Night Academy 2

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    D ie Welt steckt voller Gefahren.« Mr Judan, zuständig für die Anwerbung von Schülern, machte eine ausladende Geste. Seine tiefe, wohlklingende Stimme tönte durch die kalte Nachtluft. »Wissenschaftler sind imstande, die menschliche DNA zu verändern. Dem medizinischen Fortschritt haben wir lebensrettende Impfstoffe zu verdanken – aber auch entsetzliche biologische Waffen. Raubbau und Misswirtschaft haben unsere Erde beinahe zugrunde gerichtet. Unsere Zivilisation droht im Chaos zu versinken, doch als Schüler des Spezialprogramms der Night Academy habt ihr die Möglichkeit, der Welt wieder Sicherheit und Frieden zu geben.«
    Über uns raschelten Blätter im Wind, und ein paar Regentropfen fielen herab. Ich wischte mir die Tropfen von der Stirn. In schimmernden weißen Roben standen wir acht Kandidaten neben Mr Judan. Die übrigen Schüler und Lehrer des Programms saßen auf Holzbänken im Halbkreis um uns herum. Die abgeschiedene Lichtung lag keine fünf Minuten von der Night Academy entfernt, doch es kam mir vor, als wären wir meilenweit weg. Riesige Fackeln erhellten den nächtlichen Himmel, fauchten und zischten im Regen.
    »Absolventen unseres Ausbildungsprogramms arbeiten in Labors und Krankenhäusern, unterrichten an den besten Universitäten der Welt, dienen in den höchsten Regierungskreisen. Mittels ihrer außergewöhnlichen Begabungen werden militärische Konflikte beigelegt und Medikamente gegen verheerende Krankheiten entwickelt. In Entwicklungsländern schaffen sie mit ihren besonderen Fähigkeiten wichtige Infrastrukturen und helfen der Polizei, Verbrecher zu stellen. An all diesen Orten operieren unsere Leute verdeckt, bedienen sich still und heimlich ihrer Gaben, um zu bewahren, zu schützen und zu verteidigen. Als Kandidaten habt ihr die Chance, euch unserem geheimen Heer anzuschließen. Mit euren einzigartigen Körper- und Erdkräften und eurem überragenden Kommunikationstalent könnt ihr das Schicksal vieler Menschen verändern. Doch dafür müsst ihr eine entsprechende Ausbildung bekommen.« Mr Judan drehte sich schwungvoll um und durchbohrte uns mit seinem stählernen Blick. »Nach eingehender Prüfung seid ihr für würdig befunden worden. Tretet bitte einzeln vor, damit die Aufnahmezeremonie beginnen kann.«
    Ausgerechnet ich war die Erste – zum Teufel mit dem Alphabet. Mühsam setzte ich einen Fuß vor den anderen und versuchte nicht zu zittern, während dreißig Augenpaare auf mich gerichtet waren. »Dancia Lewis bittet um Aufnahme ins Programm, Sir.«
    Mr Judan drehte sich zu den Zuschauern um. »Wer steht für diese Kandidatin ein?«
    »Ich stehe für sie ein.« Cam erhob sich von der Bank und trat vor, in der Hand hielt er eine flackernde Kerze. Da er die Gabe hatte, die Lebenskräfte zu beeinflussen, trug er ein grünes Gewand. Obgleich Cams Gesicht in der Dunkelheit kaum zu erkennen war, konnte ich mir gut vorstellen, wie er Mr Judan mit seinen dunkelbraunen Augen selbstbewusst ansah. Neben ihm saß sein bester Freund Trevor Anderly in einem roten Gewand, das die Körperkräfte symbolisierte. Auf der anderen Seite wartete Anna Petersen, ebenfalls in Rot. Mit dem dunklen Haar und der schneeweißen Haut sah Cams Exfreundin für meinen Geschmack etwas zu sehr nach Schneewittchen aus.
    »Cameron Sanders, woher kennst du diese Kandidatin?« Mr Judan hatte sich in die Mitte des Kreises begeben.
    »Ich habe sie angeworben und war ihr Wächter«, sagte Cam. Seine Worte galten Mr Judan, doch er sah mich an.
    Die Kandidaten für das Programm wurden von der Night Academy angeworben, weil man annahm, dass sie über eine Begabung dritten Grades verfügten. Während des ersten Jahres mussten sie ihr Talent und ihre – keine Ahnung, Anständigkeit vielleicht – unter Beweis stellen, um sich für das Programm zu qualifizieren. War das der Fall, wurden sie für die Aufnahme vorgeschlagen, zumeist von ihren Wächtern. In der Regel folgten die Nominierungen im Herbst des kommenden Schuljahres, also zu Beginn der Zehnten, und wenn die Schule zustimmte, wurden die Schüler über das Ausbildungsprogramm aufgeklärt und auf die Aufnahme vorbereitet.
    Cam war mein Wächter gewesen, hatte aber den Prozess abgekürzt, indem er mir schon gleich im November reinen Wein eingeschenkt hatte. Deshalb war ich die einzige Neuntklässlerin unter den Kandidaten. Noch ein Grund mehr, warum ich mal wieder aus dem Rahmen fiel.
    »Und glaubst du, dass diese Kandidatin den Mut und die Integrität aufbringt,