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Das doppelte Lottchen

Das doppelte Lottchen

Titel: Das doppelte Lottchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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Lotte.
    Beide haben sich in den Waschsaal geschlichen und stehen vor einem großen Spiegel. Lotte ist voll Feuereifer dabei, Luises Locken mit Kamm und Bürste zu striegeln.
    Luise schreit »Au!« und »Oh!«
    »Willst du wohl ruhig sein?« schimpft Lotte, gespielt streng.
    »Wenn dir deine Mutti Zöpfe flicht, wird nicht geschrien!«
    »Ich hab’ doch gar keine Mutti!« murrt Luise. »Deswegen, au!, deswegen bin ich ja auch so ein lautes Kind, sagt mein Vater!«
    »Zieht er dir denn nie die Hosen straff?« erkundigt sich Lotte angelegentlich, während sie mit dem Zopfflechten beginnt.
    »Ach wo! Dazu hat er mich viel zu lieb!«
    »Das hat doch damit nichts zu tun!« bemerkt Lotte sehr weise.
    »Und außerdem hat er den Kopf voll.«
    »Es genügt doch, daß er eine Hand frei hat!« Sie lachen.
    Dann sind Luises Zöpfe fertig, und nun schauen die Kinder mit brennenden Augen in den Spiegel. Die Gesichter strahlen wie Christbäume. Zwei völlig gleiche Mädchen blicken in den Spiegel hinein! Zwei völlig gleiche Mädchen blicken aus dem Spiegel heraus!
    »Wie zwei Schwestern!« flüstert Lotte begeistert.
    Der Mittagsgong ertönt.
    »Das wird ein Spaß!« ruft Luise. »Komm!« Sie rennen aus dem Waschsaal. Und halten einander an den Händen.
    Die anderen Kinder sitzen längst. Nur Luises und Lottes Schemel sind noch leer.
    Da öffnet sich die Tür, und Lotte erscheint. Sie setzt sich, ohne zu zaudern, auf Luises Schemel.
    »Du!« warnt Monika. »Das ist Luises Platz! Denk an dein Schienbein!«
    Das Mädchen zuckt nur die Achseln und beginnt zu essen.
    Die Tür öffnet sich wieder, und – ja, zum Donnerwetter! – Lotte kommt leibhaftig noch einmal herein! Sie geht, ohne eine Miene zu verziehen, auf den letzten leeren Platz zu und setzt sich.
    Die anderen Mädchen am Tisch sperren Mund und Nase auf.
    Jetzt schauen auch die Kinder von den Nebentischen herüber. Sie stehen auf und umdrängen die beiden Lotten.
    Die Spannung löst sich erst, als die zwei zu lachen anfangen. Es dauert keine Minute, da hallt der Saal von vielstimmigem Kindergelächter wider.
    Frau Muthesius runzelt die Stirn. »Was ist denn das für ein Radau?« Sie steht auf und schreitet, mit königlich strafenden Blicken, in den tollen Jubel hinein. Als sie aber die zwei Zopfmädchen entdeckt, schmilzt ihr Zorn wie Schnee in der Sonne dahin. Belustigt fragt sie: »Also, welche von euch ist nun Luise Palffy und welche Lotte Körner?«
    »Das verraten wir nicht!« sagt die eine Lotte zwinkernd, und wieder erklingt helles Gelächter.
    »Ja, um alles in der Welt!« ruft Frau Muthesius in komischer Verzweiflung. »Was sollen wir denn nun machen?«
    »Vielleicht«, schlägt die zweite Lotte vergnügt vor, »vielleicht kriegt es doch jemand heraus?«
    Steffie fuchtelt mit der Hand durch die Luft. Wie ein Mädchen, das dringend ein Gedicht aufsagen möchte. »Ich weiß etwas!« ruft sie. »Trude geht doch mit Luise in dieselbe Klasse! Trude muß raten!«
    Trude schiebt sich zögernd in den Vordergrund des Geschehens, blickt musternd von der einen Lotte zur anderen und schüttelt ratlos den Kopf. Dann aber huscht ein spitzbübisches Lächeln über ihr Gesicht. Sie zieht die ihr näher stehende Lotte tüchtig am Zopf – und im nächsten Augenblick klatscht eine Ohrfeige!
    Sich die Backe haltend, ruft Trude begeistert: »Das war Luise!«
    (Womit die allgemeine Heiterkeit ihren Höhepunkt erreicht hat.) Luise und Lotte haben die Erlaubnis erhalten, in den Ort zu gehen. Die »doppelte Lotte« soll unbedingt im Bild festgehalten werden. Um Fotos nach Hause zu schicken! Da wird man sich wundern!
    Der Fotograf, ein gewisser Herr Eipeldauer, hat nach der ersten Verblüffung ganze Arbeit geleistet. Sechs verschiedene Aufnahmen hat er gemacht. In zehn Tagen sollen die Postkarten fertig sein.
    Zu seiner Frau meint er, als die Mädchen fort sind: »Weißt was, am Ende schick’ ich ein paar Glanzabzüge an eine Illustrierte oder ein Magazin! Zeitschriften interessieren sich manchmal für so was!«
    Draußen vor seinem Geschäft dröselt Luise ihre »dummen« Zöpfe wieder auf, denn die brave Haartracht beeinträchtigt ihr Wohlbefinden. Und als sie ihre Locken wieder schütteln kann, kehrt auch ihr Temperament zurück. Sie lädt Lotte zu einem Glas Limonade ein. Lotte sträubt sich. Luise sagt energisch: »Du hast zu folgen! Mein Vater hat vorgestern frisches Taschengeld geschickt.
    »Auf geht’s!«
    Sie spazieren also zur Försterei hinaus, setzen sich in den Garten,

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