suchen unsere Samtpfoten. Ah, dort sind sie! Ich schnappe mir die friedlich auf dem Sofa dösende, nach Leberwurst und Salami riechende Dana und den im Kratzbaum pennenden Don. Das
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