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Das Dampfhaus

Das Dampfhaus

Titel: Das Dampfhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Ganges gilt ihnen ja als der Sohn der Gottheit, wenn nicht als diese selbst, und was er thut, ist in ihren Augen nie ein Uebel.
    – Nicht einmal das Fieber, die Cholera und die Pest, die er niemals ganz ausgehen läßt! rief Kapitän Hod. Die Tiger und Krokodile, von denen es in den Sunderbunds wimmelt, befinden sich freilich nicht schlechter dabei. Im Gegentheil, man möchte sagen, die verderbliche Luft sei für diese Geschöpfe ebenso zuträglich, wie die reine Atmosphäre eines Sanatoriums während der heißen Jahreszeit für die Anglo-Indianer. O, dieses Raubzeug! – Fox! rief Hod, indem er sich zu seinem Diener wandte, der die Tafel abräumte.
    – Herr Kapitän? meldete sich Fox.
    Nicht wahr, Du hast den siebenunddreißigsten erlegt?
    – Ja. Herr Kapitän, zwei Meilen von Port Canning, antwortete Fox. Es war eines Abends…
    – Schon gut! unterbrach ihn Kapitän Hod, der ein tüchtiges Glas Grog ausleerte. Ich kenne die Geschichte Deines siebenunddreißigsten; die des achtunddreißigsten würde mich weit mehr interessiren.
    Der achtunddreißigste ist noch nicht getödtet, Herr Kapitän!
    – Du wirst ihn aber tödten, Fox. Ebenso wie ich den einundvierzigsten!«
    Im Gespräche zwischen Kapitän Hod und seinem Diener wurde, wie man sieht, das Wort »Tiger« einfach weggelassen. Das war überflüssig. Die beiden Jäger verstanden sich schon.
    Je weiter sie vorwärts kamen, desto mehr verengerte sich das Bett des Hougly, der vor Calcutta nahe einen Kilometer breit ist. Stromaufwärts von dieser Stadt begrenzen ihn nur sehr niedrige Ufer. Hier entwickeln sich manchmal furchtbare Cyclonen, die ihre Zerstörung über die ganze Provinz verbreiten. Ganze Stadtviertel werden dabei vernichtet, Hunderte von Häusern eines an dem anderen zertrümmert, ungeheure Anpflanzungen verwüstet, während Tausende von Leichnamen die Stadt und das Land bedecken – das sind die Jammerbilder, welche diese schrecklichen Meteore hinterlassen, unter denen die Cyclone von 1844 die anderen an Heftigkeit besonders übertraf.
    Bekanntlich besteht das Klima Indiens aus drei Jahreszeiten: der Regenzeit, der kalten und der heißen Jahreszeit. Die letztere ist zwar die kürzeste, aber auch die beschwerlichste. März, April und Mai sind besonders furchtbare Monate. Unter allen ist der Mai der heißeste. Wer sich zu dieser Zeit mehrere Stunden am Tage der Sonne aussetzt, riskirt dabei das Leben, wenigstens ein Europäer. Es ist nicht so selten, daß das Thermometer selbst im Schatten bis auf 106° Fahrenheit (etwa 41° Celsius) ansteigt.
    »Die Menschen, sagt de Velbezen, dampfen dabei wie die Pferde, und während des Krieges zur Unterdrückung des Aufstandes mußten die Soldaten zu Kaltwasser-Douchen über den Kopf ihre Zuflucht nehmen, um dem Blutandrang nach dem Gehirn zu steuern.«
    Dank der eigenen Bewegung des Steam-House, dem durch das Schwingen der Punka unterhaltenen Luftwechsel und der feuchten Atmosphäre, welche durch die unausgesetzt benetzten Fenstermatten eindrang, litten wir von der Hitze nicht allzusehr. Uebrigens näherte sich die Regenzeit, welche vom Juni bis zum October dauert, und diese konnte uns vielleicht unangenehmer werden, als die heiße Saison. Unter den Verhältnissen, wie wir reisten, war indeß von keiner Seite etwas Ernstliches zu fürchten.
    Gegen ein Uhr Nachmittags kamen wir nach einer köstlichen Promenade, die wir machten, ohne aus dem Hause zu gehen, bei Chandernagor an.
    Ich hatte diesen Erdenwinkel, den einzigen, der in der ganzen Präsidentschaft Bengalen noch Frankreich angehört, schon früher besucht. Diese unter dem Schutze der dreifarbigen Fahne stehende Stadt, welche nur das Recht hat, fünfzehn Soldaten zu ihrer eigenen Bewachung zu unterhalten, die alte Rivalin Calcuttas während der Kämpfe des 18. Jahrhunderts, ist jetzt verfallen, ohne Gewerbfleiß, ohne Handel, ihre Bazars sind verlassen, ihre Forts nicht besetzt.
    Vielleicht hätte Chandernagor einen neuen Impuls bekommen, wenn die Eisenbahn nach Allahabad durch dieselbe oder doch längs ihrer Mauern hingeführt worden wäre; in Folge der Anforderungen der französischen Regierung aber sah die englische Gesellschaft sich genöthigt, eine andere Linie auszuwählen und das französische Gebiet zu umgehen, wodurch Chandernagor die letzte Gelegenheit verloren hat, sich wieder zu einiger Handelsbedeutung aufzuraffen.
    Unser Train berührte die Stadt also auch nicht. Er hielt drei Meilen davon auf der Straße, beim Eingang in einen Latanien-Wald

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