Das Dante-Ritual (German Edition)
Kommen Sie heute Abend auf ein Glas Wein in mein Haus, und ich werde Ihnen beweisen, dass Sie auf dem Holzweg sind. Sollten Sie danach trotzdem noch der Meinung sein, dass ich ein schlechter Mensch bin, dann tun Sie, was Sie tun müssen.“
„Vergessen Sie´s! Glauben Sie im Ernst, dass ich, nach allem, was passiert ist, einen Pakt mit Ihnen schließen werde?“
Beekmann atmete tief durch. „Und wenn ich Informationen besäße, mit deren Hilfe Sie den Namen Ihres verstorbenen Intimus wieder reinwaschen könnten? Hätten wir dann eine Verhandlungsbasis?“
„Was wollen Sie damit andeuten?“
Die Stimme des Dekans gewann wieder an Selbstsicherheit. „Ich wiederhole mein Angebot, Philip: Kommen Sie heute Abend in mein Haus. Ich garantiere Ihnen, Sie werden es nicht bereuen. Sagen wir um acht?“
Der Telefonhörer hatte keine drei Sekunden auf der Gabel gelegen, als es klingelte. „Was wollen Sie denn noch?“, fauchte ich in die Muschel. „Ich habe doch zugestimmt.“
„Zugestimmt?“, erklang eine heitere Stimme. „Hast du gerade den Wachturm abonniert?“
„Ach, du bist es. Mir geht´s gut, falls du deswegen anrufst. Großartig. Fantastisch. Danke der Nachfrage.“
„Was ist denn mit dir los? Sauer, weil ich dich nicht besucht habe? Eva hat mir gerade erst erzählt, dass du -“
„Ja, ja, schon gut. Was willst du?“
„Eigentlich wollte ich dich nur auf einen Kaffee einladen.“ Stefan Marcks klang eingeschnappt. „Heute Nachmittag. Im Mövenpick vielleicht. Aber anscheinend bist du mal wieder auf dem Kriegspfad. Wir könnten auch später irgendwo ein Bier trinken gehen, wenn dir das eher zusagt.“
Vielleicht wäre es gar nicht so falsch, wenn ich mit jemandem redete, bevor ich mich in die Höhle des Löwen wagte. „Heute Abend kann ich nicht. Kaffee im Mövenpick ist schon in Ordnung.“
„Was hast du denn heute Abend vor?“
„Das glaubst du mir eh nicht.“
„Versuch es doch mal.“
Stefan Marcks war wie immer elegant gekleidet. Heute trug er einen dunkelbraunen Anzug, dazu ein weißes Hemd und schwarze Schuhe. Ich beobachtete ihn, wie er am Eingang stehen blieb und die feudal gedeckten Tische absuchte.
Zehn vor fünf. Er war zwanzig Minuten zu spät.
Ich hob eine Hand, und er kam in meine Richtung gelaufen. „Ich konnte nicht früher“, erklärte er, noch bevor er Platz genommen hatte. „Sorry.“
Ich fragte nicht weiter nach.
Die Bedienung, eine auf Dreißig heruntergeschminkte Mitvierzigerin mit toupierten Haaren und Papierkrönchen, kam an unseren Tisch stolziert. Wie schon beim ersten Mal, als ich einen Kaffee bestellt hatte, bemühte sie sich angestrengt, mir nicht ins Gesicht zu sehen.
Stefan war weniger taktvoll. „ Wow !“, rief er aus, nachdem wir unsere Bestellung aufgegeben hatten. „Schätze, die Flecken unter deinen Augen werden noch ein paar andere Farbtöne durchlaufen. Obwohl, blau gefällt mir eigentlich ganz gut. Passt zur Nase.“
„Sehr witzig“, gab ich zurück. „Wenn du mich nur treffen wolltest, um -“
Ich brach mitten im Satz ab, weil Stefan in Gelächter auszubrechen drohte. „Du klingst wie Duffy Duck.“
„Ach, leck mich doch!“
„Ist ja gut. Hör auf zu schmollen und erzähl mir lieber noch mal von dieser Sektengeschichte.“
„Es ist eine Bruderschaft. Keine Sekte.“
„Bruderschaft, Sekte, Orden – ist doch alles die gleiche Soße. Glaubst du wirklich, dass diese Wichtigtuer etwas mit Franks Tod zu tun haben könnten? Ich bitte dich, Philip, das sind doch Ammenmärchen. Deus Ex Machina. Gott aus der Maschine.“ Er lachte verächtlich. „Wenn ich das schon höre. Hat das überhaupt irgendeinen tieferen Sinn?“
„Geht wohl zurück auf das antike griechische Theater.“
„Dieses abgedrehte Stilmittel? Wo eine Gestalt an einer Seilkonstruktion auf die Bühne geflogen kommt und dem Helden aus der Patsche hilft?“
Ich nickte. „Die Bezeichnung selbst ist aber wohl erst in der Neuzeit kreiert worden. Als Synonym für einen unerwarteten Helfer in der Not.“
„Ist ja spannend“, sagte Stefan. „Der Name geistert doch schon seit ewig und drei Tagen über den Campus. Willst du mir weismachen, dass die jetzt auf einmal zum Verbrechersyndikat mutiert sind? So wie du über diese Hampelmänner redest, könnte man ja meinen, dass das allesamt tickende Zeitbomben sind. Obwohl“, er kniff die Augen zusammen, „sind die nicht kürzlich erst ins Gerede geraten? Wegen dieses Studenten, den man völlig zugedröhnt im Wald
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