Das Dunkle Muster
vorsichtig zu Werke gehen<, erklärte er mir. >Und Sie müssen mir versprechen, daß Sie keinem Menschen gegenüber etwas von unserem Gespräch erwähnen, ausgenommen davon sind natürlich die anderen Leute, deren Unterstützung ich mir gesichert habe.
Der Grund dafür ist die Möglichkeit, daß Sie von einem Agenten aufgespürt werden. Das würde bedeuten, daß man alle Ihre Erinnerungen, soweit sie mich und unsere Zusammenkünfte betreffen, kontrollieren kann. Und dann befände ich mich in einer schrecklichen Gefahr.<
>Aber wie soll ich die anderen erkennen?< fragte ich. >Wie soll ich dahin kommen, wo sie sich aufhalten, oder sie zu mir? Wer sind diese Leute überhaupt?<
Während ich ihm diese Fragen stellte, kam ich mir gleichzeitig ehrfürchtig und auserwählt vor. Daß eines jener Wesen, die uns von den Toten hatten wieder auferstehen lassen und für die Existenz dieser Welt verantwortlich waren, ausgerechnet mich um Hilfe bat! Mich, Savinien de Cyrano de Bergerac, der ich doch – wie groß meine Talente auch immer sein mögen – nur ein kleines Menschenwesen bin! Er hatte ausgerechnet mich aus mehreren Milliarden von Kandidaten herausgesucht!
Er wußte, wer ich war, und war sich ebenso darüber im klaren, daß ich es nicht fertig bringen würde, sein Angebot abzulehnen. Hätte ich aufstehen können, hätte ich – vorausgesetzt, es wären welche vorhanden gewesen – die Klinge mit ihm gekreuzt und ihn meiner Loyalität mit einem Trinkspruch versichert. Aber Wein hatten wir ebenso wenig wie Degen.
>Sie tun also, was ich von Ihnen erbitte?< fragte der Fremde.
>Aber sicher!< erwiderte ich. >Sie haben mein Wort, und das gilt für immer!<
Ich will jetzt nicht jede Kleinigkeit wiederholen, die er mir anschließend mitteilte, Jill, aber… er sagte, ich solle Sam Clemens mitteilen, er möge nach einem anderen Mann namens Richard Francis Burton Ausschau halten. Auch dieser sei einer der Auserwählten. Und wir sollten ein Jahr lang in Virolando auf die Ankunft der anderen warten. Sollten einige der Auserwählten dort nicht auftauchen, stünde uns der weitere Weg auch ohne sie offen. Und wir würden von ihm – dem Fremden – in naher Zukunft wieder hören.
Er gab mir einige Tipps, wie und wo ich Clemens finden könne, der sich zehntausend Meilen weiter flußabwärts aufhielt. Clemens würde aus dem Erz eines herabgefallenen Meteoriten ein großes Flußboot bauen. Obwohl ich hunderteinundachtzig Jahre vor Clemens Geburt bereits ein toter Mann war, kannte ich ihn, denn schließlich lag in meinem Bett ein Relikt seines irdischen Lebens. Als ich das dem Fremden erzählte, lachte er und sagte nur: >Ich weiß.<
>Kann sich das nicht etwas schwierig für uns entwickeln?< fragte ich ihn. >Speziell für Livy? Würde der große Clemens mich unter diesen Umständen überhaupt auf seinem Boot haben wollen?<
>Was ist wichtiger für Sie?< fragte der Fremde, jetzt ein wenig ungeduldiger werdend. >Eine Frau oder die Rettung der Welt?<
>Das käme darauf an, welche Gefühle ich einer Frau entgegenbringe<, erwiderte ich. >Es gibt weder objektiv noch menschlich gesehen für mich in dieser Beziehung einen Konflikt. Ich bin zwar menschlich, aber nicht objektiv.<
>Machen Sie sich auf den Weg und warten Sie ab, was sich daraus entwickelt<, lautete seine Antwort. Vielleicht wird die Frau Sie bevorzugen.<
>Wenn ein Cyrano vor Liebe erglüht<, gab ich zurück, >dann kühlt er sich nicht auf Befehl ab.<
Daraufhin stand er auf, sagte >Wir sehen uns< und ging hinaus. Mit Hilfe meiner Arme zog ich mich aus dem Bett und kroch, ohne meine tauben Beine einsetzen zu können, zur Tür und öffnete sie. Ich fand nicht die geringste Spur von ihm. Am nächsten Morgen sagte ich zu Livy, daß dieser Ort mir zum Halse heraushinge und ich mich wieder auf den Weg machen wolle, um nach einer anderen Gegend Ausschau zu halten. Livy erwiderte, daß ihr wiederum das Herumzigeunern zum Halse heraushinge, aber wenn ich unbedingt wollte, würde sie mit mir gehen. Und dann zogen wir los. Den Rest der Geschichte kennst du.«
Jill verspürte ein Gefühl der Unwirklichkeit. Obwohl sie Cyranos Geschichte glaubte, kam sie sich vor wie ein Mensch, der auf einer Bühne steht, ohne auch nur den geringsten Schimmer von dem Stück zu haben, in dem er auftritt. Wie ein Schauspieler, dem niemand das Drehbuch gezeigt hat.
»Nein, ich kenne den Rest der Geschichte nicht. Was entwickelte sich zwischen dir und Clemens? Was wußte er, das du nicht wußtest? Und hat
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