Das böse Spiel der Natalie Hargrove (German Edition)
Höschen zum Essen auftauchen? –, stapfte ich die Treppe hinunter.
Durch die großen Fenster konnte ich Mr und Mrs King auf der Terrasse über der glitzernden Wasserfläche am Westende der Bucht sitzen sehen. Diana trug ein dunkelblaues Kostüm, hatte die Beine übereinandergeschlagen und nippte an dem Weißwein in ihrem Geschenkglas von Viognier. Ihr blond gesträhntes Haar hatte sie im Nacken zu einem Knoten gebunden und wie üblich war ihr Make-up makellos. Mikes Vater Phillip, dem man den Stress am ganzen Körper ansehen konnte und dem Mike nur äußerlich ähnlich war, hatte die Stirn gerunzelt und brüllte in sein Telefon. Die Spitze seines polierten Lederschuhs beschrieb hektische Kreise in der Luft.
Nichts deutete auf die bevorstehende elterliche Dinnerparty hin. Doch als ich das verräterische Klappern von Töpfen hinter der geschlossenen Küchentür vernahm, verstand ich. Nur weil kein King einen Fuß in diese Küche gesetzt hatte, seit sie den Grundriss des Architekten abgesegnet hatten, bedeutete das nicht, dass niemand ihnen zu Ehren ein Festmahl zubereiten konnte. Natürlich hatten sie die dreißig Meilen bis an die Küste nicht ohne »Hilfe« fahren können. Natürlich hatten sie ihre Haushälterin Binky mitgeschleift.
Binky und ich hatten ein relativ kompliziertes Verhältnis zueinander. Gelegentlich, so wie jetzt, fühlte ich mich ihr fast näher als dem Rest von Mikes Familie. Ich wusste, dass sie, wenn sie nicht bei den Kings wohnte, in meiner eigenen alten Nachbarschaft hauste, in Cawdor, auf der anderen Seite der Brücke.
Als ich Binky kennenlernte, hatten wir festgestellt, dass wir beide für die Huevos Rancheros von Dos Hermanos, einen winzigen mexikanischen Laden in der Nähe ihres Hauses, schwärmten. Erst als Diana den Kopf schief legte und mich fragte, wann um Himmels willen ich auf dieser Seite der Stadt gewesen wäre, erinnerte ich mich wieder an meine neue Stellung hier. Ich begann, irgendetwas davon zu stammeln, dass ich mich bei meiner Führerscheinprüfung dort furchtbar verfahren hätte, worauf ich nicht sonderlich stolz bin. Danach lernte ich, vorsichtiger zu sein mit dem, was ich in Binkys Gegenwart von mir gab. Mittlerweile hatte ich erkannt, dass das leichter war, wenn man die Grenze zwischen Dienerschaft und Bedientem nicht auflöste.
»Da bist du ja«, sagte Mike, der aus der Bibliothek kam. Er küsste mich auf die Stirn, völlig jugendfrei und angemessen. »Ich hoffe, es macht dir nichts aus … Als Mom dein Kleid gesehen hat, hat sie Binky gebeten, es zu bügeln.«
»Deine Mutter hat meine Tasche durchsucht?«, fragte ich. Also hatte Diana mir das Kleid hingelegt, nicht Mike. Ich glaubte nicht, dass ich irgendetwas Belastendes dabeihatte, aber auf keinen Fall wollte ich es zur Gewohnheit werden lassen, dass Diana frei über meine Sachen verfügte.
»Wir wollten dir nur helfen, dich schnell umzuziehen«, erklärte Mike, wie immer um Schadensbegrenzung bemüht. »Wo wir gerade von umziehen sprechen … Gibst du mir heute Nacht vielleicht eine kleine Spätvorstellung deines Kostüms für morgen?«
Die Mardi-Gras-Party. Endlich hatte ich mich für ein Kostüm entschieden, und nach einer winzigen Schlacht mit Mike – warum bestehen manche Kerle eigentlich darauf, Make-up und Strümpfe zu tragen? – hatte ich ihn überzeugt, dass wir dieses Jahr alle damit schockieren würden, ganz klassisch aufzutreten. Es war als gegeben anzunehmen, dass alle meine Freundinnen immer noch diesem ausgelutschten Bordell-Look hinterherliefen, und mir gefiel die Vorstellung, die einzige Lady an dem Abend zu sein, ungemein. Mikes lässig-elegantes Outfit war dieses Jahr ebenso von Bedeutung. Er würde wirklich hervorstechen – vor allem neben Justin Balmer in einem Minirock.
»Unsere Kostüme sind doch immer noch ein Geheimnis, oder?«, versicherte ich mich. »Du hast J. B. nichts davon gesagt? Das ist die Gelegenheit, sie alle in den Schatten zu stellen und zu beweisen, dass wir tatsächlich aus dem Stoff sind, aus dem man Könige macht.«
»Vertrau mir.« Mike nahm meine Hand, um seine königliche Familie auf der Terrasse zu begrüßen. »Wir werden die ganze Party umhauen.«
»Hallo, Natalie.« Mr King stand auf und drückte mir sehr energisch die Schulter. »Du bist ja braun gebrannt«, meinte er, als er mich von Kopf bis Fuß begutachtete.
»Meine Güte«, sagte Diana über den Rand ihrer Zeitung hinweg. »Sie ist tatsächlich braun, nicht wahr?«
»Golfstunden«, rief ich
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