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Matthews Schatten: und andere paranormale erotische Stories (German Edition)

Matthews Schatten: und andere paranormale erotische Stories (German Edition)

Titel: Matthews Schatten: und andere paranormale erotische Stories (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsay Gordon
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Matthews Schatten
    Gwen Masters
    Alison öffnete die Schlafzimmertür.
    Es war eine ganz einfache Sache, eine Tür zu öffnen, die sie schon eine Million Male aufgemacht hatte. Aber warum schien die Klinke dann in ihrer Hand zu glühen, und warum schwang die Tür so langsam auf, als hätte sie genauso viel Angst wie sie?
    Seine Jeans lagen auf dem Boden und seine Schuhe gleich daneben. Da war sein Buch, auch das war auf den Boden geworfen. Ein Lesezeichen markierte die Stelle, an der er seine Lektüre unterbrochen hatte. Auf dem Nachttisch, vor der kleinen Soundmaschine, die Meeresrauschen nachahmte, lag eine Brille. Die Tagesdecke war zurückgeworfen, und die Kissen waren zerknüllt. Dort, wo sein Kopf gelegen hatte, befand sich eine Einbuchtung.
    Bei dem Anblick zuckte Alison heftig zusammen, als wäre sie von einer unsichtbaren Hand geschlagen worden.
    Sie hatte damit gerechnet, dass das Bett das Schlimmste sein würde. Das Bett, in dem sie Bücher gelesen hatten, während sie in freundschaftlichem Schweigen beieinander lagen. Gelegentlich hatte seine Hand ihren Arm in einem Ausdruck ehelicher Zufriedenheit gestreift. Das Bett, in dem sie sich an langen, faulen Tagen und in noch längeren Nächten geliebt hatten. Das Bett, in dem sich seit zehn Jahren ihre ganze Ehe abgespielt hatte, im Streit oder beim Sex, auf die eine oder andere Art.
    Behutsam setzte sich Alison auf die Bettkante, als könnte es sich plötzlich erheben und sie verschlingen. Sie wartete auf das Erdbeben, das nicht kam. Der Wind ließ die Äste der großen Eiche gegen die Fenster klirren. Eine Kaltfront war im Anzug, und wenn es Nacht wurde, würde es schneien. Zehn Zentimeter Schnee, vielleicht sogar mehr, hieß es in der Wettervorhersage. Matthew hatte den Winter immer geliebt. Sie erinnerte sich daran, wie sie im Bett gelegen und zusammen die ersten Schneeflocken betrachtet hatten.
    Das hier war nichts als ein Bett. Das war nichts als ihr Haus.
    Jetzt gehörte es ihr allein, war nicht mehr ihr gemeinsames Haus.
    Vor einem Monat war ihr Mann im Herbstlaub spazieren gegangen. Das war seine liebste Jahreszeit gewesen, kurz vor dem ersten Schnee. Und seine liebste Tageszeit, kurz bevor die Sonne unter- und der Mond aufging.
    Ein einfacher Spaziergang an einer einfachen Straße, auf der nie jemand fuhr – aber an diesem Tag kam jemand. Auf dieser Straße fuhr jemand viel zu schnell, weil er einen Drink zu viel intus hatte, ein junger Mensch, der gar nicht hätte trinken und wahrscheinlich überhaupt nicht hätte fahren dürfen. Und ganz bestimmt hätte das junge Mädchen nicht diesen dicken Geländewagen fahren sollen, der so groß war, dass sie ihn nicht unter Kontrolle hatte.
    Der Geländewagen knallte gegen den Baum, einen alten, fast kahlen Ahorn. Alisons Mann hatte alles gesehen. Sie konnte sich seine entsetzte Miene vorstellen, dass er wie gelähmt zugesehen hatte, und wie er dann plötzlich losgerannt war, entschlossen zu helfen.
    In dieser Zeit zwischen Leben und Tod hatte Matthew alles getan, um dieses Mädchen zu retten. Deswegen war er auch noch bei ihr in dem Geländewagen, als der Motor in Brand geriet, und aus diesem Grund blieb er zu lange dort drinnen.
    Typisch für ihn, so etwas zu tun, hatten so viele Menschen bei der Totenwache, bei der Beerdigung und in den Tagen danach zu ihr gesagt, als könnte ihr das ein gewisses Maß an Trost schenken. Es war seine Natur, meinten sie. Es sah ihm ähnlich, sich ganz für jemanden aufzuopfern.
    Alisons Mann war als Held gestorben.
    Aber das änderte nichts an der Tatsache, dass er tot war.
    Alison blinzelte, als ihr plötzlich die Tränen kamen. Da war er, ganz bestimmt – jetzt würde der Schmerz sie überwältigen. Sie hielt sich an der Bettkante fest, konzentrierte ihre ganze Energie auf ihr Herz und hörte zu, wie es in ihrem Körper schlug, nicht zu schnell, noch nicht …
    Wenn sie nicht daran zerbrach, bedeutete das dann, dass sie nicht tief genug trauerte?
    Dort, auf der anderen Seite des Flurs, war die offene Badezimmertür. Alison ging zur Tür und schaute hinein. Das Licht war aus – Matthew war gut im Energiesparen; das gehörte zu den Themen, auf denen er herumritt, bis Alison ihm am liebsten gesagt hätte, wohin er sich das stecken konnte – und die Wintersonne fiel durch das Oberlicht ein, als wolle sie alles wie eine Vitrine beleuchten, damit sie es sah.
    Matthews Rasiermesser lang auf dem Waschbeckenrand. Das weiße Porzellan war überall mit kleinen schwarzen Stoppeln

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