Das Blut Von Brooklyn
fahre los.
Ich donnere über die Pike und die Division nach Chinatown. Das Gebiet gehört der Wall. Nicht, dass von diesem Clan noch viel übrig ist. Am Confucius Place biege ich auf die Pearl ab, und von da aus geht’s unter der Brooklyn Bridge auf die Water und dann auf die Slip Street.
Wo die Limousine steht.
Ich halte dahinter und warte auf den Kugelhagel. Als keiner kommt, stelle ich das Motorrad ab und humple zum Wagen. Das verspiegelte Rückfenster wird heruntergelassen, und Dexter Predo schaut mich an.
– Sie sehen ziemlich mitgenommen aus, Mr. Pitt.
– Und Sie sehen wie ein rattenköpfiger Scheißefresser aus.
Er nickt.
– Tja, dann hätten wir ja wohl alle Losungsworte ausgetauscht, sind von der Identität des anderen überzeugt und können frei reden.
Er steigt aus. Die Fahrertür öffnet sich, und sein riesenhafter Gorilla zwängt sich aus dem Wagen.
Ich zünde mir eine von Christians Marlboros an und puste Rauch in seine Richtung.
– Leck mich.
Er spannt sämtliche Muskeln in seinen Nasenflügeln an.
Predo deutet die Slip Street hinunter.
– Sollen wir?
– Darf ich mich einhängen?
Er wischt sich mit den Fingern ein paar Locken aus der Stirn.
– Es ist ein sehr anstrengender Abend für mich, Pitt. Die Komplikationen scheinen kein Ende nehmen zu wollen. Und die meisten dieser Komplikationen haben auf die eine oder andere Weise mit Ihnen zu tun. Was mich nicht überrascht. Meine Zeit ist knapp bemessen. Sie haben mir Informationen versprochen. Ich bin neugierig. Sie haben die Wahl. Entweder fahren Sie fort, oder Deveroix hier wird Sie aufgrund Vorspiegelung falscher Tatsachen in die Mangel nehmen, bevor ich von hier verschwinde.
Ich mustere den Riesen.
Dann wende ich mich wieder Predo zu.
– Also gut, reden wir. Ich hab schon genug Prügel eingesteckt.
Er hebt eine Augenbraue.
– Nun, früher oder später mussten Sie ja an Ihre Grenzen stoßen.
Wir gehen spazieren.
Und ich packe aus.
Ich erzähle ihm alles.
Das mit den Docks. Das mit den Freaks und den Auserwählten und dem Stamm Gibea. Dass ich auf Lydia geschossen habe. Dass Daniel in die Sonne gegangen ist. Dass sie mich hinrichten wollten. Dass Sela mich mit einem Maschinengewehr gerettet hat. Dass ich Terry Nägel in den Leib gerammt habe.
Ich erzähle ihm alles – bis auf die Sache mit Amanda und ihren Plänen.
Und Evie erwähne ich auch nicht. Von Evie kein Wort.
Als ich fertig bin, blickt er zur Unterseite der Brücke hinauf.
– Eine faszinierende Geschichte. Doch ich komme nicht umhin, die Lücken darin zu bemerken. Große Lücken.
Er sieht mich an.
– Trotzdem, die Sache war es wert.
Er nickt, und ich folge ihm zu seinem Wagen zurück. Auf sein Zeichen drückt Deveroix auf die kleine Fernbedienung an seinem Schlüsselbund. Der Kofferraum springt auf, und Predo zieht einen schmalen Lederkoffer heraus. Er lässt ihn aufschnappen und zeigt mir den Inhalt.
– Wie vereinbart.
Im Koffer liegen mehrere Geldbündel, einige Liter Blut und eine geladene .38er Detective Special, alles fein säuberlich auf Trockeneis gebettet.
– Ein ehrlicher Handel, nicht wahr, Mr. Pitt?
Ich nehme den Koffer entgegen.
– Genau.
Er schließt den Kofferraum und macht eine Geste in Deveroix’ Richtung, woraufhin sich dieser wieder in den Wagen zwängt.
Ich nehme den Revolver und stecke ihn in meinen Gürtel. Den Koffer stopfe ich in eine Satteltasche.
Predo macht einen Schritt auf mich zu.
– Und jetzt?
– Das geht Sie einen Scheißdreck an.
Er kneift sich in die Unterlippe.
– Vielleicht hab ich Ihnen noch ein Angebot zu machen.
Ich warte.
Er legt den Kopf schief und sieht zur Limousine hinüber.
– Ich denke, dass Sie mit Ihren Vermutungen Deveroix betreffend Recht haben. Was seinen Ehrgeiz angeht.
– Und?
– Ich werde einen Ersatz für ihn finden müssen.
Ich steige auf das Motorrad.
– Ich habe gerade einen anderen Job hingeschmissen.
– Ich weiß. Aber ich konnte es mir nicht verkneifen, Sie zu fragen. Stellen Sie sich den Ausdruck auf Birds Gesicht vor, wenn Sie clever genug wären, einzuschlagen.
Er dreht sich um und geht auf das lange schwarze Auto zu.
– Aber Sie sind nicht clever genug, Pitt. Eine Schande, wenn man es recht bedenkt.
– Predo.
Er bleibt vor der geöffneten Wagentür stehen.
– Eine Frage noch. Als ich bei Ihnen war, wussten Sie genau, wie viele Liter Blut der Candyman in seinem Kühlschrank hatte. Haben Sie mir das mit Absicht gesagt? Um auszutesten, wie clever
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