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Das doppelte Lottchen

Das doppelte Lottchen

Titel: Das doppelte Lottchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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Kasperltheater, so energisch und ruckartig. Dann stottert sie: »Ich hätte ja auf den Hof z’ruck sollen. Zum Herrn Vater. Aber ich hab’ doch das Fräul’n Lottchen so arg gern!«
    Der Herr Kapellmeister lacht. »Zu uns drei anderen sind S’ nicht eben höflich, Resi!« Resi zuckt ratlos mit den Schultern.
    Frau Palffy greift rettend ein. »Wir können doch nicht ewig auf dem Treppenflur stehenbleiben!«
    »Bitt’ schön!« Resi reißt die Tür ganz weit auf.
    »Momenterl!« sagt der Herr Kapellmeister gemächlich. »Ich muß erst einmal in die andere Wohnung!«
    Alle außer ihm erstarren. Schon am Hochzeitstag will er wieder ins Atelier am Ring? (Nein, die Resi erstarrt ganz und gar nicht! Sie lacht vielmehr lautlos in sich hinein.) Herr Palffy geht zu Herrn Gabeies Wohnungstür, zückt einen Schlüssel und schließt in aller Seelenruhe auf!
    Lottchen rennt zu ihm. An der Tür ist ein neues Schild angebracht, und auf dem Schild steht deutlich zu lesen: »Palffy.«
    »O Vati!« ruft sie überglücklich.
    Da steht auch schon Luise neben ihr, liest das Schild, kriegt die Schwester am Kragen und beginnt mit ihr eine Art Veitstanz aufzuführen. Das alte Stiegenhaus wackelt in allen Fugen.
    »Nun ist’s genug!« ruft schließlich der Herr Kapellmeister. »Ihr schert euch jetzt mit der Resi in die Küche und helft ihr!« Er schaut auf die Uhr. »Ich zeig’ der Mutti inzwischen meine Wohnung. Und in einer halben Stunde wird gegessen. Wenn’s soweit ist, klingelt ihr!« Er nimmt die junge Frau an der Hand.
    An der gegenüberliegenden Tür macht Luise einen Knicks und sagt: »Auf gute Nachbarschaft, Herr Kapellmeister!«
    Die Frau legt Hut und Mantel ab. »Was für eine Überraschung!« meint sie leise.
    »Eine angenehme Überraschung?« fragt er. Sie nickt.
    »Es war schon lange Lottchens Wunsch, bevor’s auch der meinige wurde«, erzählt er zögernd. »Gabele hat den Feldzugsplan bis ins kleinste ausgearbeitet und die Schlacht der Möbelwagen geleitet.«
    »Deswegen also mußten wir erst noch in die Schule?«
    »Ja. Der Transport des Flügels hielt den Kampf der Möbeltitanen etwas auf.«
    Sie treten ins Arbeitszimmer. Auf dem Flügel steht die aus dem Schreibtischfach auferstandene Fotografie einer jungen Frau aus einer vergangenen, unvergessenen Zeit. Er legt den Arm um sie. »Im dritten Stock links werden wir zu viert glücklich sein, und im dritten Stock rechts ich allein, aber mit euch Wand an Wand.«
    »So viel Glück!« Sie schmiegt sich an ihn.
    »Jedenfalls mehr, als wir verdienen«, sagt er ernst. »Aber nicht mehr, als wir ertragen können.«
    »Ich hätte nie geglaubt, daß es das gibt!«
    »Was?«
    »Daß man verlorenes Glück nachholen kann wie eine versäumte Schulstunde.«
    Er deutet auf ein Bild an der Wand. Aus dem Rahmen schaut, von Gabele gezeichnet, ein kleines, ernstes Kindergesicht auf die Eltern herab.
    »Jede Sekunde unseres neuen Glücks«, sagt er, »verdanken wir unseren Kindern.«
    Luise steht, mit einer Küchenschürze geschmückt, auf einem Stuhl und heftet mit Reißnägeln die Titelseite der »Münchner Illustrierten« an die Wand.
    »Schön«, sagt Resi andächtig.
    Lottchen, gleichfalls in einer Küchenschürze, werkelt eifrig am Herd.
    Resi tupft sich eine Träne aus dem Augenwinkel, schnüffelt leise und fragt dann, noch immer vor der Fotografie stehend: »Welche von euch beiden ist denn nun eigentlich welche?«
    Die kleinen Mädchen schauen einander betroffen an. Dann starren sie auf die angenagelte Fotografie. Dann blicken sie erneut einander an.
    »Also…«, sagt Lottchen unschlüssig.
    »Ich saß, als uns der Herr Eipeldauer knipste, glaub’ ich, links«, meint Luise nachdenklich.
    Lotte schüttelt zaudernd den Kopf. »Nein, ich saß links. Oder?«
    Die zwei recken die Hälse zu ihrem Konterfei empor.
    »Ja, wenn ihr’s selber nicht wißt, welche welche ist!« schreit die Resi außer sich und beginnt zu lachen.
    »Nein, wir wissen’s wirklich selber nicht!« ruft Luise begeistert.
    Und nun lachen alle drei, daß ihr Gelächter bis in die Nebenwohnung hinüberdringt.
    Dort drüben fragt die Frau, fast erschrocken: »Wirst du denn auch bei solchem Lärm arbeiten können?«
    Er geht zum Flügel und sagt, während er den Deckel öffnet: »Nur bei solchem Lärm!« Und indes nebenan das Gelächter einschläft, spielt er seiner Frau aus der Kinderoper das Duett in Es-Dur vor, das bis in die Küche der Nachbarwohnung dringt. Die drei hantieren so leise wie möglich, um sich

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