Das Erbe der Templer
das Gefühl, als würden Stromschläge durch seinen Körper zucken.
Sie begannen in den Händen, trieben in die Arme hinein, erfaßten seine gesamte Gestalt, und das Blut wurde so heiß, als würde es kochen. Pierre riß den Mund auf. Es drangen keine Flammen aus ihm hervor, wie er geglaubt hatte, sondern ein fürchterlicher Schrei, der über das gesamte Dorf hallte und erst an den Hängen als Echo gebrochen wurde. So hatte man hier noch keinen Menschen schreien gehört, aber Pierre konnte nicht anders, denn Baphometh sprang mit ihm um, als wäre er eine Strohpuppe.
Eine für ihn nicht faßbare Kraft packte ihn und drückte ihn gleichzeitig in die Höhe. Sosehr sich der Polizist auch dagegen anstemmte, er kam nicht weg, im Gegenteil, Pierre hob vom Boden ab und wurde wie ein Stein in die Luft geschleudert.
Als dunkler Schatten jagte er hinein in den noch finsteren Himmel. Er verließ den Lichtschein des Feuers, die gesamte Weite des Himmels öffnete sich ihm, und bevor er ganz verschwinden konnte, stand er plötzlich als brennender Mensch vor der blauen Finsternis. Baphometh hatte gesiegt.
Seine Kraft hatte Pierre nicht nur in die Höhe geschleudert, sondern auch dafür gesorgt, daß er verbrannte.
Es kam auch etwas zurück.
Die drei Freunde des Polizisten, die seinen Tod, in Angst erstarrt, hatten mitansehen müssen, erkannten plötzlich, daß aus der Luft etwas in den Widerschein des Feuers hineinregnete.
Asche…
Reste eines Freundes…
Richard konnte nicht hinschauen. Er schluckte, hatte sein Gesicht in beide Hände vergraben und sich abgewandt.
Auch die anderen beiden waren entsetzt, während die Templer schon dabei waren, die ersten Menschen aus den Häusern am Marktplatz zu holen. Die große Abrechnung sollte beginnen…
***
Ich keuchte vom langen Laufen.
In der Dunkelheit täuschen Entfernungen, auch ich hatte mich vertan und war noch weiter vom Dorfbeginn entfernt, als ich angenommen hatte. So mußte ich die lange Strecke zurücklaufen.
Längst hatte ich das Feuer im Dorf gesehen. Einen nur schwachen Widerschein, der gegen den düsteren Himmel fuhr, wobei ich aber nicht wußte, was wirklich geschehen war und dort brannte. Dann hörte ich den Schrei.
Obwohl ich das Dorf noch nicht erreicht hatte, hallte er mir entgegen. Ein furchtbares Geräusch. So markerschütternd brüllte nur ein Mensch in Todesangst, ich zitterte innerlich, blieb keuchend stehen, lief weiter und merkte auch, daß mir die Beine allmählich schwerer wurden. Natürlich durfte ich alles, nur eines nicht — aufgeben!
Das tat ich auch nicht.
Minuten später aber konnte ich in das Dorf schauen, sah auch den Marktplatz, damit das brennende Kreuz und auch den menschlichen Umriß, der vor ihm in die Höhe schoß.
Ich begriff die Zusammenhänge nicht, sah dann die Flamme in der Luft und bekam mit, wie der Mensch verbrannte.
Nun wußte ich genau, welches Grauen mich in diesem Ort erwartete. Und ich war ganz allein. Kein Suko, kein Bill Conolly, auch nicht Myxin oder Kara, die mich unterstützten. Wie Vorjahren, als ich mit meiner Arbeit begann, so kam ich mir diesmal vor.
Und die Templer hielten den Ort besetzt. Ich sah sie, wie sie an den in der Nähe liegenden Häusern entlangritten und mit ihren Schwertern gegen Mauern und Fenster schlugen.
Wenn die Scheiben zerbrachen, schwang das Klirren über den Platz. Anders war es bei den Mauern. Das Gestein hielt den Schlägen stand, es gab nur Kratzer oder lange Kerben.
Doch die Menschen waren erschreckt worden. Sie hatten sich bisher in den Häusern verborgen gehalten, das nutzte ihnen nichts mehr, denn die Templer schlugen auch die Türen ein. Wenn die Verhältnisse es zuließen, ritten sie sogar in die Flure der Häuser, jagten deren Bewohner und schleiften sie hervor, wenn sie sie zu fassen bekamen. Ich hörte die Schreie der Verzweifelten, war aber noch zu weit entfernt, um helfen zu können.
Verdammt verloren kam ich mir vor. Daß der Fall eine solche Wendung nehmen würde, damit hätte ich nie gerechnet. Begonnen hatte er in Jerusalem, ich hatte gedacht, mehr über Hector de Valois zu erfahren, das war mir nicht gelungen, statt dessen sah ich mich gezwungen, seine Feinde zu stoppen.
Wären nicht die Straßenlaternen gewesen, ich wäre mir vorgekommen wie im Mittelalter, denn auch hier wurden die Menschen, wie es damals die Landsknechte taten, aus den Häusern hinaus auf die Straßen und Plätze getrieben.
Die Häscher gingen gnadenlos und brutal vor, aber sie töteten noch
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