Die Portugiesische Reise (German Edition)
Einführung
Schlecht ist es um ein Werk bestellt, verlangt es nach einem Vorwort, das es erklärt, und schlecht um das Vorwort, will es dieses leisten. Einigen wir uns also darauf, dieses hier nicht als Vorwort anzusehen, sondern einfach als einen Hinweis oder eine Warnung, so wie jene letzte Nachricht, die der Reisende, bereits in der Tür, die Augen gen Horizont gerichtet, dem Versorger seiner Blumen hinterlässt. Der Unterschied, wenn es denn einen gibt, ist der, dass das hier nicht der letzte Hinweis ist, sondern der erste. Einen weiteren wird es nicht geben.
Der Leser möge sich also damit abfinden, über dieses Buch nicht wie über einen Reiseführer für die Handtasche oder einen Gesamtkatalog verfügen zu können. Die folgenden Seiten eignen sich nicht zum Durchblättern wie in einem Reisebüro oder bei der Touristeninformation: Der Autor will keine Tipps geben, obwohl er einiges zu sagen hätte. Natürlich hat bei den Landschaften und den Stätten der Kunst, also dem natürlichen und dem gestalteten Gesicht Portugals, eine Auswahl stattgefunden, aber es wird in keiner Weise eine Marschroute erstellt, nur weil das aus Gründen der Bequemlichkeit und der Gewohnheit heute üblich ist, wenn man sein Heim verlässt, um die Fremde kennenzulernen. Sicherlich, der Autor war dort, wo man immer hinfährt, aber er war auch dort, wo eigentlich nie jemand hinfährt.
Worin also besteht der Sinn dieses Buches, worin der Nutzen, der sich vielleicht nicht vom ersten Augenblick an erschließt? Diese portugiesische Reise ist eine Geschichte. Die Geschichte eines Reisenden innerhalb der Reise, die er gemacht hat, die Geschichte einer Reise, die einen Reisenden in sich trägt, die Geschichte einer Reise und eines Reisenden, vereint in einer bewussten Verschmelzung dessen, der sieht, und dessen, das gesehen wird, eine nicht immer friedliche Begegnung von Subjektivem und Objektivem. Also: Aufeinanderprallen und Übereinstimmung, Wiedererkennen und Entdeckung, Bestätigung und Überraschung. Der Reisende reist durch sein eigenes Land. Das bedeutet, er reist durch sich selbst, durch die Kultur, die ihn prägte und immer noch prägt, es bedeutet, dass er über viele Wochen ein Spiegel für von außen auf ihn einströmende Bilder war, ein durchsichtiges Fenster, durch das Lichter und Schatten zogen, eine Platine, die auf ihrer Reise Eindrücke und Stimmen, das endlose Murmeln eines Volkes in sich aufnahm.
Dieses will das Buch sein, und es vermutet, es bis zu einem gewissen Grad erreicht zu haben. Nehme der Leser die folgenden Seiten als Herausforderung und Einladung an. Reise nach deinem eigenen Plan und lass dich nicht von der Bequemlichkeit der üblichen Routen und ausgetretenen Pfade locken, auch auf die Gefahr hin, dich zu verirren und umkehren zu müssen, oder, ganz im Gegenteil, auf dem eingeschlagenen Pfad zu bleiben und dabei ungewohnte Wege in die Welt zu finden. Eine bessere Art zu reisen gibt es nicht. Und wenn es das eigene Wahrnehmungsvermögen erlaubt, schreib auf, was du gesehen und gefühlt, was du gesagt und gehört hast. Nimm also dieses Buch als Beispiel und nicht als Vorlage. Das Glück, dies möge der Leser wissen, hat viele Gesichter. Das Reisen ist wahrscheinlich eines davon.
Überlass deine Blumen jemandem, der damit umzugehen weiß, und fahr los. Oder fahr weiter. Denn keine Reise hat ein Ende.
Von Nordosten nach Nordwesten,
Kargheit und Glanz
Predigt an die Fische
Der Grenzbeamte kann sich nicht erinnern, so etwas schon einmal erlebt zu haben. Dieses ist der erste Reisende, der mitten auf dem Weg den Wagen anhält, mit dem Motor schon in Portugal, aber dem Tank noch in Spanien, und auf genau dem Zentimeter aus dem Fenster sieht, auf dem die unsichtbare Grenze verläuft. Und nun hört man über den dunklen, tiefen Wassern, zwischen den hohen Felswänden, die das Echo hin und her werfen, die Stimme des Reisenden, der zu den Fischen im Fluss predigt:
»Kommt her, Fische, ihr vom rechten Ufer, die ihr aus dem Rio Douro stammt, und ihr vom linken Ufer aus dem Rio Duero, kommt alle her und sagt mir: Welche Sprache sprecht ihr, wenn ihr die Unterwassergrenzen kreuzt? Und habt auch ihr dort unten Pass und Stempel? Hier stehe ich und blicke von der Talsperre hier oben zu euch herab, und ihr hinauf zu mir, die ihr in diesen sich mischenden Wassern lebt und bald auf der einen, bald auf der anderen Seite seid, eine große Bruderschaft von Fischen, die einander fressen, weil sie hungrig sind, und nicht,
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