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Das Dornröschen-Projekt - Krimi

Das Dornröschen-Projekt - Krimi

Titel: Das Dornröschen-Projekt - Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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die verstaubte Linux-Version geladen hatte, schob Matti die DVD ins Laufwerk. Sie startete von allein und öffnete ein kleines Fenster mit dem Titel Password . Scheiße, dachte Matti. Er zog die DVD wieder heraus, steckte sie zurück in die Plastikhülle und nahm sie mit in die Küche.
    Robbi hatte ausgeschlafen. Er stand vor seinem Fressnapf und streckte sich. Dann warf er Matti einen Blick zu und maunzte.
    »Was ist, Robbi?«, fragte Matti.
    Aber Robbi antwortete nicht. Er hielt sich streng an das Schweigegelübde, das er eines unseligen Tages still und heimlich abgelegt hatte.
    Twiggy kam freitags meistens als Erster. Das metallische Klicken des Schlosses kündigte ihn an. Dann das Stapfen im Flur und das obligatorische Stöhnen, mit dem sich Twiggy über die Treppen hinwegtröstete. In beiden Händen je eine Plastiktüte, betrat er schwer die Küche. Twiggy lief nicht, er wabbelte auf Säulenbeinen. Er war groß und fett, trug einen Kugelkopf mit dicken Backen auf seinem mächtigen Körper, seine Haare waren zottelig, und sein Gesicht glänzte vom Schweiß. Seinen Namen verdankte er dem Zufall und der menschlichen Gemeinheit, einer nicht ungewöhnlichen Kombination also, die sich in bestimmten Augenblicken die falschen Opfer sucht und ihnen am Ende nur die Wahl lässt, sich mit ihrem Schicksal abzufinden, was Twiggy in seiner Weisheit tat, ohne zu zögern und zu klagen. Der Zufall war eine Sauferei nach heldenhaften Maikämpfen in Kreuzberg, und die menschliche Gemeinheit verkörperte sich in Gerhart mit T, der im Vollrausch genau in dem Moment über das britische Magermodell ablästerte, als Twiggy erschien und fortan so hieß. Danach hatte man von Gerhart mit T nichts mehr gehört, was nur bedeuten konnte, dass er seine historische Mission erfüllt hatte.
    Twiggy trug einen riesigen Blaumann, darüber einen gelben Strickpullover mit rotem Brustring und riesige Turnschuhe, die ein Normalwüchsiger auch als Schwimmflossen hätte benutzen können. Er stellte die Plastiktüten vor dem Kühlschrank ab, nahm sich aus dem ehemals weißen Küchenschrank einen Becher und stellte eine Zuckerdose auf den Tisch. »Ich ziehe aus«, schnaubte er, aber das sagte er seit Menschengedenken, um dennoch jeden Freitag wieder brav die Einkäufe für die WG zu erledigen. Nur das Bier holte er nicht, er bestand aus irgendeinem Grund darauf, dass Matti es besorgte. Twiggy setzte sich an den Tisch.
    Matti schob ihm die DVD zu.
    Twiggy musterte sie, ohne sie anzufassen. »Und?«
    »Passwortgeschützt.«
    Twiggy hob die Augenbrauen und stöhnte leise. »Wo hast du die her?«
    »Aus der Aktentasche von einem Fahrgast, hat der vergessen.«
    »Du spinnst doch«, sagte Twiggy. Misstrauisch musterte er die Hülle mit seinen klugen schwarzen Augen.
    Robbi scharwenzelte um Twiggys Beine herum. Dann stellte er sich auf die Hinterbeine, um die Krallen seiner Vorderpfoten in Twiggys Hose zu rammen. Der stöhnte auf, nahm den Kater endlich am Bauch und hievte ihn auf seinen Schoß. Robbi machte sich darauf breit und streckte Twiggy seine Unterseite entgegen. »Service please«, knurrte Twiggy und begann, den Fellbauch zu kraulen, was Robbi mit geschlossenen Augen laut und röchelnd schnurren ließ, als liefe in der Küche ein Zweitaktmotor mit Fehlzündungen.
    Twiggy griff nach Mattis Tabak und drehte sich eine, was Robbi mit schmalen Augen beobachtete. Die schlossen sich erst wieder, nachdem Twiggy die Zigarette angezündet hatte und mit der freien Hand die Baucharbeit fortsetzte.
    »Wir machen eine Kopie und packen das Original in die Tasche im Auto. Das merkt keiner.« Matti drehte sich auch eine.
    »Was ist darauf, ein Porno?«, fragte Twiggy gelangweilt. Er tat immer gelangweilt, wenn ihn etwas zu interessieren begann.
    »Keine Ahnung. Wahrscheinlich nur ein Scheiß. Aber der Typ hat mich schwer genervt.«
    Twiggy hob die Augenbrauen, schniefte und nahm einen Zug. »Nachher haben wir die Bullen am Hals.«
    »Quatsch.« Matti stand auf, nahm die DVD und ging in sein Zimmer. Er brauchte wenige Minuten, um die DVD zu kopieren. Dann prüfte er, ob sich auf der Kopie das Passwortfenster öffnete, und als dies gelang, war er zufrieden. Er ging zurück in die Küche.
    »Ihr kocht, und ich bringe das Original zurück, dann kann das keiner gemerkt haben. Ülcan passt sowieso nicht auf. Und die Spätschicht beginnt erst« – er blickte auf die Uhr – »gleich, Scheiße.«
    Er zog seine Jacke an und eilte die Treppe hinunter. Fast hätte er

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