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Das Dampfhaus

Das Dampfhaus

Titel: Das Dampfhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Gangesthale bis Allahabad folgen und das Königreich Audh hinaufziehen bis zu den ersten Bodenerhebungen von Tibet, daselbst einige Monate an dem einen oder anderen Orte verweilen, um Kapitän Hod Gelegenheit zu geben, seiner Jagdlust zu fröhnen, und dann bis Bombay zurückkehren.
    Die zurückzulegende Strecke maß gegen neunhundert Meilen, wobei freilich das ganze Haus mit all’ seinen Insassen mitreiste. Wer würde unter solchen Verhältnissen einen Augenblick zögern, nöthigenfalls mehrmals eine Reise um die Welt zu machen?
Sechstes Capitel.
Erste Etappen.
    Am 6. Mai mit Tagesanbruch hatte ich das Hôtel Spencer, eines der besten in Calcutta, in dem ich seit meiner Ankunft in Indien wohnte, verlassen; die große Stadt hatte mir jetzt nichts mehr zu bieten. Morgenpromenaden zu Fuß, während der ersten Tagesstunden, Abendspaziergänge zu Wagen, am »Strand« bis zur Esplanade des Fort William mitten unter den glänzenden Equipagen der Europäer, welche mit stolzer Verachtung die nicht minder glänzenden Wagen der großen und dicken eingebornen Babous kreuzen; Besuche jener wunderbaren Geschäftsstraßen, die mit Recht den Namen Bazars führen; Ausflüge nach den Verbrennungsstätten der Todten am Ufer des Ganges, nach den botanischen Gärten des Naturforschers Hooker, zur »Madame Kâli«, dem schrecklichen Weibe mit vier Armen, der wilden Todesgöttin, die sich in einem kleinen Tempel einer jener Vorstädte verbirgt, wo die moderne Civilisation und die einheimische Barbarei einander berühren – das war gethan und geschehen. Den Palast des Vicekönigs zu betrachten, der sich dem Hôtel Spencer gegenüber erhebt; den merkwürdigen Palast des Chowringhi Road und die Town-Hall, die dem Andenken der großen Männer unserer Zeit gewidmet ist, zu bewundern; die interessante Moschee von Hougly eingehend zu studiren; am Hafen zu flaniren, der von den schönsten Kauffahrteischiffen der englischen Marine strotzt; Abschied zu nehmen von den Arghiclas, Adjutanten oder Philosophen – diese Vögel haben gar zu viele Namen – denen es sozusagen obliegt, die Straßen zu reinigen und die Stadt in gutem Gesundheitszustande zu erhalten, das war auch geschehen, und es blieb mir nun nichts Anderes übrig, als abzureisen.
    Am erwähnten Morgen nahm mich also ein Palkighari, eine Art schlechter vierrädriger, zweispänniger Wagen – der sich zwischen den bequemen Erzeugnissen der englischen Wagenbaukunst freilich nicht sehen lassen darf – am Gouvernementsplatze auf und hatte mich bald nach dem Bungalow des Oberst Munro befördert.
    Hundert Schritte vor der Vorstadt wartete unser Train. Wir brauchten uns nur darin »häuslich einzurichten« – das ist die richtige Bezeichnung.
    Selbstverständlich war unser Gepäck schon vorher in dem dafür bestimmten Raume untergebracht worden. Wir nahmen übrigens nichts als das Nothwendigste mit. Nur bezüglich der Waffen verblieb Kapitän Hod bei der Anschauung, daß das unbedingt Nöthige mindestens aus vier Enfields-Büchsen mit explodirenden Kugeln, vier Jagdgewehren, zwei Entenflinten und noch einer Anzahl anderer Flinten und Revolver zu bestehen habe, womit wir Alle überreichlich bewaffnet werden konnten. Dieses große Kriegsgeräth war gewiß mehr zur Erlegung von Bestien ausgewählt, als zur Jagd auf eßbares Wild, doch der Nimrod der Expedition ließ sich in dieser Beziehung nichts d’reinreden.
    Kapitän Hod schwelgte übrigens vor Entzücken! Das Vergnügen, den Obersten der Einsamkeit seiner Klause zu entreißen, die Freude, die nördlichen Provinzen Indiens in einem Fuhrwerk ohne Gleichen zu durchstreichen, die Aussicht auf ganz außergewöhnliche Jagdzüge und Ausflüge in die Himalaya-Berge, Alles das belebte und reizte ihn mehr als gewöhnlich und machte sich in unendlichen Ausrufen und Händedrücken Luft, bei denen er den Anderen fast die Knochen zerbrach.
    Die Stunde der Abfahrt kam heran. Der Kessel hatte Dampf, die Maschine war bereit zu arbeiten. Der Maschinist stand auf seinem Posten, die Hand am Regulator. Der gewöhnliche schrille Pfiff erschallte.
    »Vorwärts, rief Kapitän Hod, den Hut schwenkend, Stahlriese, vorwärts!«
    Der Name Stahlriese, den unser enthusiastischer Freund dem wunderbaren Motor unseres Train gegeben, war gewiß ein berechtigter und blieb ihm auch für immer.
    Hier noch ein Wort über das Personal der Expedition, das im zweiten beweglichen Hause wohnte.
     

    Hougly zu Calcutta. (S. 75.)
     
    Der Maschinist Storr, ein Engländer von Geburt,

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