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Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Zenith , Fernando Pessoa
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bemerkbar, die Inkohärenz seiner Bilder, instinktiver und unbeabsichtigter als bei Soares.
    Bei der Unterscheidung, die ich zwischen beiden mache, unterlaufen mir bisweilen Fehler, die schwer auf meinem geistigen Differenzierungsvermögen lasten. Zum Beispiel, wenn ich versuche, die klangvolle Komposition Bernardo Soares’ von einer Komposition gleichen Tenors zu unterscheiden, die jedoch die meine ist …
    Bisweilen gelingt mir dies auf der Stelle und zu meinem eigenen Erstaunen perfekt; und dies ohne die geringste Eitelkeit, denn ich glaube nicht an ein Fitzelchen menschliche Freiheit; was in mir geschieht, erstaunt mich, als geschähe es in jemand anderem – in zwei Fremden also.
    Nur eine große Intuition kann in den Wüsten der menschlichen Seele als Kompaß dienen; nur ein Sinn, der sich des Verstandes bedient, ohne identisch mit ihm zu werden, obgleich sie miteinander verschmelzen, kann diese Traumgestalten in ihrer Wirklichkeit eine von der anderen unterscheiden.
    *
    Bei diesen Spaltungen der Persönlichkeit oder vielmehr Erfindungen unterschiedlicher Persönlichkeiten lassen sich zwei Stufen oder Charaktere ausmachen, die der aufmerksame Leser an ihren unterschiedlichen Merkmalen erkennen wird. Auf der ersten Stufe ist die Persönlichkeit geprägt von eigenen Vorstellungen und Gefühlen, die sich von den meinen unterscheiden, desgleichen unterscheidet sie sich auf einer niedrigeren Ebene dieser ersten Stufe durch in Überlegungen und Argumenten dargelegte Vorstellungen, die entweder nicht die meinen oder mir unbekannt sind. Der Anarchistische Bankier [110]   ist ein Beispiel für diese niedrigere Ebene; das Buch der Unruhe und die Person des Bernardo Soares stellen die höhere Ebene dar.
    Der Leser wird bemerken, daß, obgleich ich das Buch der Unruhe unter dem Namen eines gewissen Bernardo Soares, Hilfsbuchhalter in der Stadt Lissabon, veröffentliche, ich ihn dennoch nicht in die Fiktionen des Zwischenspiels mit aufgenommen habe. Und zwar aus folgendem Grund: Auch wenn sich Bernardo Soares von mir in seinen Vorstellungen, seinen Gefühlen, seiner Art zu sehen und zu verstehen unterscheidet, so doch nicht in der Art, in der er sie äußert. Er ist eine andere Persönlichkeit, der ich durch meinen mir eigenen natürlichen Stil Ausdruck verleihe, dabei unterscheidet uns einzig der unvermeidbar besondere Ton, der sich zwangsläufig aus der Besonderheit seiner Emotionen ergibt.
    Die Autoren der Fiktionen des Zwischenspiels haben nicht nur andere Vorstellungen und Gefühle als ich, sondern greifen auch auf einen anderen Stil und eine andere Kompositionstechnik zurück. Hier ist jede einzelne Person nicht nur unterschiedlich erdacht, sondern auch vollkommen unterschiedlich beschaffen. Daher ist in den Fiktionen des Zwischenspiels auch der Vers bestimmend. Sich in Prosa zu andern [111]   ist weit schwerer.
    D.  »Metaphysische Gedanken aus dem Buch der Unruhe « [?]
    Die einzige Wirklichkeit sind für mich meine Wahrnehmungen. Ich bin eine Wahrnehmung von mir. Dennoch bin ich mir nicht einmal meiner eigenen Existenz gewiß. Gewiß kann ich mir nur jener Wahrnehmungen sein, die ich die meinen nenne.
    Die Wahrheit? Ist sie etwas Äußerliches? Ich kann mir ihrer nicht gewiß sein, da sie keine Wahrnehmung von mir ist, nur meiner Wahrnehmungen kann ich mir gewiß sein. Eine Wahrnehmung von mir? Wovon?
    Den Traum suchen heißt daher die Wahrheit suchen, denn die einzige Wahrheit für mich bin ich selber. Mich so weit wie möglich von anderen fernhalten heißt die Wahrheit respektieren.
    Metaphysik ist nichts anderes als die Suche nach Wahrheit – Wahrheit im Sinne der absoluten Wahrheit. Wenn aber die Wahrheit, was auch immer sie sei – und angenommen, sie ist etwas –, existiert, dann entweder innerhalb oder außerhalb meiner Wahrnehmungen oder sowohl innerhalb als auch außerhalb. Wenn sie außerhalb meiner Wahrnehmungen existiert, ist sie etwas, dessen ich mir nie sicher sein kann, und folglich existiert sie nicht für mich, ist für mich nicht nur das Gegenteil der Gewißheit, denn ich bin mir nur meiner Wahrnehmungen gewiß, sondern auch das Gegenteil von Sein , denn das einzige, das für mich existiert, sind meine Wahrnehmungen. So daß, wenn sie denn außerhalb meiner Wahrnehmungen existiert, die Wahrheit für mich der Ungewißheit und dem Nicht-Sein gleichkommt, nicht existiert und daher nicht die Wahrheit ist. Doch stellen wir einmal die absurde Hypothese auf, meine Wahrnehmungen seien ein

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