Das bleibt in der Familie: Von Liebe, Loyalität und uralten Lasten (German Edition)
Familiengeschichte stammenden Gefühle möchten Sie loslassen?
Werden Sie sich Ihres gesamten schwierigen Erbes bewusst und fragen Sie sich, wie Sie es trotzdem geschafft haben, etwas aus Ihrem Leben zu machen, wie es Ihnen gelungen ist, das familiäre Vermächtnis umzuwandeln oder das Beste daraus zu machen.
Konzentrieren Sie sich anschließend auf das positive Erbe, das Ihre Familie Ihnen mit auf den Weg gegeben hat: Welche Ressourcen gibt es in Ihrer Familie? Welche Bewältigungsstrategien bei Krisen? Was hat Sie zu der Person gemacht, die Sie heute sind? Was hat Sie gestärkt? Welche Einflüsse haben Sie zu einem besseren Menschen werden lassen als Ihre Vorfahren? Wo profitieren Sie von Ihren Vorfahren und vielleicht auch von deren Fehlern? Welche familiären Überzeugungen haben Sie in Ihrem Leben weitergebracht? Wem und wofür sind Sie dankbar? Welche positiven Rituale hat Ihre Familie Sie gelehrt? Wer dient Ihnen in Krisen als Vorbild?
Wenn Ihnen nur wenig Positives einfällt, dann gehen Sie sich selbst ab heute mit gutem Vorbild voran: Seien Sie sich selbst eine gute Mutter oder ein guter Vater und kümmern Sie sich um Ihre Bedürfnisse, Ihre Wünsche, Ihre Träume. Niemand ist mehr verantwortlich für Ihr Wohlergehen außer Sie selbst. Niemand ist befugt, Ihnen zu sagen, was Sie tun oder lassen sollen. Nur Sie selbst dürfen entscheiden. Nehmen Sie sich die Zeit zu sortieren. Stellen Sie sich den Antworten auf Ihre Fragen, dem Schmerz und den Überraschungen. Und lassen Sie irgendwann los von den alten Lasten, die Sie beschweren.
Loslassen heißt nicht blind zurückweisen oder die Eltern und alles, wofür sie stehen, zu verteufeln. Loslassen heißt nicht, den Kontakt zur Familie abzubrechen oder die Augen vor Missständen zu verschließen und so zu tun, als ob alles perfekt gewesen wäre. Loslassen heißt achtsam entscheiden, was gut war und nicht mehr guttut. Manche Menschen sind ihr Leben lang damit beschäftigt, sich von ihren negativen Gefühlen, all der Wut, Traurigkeit und Enttäuschung abzuwenden und sich abzulenken. Andere kreisen nur um sich selbst und empfinden sich als Opfer ihrer Familie und der Gesellschaft, alles, was ihnen widerfährt, ist stets die Schuld der anderen. Beide Wege führen nicht zur Heilung – weder die Verleugnung noch die Schuldzuweisung an andere. Erst nach dem Fühlen, Benennen und Anerkennen, was uns widerfahren ist und welche Last wir getragen haben, können alte Verletzungen zu heilen beginnen und den Weg zu Annäherung und Versöhnung mit unserer Familie und unserem Schicksal ebnen.
Während man eine Auflistung des familiären Erbes oder auch einen psychologischen Familienstammbaum in wenigen Stunden anfertigen kann, sind die darauffolgende Auseinandersetzung mit der familiären Vergangenheit und vor allem die Ablösung von den Eltern, den familiären Erwartungen und Loyalitäten keine zeitlich begrenzte Angelegenheit. Sie beschäftigen uns unser ganzes Leben, mal mehr, mal weniger bewusst, in einigen Zeiten stärker und anderen Zeiten eher im Hintergrund. Wir bekommen für diesen Prozess keine Anleitung, kein Zwölf-Punkte-Programm in die Hand. Wir lernen durch jeden Schritt, aber wir laufen auch Kurven und Umwege, über Berge und durch Täler und manchmal auch zurück.
Es gibt keinen »geraden«, »ordentlichen«, »richtigen« Weg. Und trotzdem ist das Ziel klar: ein eigenes Drehbuch schreiben. Eigene Wege beschreiten. Familiäres Gepäck ablegen. Oder wie der französische Schriftsteller Pascal Quignard sagt: »Das Band ein wenig lockern zu dem, was sich zugetragen hat, zu dem, was heute passiert, darin besteht die simple Aufgabe. Das Band ein wenig lockern« (Abîmes) . Jeder kann das Band zu seiner Familie lockern, niemand muss Gefangener seiner Familiengeschichte bleiben. Zwar glaube ich nicht daran, dass es nie zu spät ist, eine glückliche Kindheit zu haben. Aber ich glaube daran, dass es nie zu spät ist, sich aus der Vergangenheit zu lösen und die Zukunft bewusst anders zu gestalten. Ich glaube daran, dass es nie zu spät ist, sich dem Schmerz der Vergangenheit zu stellen und sich um ein paar emotionale Steine im Gepäck zu erleichtern.
Ich glaube nicht an ein Leben ohne Konflikte, an ein Leben ganz ohne Schmerz oder Kummer, aber ich weiß, dass es ein großer Unterschied ist, sein eigenes Leben zu führen oder aber verstrickt zu sein in die Lebenswege von unglücklichen Vorfahren. Es gibt kein perfektes Leben. Wir alle werden verletzt, und manchmal
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