Das bleibt in der Familie: Von Liebe, Loyalität und uralten Lasten (German Edition)
sie nicht gerecht? Welche Loyalitätsforderungen werden in Ihrer Familie gestellt?
Versuchen Sie, emotionale Themen und Muster wahrzunehmen: Gibt es in Ihrer Familie spezielle Konflikte, die sich in verschiedenen Beziehungen wiederholen, beispielsweise zwischen Müttern und Töchtern, zwischen Geschwistern oder Ehepartnern? Welche emotionalen Mängel werden in Ihrer Familie immer wieder beklagt? Wie wurde mit Konflikten umgegangen, und wie tragen Sie selbst heute Konflikte aus? Gab es Trennungen bei Ihren Vorfahren, und wenn ja, warum? Inwieweit sind Sie heute in Ihren eigenen Beziehungen von den alten familiären Konflikten betroffen oder wiederholen etwas davon? Welche Verluste und Traumata hat Ihre Familie erlebt, und wie gingen Ihre Vorfahren damit um? Wie wurde getrauert? Wie wurde sich verabschiedet? Wie wurde das Leben wieder angepackt?
Machen Sie sich auf die Suche nach prägenden Figuren Ihrer Familie: Wem sind Sie ähnlich? Wem fühlen Sie sich besonders verbunden und warum? Gibt es »schwarze Schafe« in Ihrer Familie, die ausgestoßen wurden? Oder Helden, die über Generationen hinweg verehrt wurden und deren Werte bis heute für Ihre Familie wichtig sind?
Welche Geschichten und Mythen trägt Ihre Familie weiter? Und wie steht es mit Tabus und Geheimnissen, mit den Schattenseiten Ihrer Vorfahren?
Die Fragen sind endlos, sammeln Sie so viele Informationen, wie Sie können, denn die Antworten sterben mit Ihren Vorfahren. Vielleicht nehmen Sie Gespräche mit Ihren Großeltern und Eltern auf Tonband auf, damit Sie sie Ihren eigenen Kindern irgendwann zur Verfügung stellen können und um »Stille-Post«-Phänomene zu vermeiden.
Meist können wir nur bis in unsere Großelterngeneration zurückforschen und somit die übertragenen Lebensthemen und Konflikte von immerhin drei Generationen herausfinden. Jeder Schritt hin zu einer durchsichtigen Geschichtsschreibung hilft zu verstehen, wie sich ein positives oder ein quälendes Lebensgefühl über die Zeit und die Generationen hinweg vermitteln konnte. Wer Gefühle von Familienmitgliedern übernommen hat, kann sie leichter loslassen, wenn er sie den jeweiligen Personen zuordnen kann und deren Kontext versteht.
Es gibt leichtere und schwierigere Fragen. Einige Antworten können wir uns selbst geben, für andere brauchen wir die Hilfe unserer Familie. Und manchmal brauchen wir einen geschulten Blick von außen und therapeutische Hilfe, um aus dem emotionalen Dickicht herauszufinden.
Das Erbe annehmen
»Wenn du das Familienskelett nicht loswerden kannst, kannst du es ebenso gut tanzen lassen.«
GEORGE BERNARD SHAW
Einer meiner wichtigsten Lehrer, der US-amerikanische Paar- und Familientherapeut Martin Kirschenbaum, ist vor Kurzem verstorben. Als ich von seinem Tod erfuhr, war ich sehr betroffen und erinnerte mich gleichzeitig an die Dinge, die er mich gelehrt hatte. »How to grow roses out of shit« – also wie man aus Mist Rosen wachsen lassen kann – war eine seiner Losungen, eine lebensbejahende, ressourcenorientierte Sicht auf das Leben und seine Missstände, die wir als Dünger nutzen können, um etwas Schönes daraus entstehen zu lassen.
Jede Familie gibt neben wertvollen Mitgiften auch »Mist« weiter. Neben überhöhten Ansprüchen, zu starken Loyalitätsforderungen, zu wenig Liebe, zu wenig Schutz, zu wenig Aufmerksamkeit werden oft auch negative Glaubenssätze von Generation zu Generation weitergetragen, und so gibt es Familien, die über Jahrhunderte hinweg dem Motto folgen: »Wer A sagt, muss auch B sagen« oder »Über Gefühle spricht man nicht«. Wie starr und unglücklich so manche Biografien ihrer Mitglieder verlaufen sind, kann man sich vorstellen.
An der Vergangenheit können wir nichts mehr ändern, wohl aber an unserer Gegenwart und unserer Zukunft. Als Erwachsene haben wir die Macht, unser eigenes und somit das Lebensgefühl unserer Kinder und Kindeskinder entscheidend zu beeinflussen. Wir können uns entschließen, Stück für Stück aufzuräumen in unseren familiären Übertragungen, und uns anschließend bewusst auf positive Weitergaben konzentrieren. Untersuchen Sie Ihr Leben auf prägende Einflüsse aus Ihrer Familiengeschichte, und splitten Sie Ihr familiäres Erbe in annehmbare und zurückzuweisende Anteile auf. Welche Einflüsse aus Ihrer Familienvergangenheit haben Ihnen Unglück gebracht? Von welchen Glaubenssätzen möchten Sie sich trennen? Welche Aufträge möchten Sie von nun an zurückweisen? Welche aus Ihrer
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