Das Daemonenschiff
erschreckt.« Er wechselte das Thema. »Ihr wollt also zurück in
eure Heimat. Nach Süden. Dann habt ihr einen weiten Weg vor
euch.« Er grinste schadenfroh. »Und diesmal solltet Ihr aufpassen, nicht wieder in die falsche Richtung zu segeln. Sehr viel
weiter nach Norden geht es nicht.« Er deutete in eine Richtung,
von der Andrej annahm, dass es sich um Norden handelte. Ganz
sicher war er nicht. Wie sollte er sich auch am Stand einer Sonne orientieren, die sich nicht bewegte? »Dort liegt nur noch
Isenland. Und dahinter das Ende der Welt. Es würde euch dort
nicht gefallen.«
»Wie ist es dort?«, fragte Andrej.
»Kalt«, antwortete Thure. Abu Dun machte ein betroffenes
Gesicht, aber Andrej sah ein verräterisches Funkeln in Thures
Augen. Er grinste breit.
»Wenn du jemanden auf den Arm nehmen willst, mein
Freund«, sagte Andrej mit gutmütigem Spott, »dann solltest du
dir nicht gerade einen Mann wie Abu Dun aussuchen, der mehr
wiegt als ein Walross.«
»He!«, beschwerte sich Abu Dun. Andrej lachte. Nach einem
Moment stimmte auch Thure in dieses Lachen ein, und die
Spannung zwischen ihnen löste sich endlich.
»Wo ist dein Bruder?«, fragte Andrej dann. »Noch unterwegs,
um nach den Vermissten zu suchen?«
»Er wird bald zurück sein«, bestätigte Thure. »Die Insel ist
groß, aber nicht so groß. Sobald er wieder hier ist, brechen wir
auf.«
»Wie weit ist es in eure Heimat?«, wollte Abu Dun wissen.
»Nicht weit«, erwiderte Thure. »Wenn uns der Wind günstig
gesonnen ist, müssten wir bis Sonnenaufgang dort sein.«
Abu Dun riss die Augen auf, und Thure freute sich, den Nubier wieder einmal erfolgreich aufs Glatteis geführt zu haben.
»Nicht allzu weit«, grinste er spöttisch. »An einem guten Tag,
mit günstigem Wind. Einem normalen Tag.«
»Da stellt sich ja dann nur noch die Frage, was bei euch normal ist«, grollte Abu Dun. Dann legte er den Kopf schief. »Verrätst du mir ein Geheimnis?«
»Und welches?«
Abu Dun deutete auf einen Krieger, der in scharfem Tempo
über den abschüssigen Hang herangeeilt kam. »Welcher Zauber
ist das? Ich habe Mühe, mich auf dem glatten Eis auf den Beinen zu halten. Und das nicht einmal im Laufen, sondern im
Stehen.«
Thure lachte, streckte aber dann das Bein aus, sodass Abu Dun
und Andrej seine Stiefelsohlen sehen konnten. Der Nordmann
hatte eine Anzahl spitzer Nägel hindurchgetrieben, die ihm auch
auf dem glatten Untergrund sicheren Halt geben mussten.
»Oh«, murmelte Abu Dun. »So einfach ist das.«
»So einfach ist das«, bestätigte Thure, »wie die meisten –« Er
verstummte mitten im Satz, als er den näher kommenden Mann
erkannte. Sein Lächeln erlosch, und seine Miene zeigte Besorgnis.
»Was hast du?«, fragte Andrej alarmiert.
»Das ist Sven«, antwortete Thure. »Er war bei meinem Bruder!«
Er sprang auf, um dem Mann entgegenzurennen. »Bleibt
hier!«
Natürlich dachte Abu Dun nicht daran, zu gehorchen, sondern
sprang ebenfalls auf die Beine und wäre ihm unverzüglich gefolgt, hätte Andrej nicht rasch die Hand ausgestreckt und ihn
zurückgehalten. »Nicht. Das geht uns nichts an. Wenn sie unsere
Hilfe brauchen, werden sie es uns wissen lassen.«
Abu Duns Gesicht zeigte Zweifel, aber nach einem Moment
ließ er sich – widerstrebend – wieder ans Feuer sinken. Andrej
beobachtete gespannt, wie Thure den Mann erreichte und heftig
gestikulierend mit ihm zu reden begann. Der Krieger deutete
immer wieder in die Richtung, aus der er gekommen war. Auch
die übrigen Nordmänner näherten sich den beiden; die meisten
im Laufschritt, und etliche hatten ihre Helme aufgesetzt und ihre
Waffen gezogen.
»Das sieht nach Ärger aus«, sagte Abu Dun.
Andrej nickte nur.
Die Unterhaltung der Männer wurde immer lebhafter, und
plötzlich fuhr Thure herum und ergriff seine Streitaxt mit beiden
Händen. Eine weitere Gestalt war am oberen Ende des Hanges
aufgetaucht: Björn, der mit wehendem Mantel und im Laufschritt aus der Felsenklamm sprintete, durch die auch sie gestern
gegangen waren. Nur einen halben Steinwurf hinter ihm brachen
drei weitere Krieger aus dem Schatten, Riesen mit wehenden
Fellmänteln, wuchtigen runden Schilden, Schwertern und Äxten.
Abu Dun hat recht gehabt, dachte Andrej. Es sah nach Ärger
aus.
Wieder machte der Nubier Anstalten aufzuspringen und wieder schüttelte Andrej den Kopf. Dieser Streit ging sie nichts an.
Trotz der großen Entfernung konnte er sehen, dass Björn das
ungleiche Rennen verlieren
Weitere Kostenlose Bücher