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Das Daemonenschiff

Das Daemonenschiff

Titel: Das Daemonenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sie mit ihrer Suche?«, fragte er, nur um das
Thema zu wechseln, denn seine Begriffsstutzigkeit war ihm
peinlich. Eine Dämmerung, die vier Wochen dauerte?
»So weit, wie ich es erwartet habe«, antwortete Abu Dun.
»Und sie auch, wenn du mich fragst. Aber sie suchen nicht nur
nach ihrem Bruder. Ich vermute, sie verschweigen uns etwas.«
»Wie kommst du darauf?«
Abu Dun hob die mächtigen Schultern. »Nenn es ein Gefühl«,
sagte er. »Oder Instinkt. Ich erkenne, wenn mich jemand belügt.
Oder mich im Dunkeln lässt.«
Obwohl Andrej bereits gestern dasselbe Gefühl gehabt hatte,
sagte er: »Das mag sein, aber es geht uns nichts an. Ob diese
Leute Streit mit ihren Nachbarn hatten oder ein anderes Geheimnis nicht mit uns teilen wollen, es interessiert mich nicht.
Alles, was zählt, ist, dass sie ein Schiff haben, mit dem wir von
hier wegkommen.«
»Und wenn sie Piraten sind, oder Mörder?«, fragte Abu Dun.
»Dann werfen wir sie über Bord und nehmen ihr Schiff«,
antwortete Andrej ernsthaft. Er gähnte noch einmal ausgiebig.
»Und jetzt lass uns etwas essen. Ich bin hungrig.«
Sein Magen knurrte zustimmend, und das war der letzte Beweis, dass Abu Dun die Wahrheit sprach und er tatsächlich viele
Stunden geschlafen hatte.
Draußen bot sich ihren Augen erneut die immer gleiche Szenerie.
Die Sonne hing so unverrückbar an ihrem Platz, als hätte sie jemand
dort oben am Firmament festgenagelt. Von Björn und seinem Bruder war nichts zu sehen, doch das Feuer brannte zum ersten Mal so
hoch, dass es sie wärmte, als sie daran Platz nahmen. Einer der Männer kam heran und brachte ihnen unaufgefordert Essen und einen
Krug, von dem Andrej mutmaßte, dass er Wasser enthielt, als er den
gewaltigen Schluck sah, den Abu Dun daraus nahm, der aber in
Wahrheit ein klebrig-süßes und starkes Bier enthielt.
Erst als sie zu Ende gegessen hatten und Abu Dun sich mit einem wohligen Rülpsen auf die Ellbogen zurücksinken ließ, gesellte sich einer der beiden Brüder zu ihnen. Thure, der wie
üblich seine gewaltige Streitaxt über der Schulter trug (ungefähr
so lässig, wie es ein anderer Mann vielleicht mit einer Angel
getan hätte), hatte Schild und Helm abgelegt. Andrej fiel jetzt
auf, dass er so groß war wie Abu Dun, und beinahe ebenso
breitschultrig.
»Ich hoffe, ihr habt gut geschlafen«, begann er, nachdem er
sich im Schneidersitz auf der anderen Seite des Feuers niedergelassen hatte.
»Sehr gut«, antwortete Andrej. »Und ich bin zum ersten Mal
froh, dass Abu Dun nicht getan hat, was ich von ihm verlangt
habe.«
»Und das wäre?«
»Mich bis Sonnenaufgang durchschlafen zu lassen.«
Thure blinzelte zu der trüben Sonnenscheibe über ihnen hinauf
und lächelte dann dünn – doch sein Blick blieb ernst. »Ihr kennt
unser Land nicht«, stellte er fest.
»Gibt es denn überhaupt jemanden, der es kennt?«, fragte Andrej. »Außer euch selbst, meine ich?«
»Nicht viele«, räumte Thure ein. »Dieses Land ist hart und
wild. Nicht viele haben den Mut, hier zu leben. Aber erzählt mir
lieber von euch. Woher kommt ihr? Wer seid ihr, und was hat
euch zu uns geführt?«
»Ein Sturm, und wir haben gewiss nicht darum gebeten«, sagte
Abu Dun, bevor Andrej Gelegenheit zu einer Antwort fand.
Thure musterte ihn abschätzend. »Ihr seid mit einem Schiff
unseres Volkes gekommen. Erzählt mir, wie es in euren Besitz
geraten ist.«
Diesmal war es Andrej, der Abu Dun zuvorkam. Thure schien
es darauf anzulegen, den Nubier zu reizen, und Abu Dun war
immer ein Mann gewesen, der eine Provokation gerne aufnahm.
»Das ist wirklich eine lange Geschichte«, sagte er hastig. »Und
eigentlich möchte ich nicht darüber reden.«
»Ich habe von der Fenrir gehört«, fuhr Thure im Plauderton
fort, als habe er Andrejs Worte nicht gehört. »Aber es handelt
sich dabei doch nicht um das berüchtigte Schiff gleichen Namens, oder?«
»Wäre es klug, uns diese Frage zu stellen, wenn es so wäre?«,
grollte Abu Dun.
»Aber sie kann es nicht sein«, beharrte Thure, scheinbar zu
sich selbst. »Man sagt, ihre Besatzung bestünde aus Dämonen.«
»Vielleicht sind wir ja welche«, sagte Abu Dun.
»Nicht solche«, entschied der Nordmann. »Schon die Erwähnung ihres Namens reicht aus, um Angst und Schrecken zu verbreiten.«
»Mach dir keine Sorgen«, sagte Andrej leise. »Das wird sie nie
wieder.«
»Dann ist es gut.« Plötzlich lachte Thure. »Wahrscheinlich ist
es sowieso nur eine Geschichte, mit der man Kinder und Weiber

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