Das Erdportal Band 1-4 Spirits vom Licht (Das Erdportal - Die Portalwelten) (German Edition)
auf die normale Hebammentätigkeit, wie es in diesen Zeiten einer züchtigen Frau geziemt, zu beschränken. Denn in diesen Zeiten wird das Gute als Böses ausgelegt und die Bösen werden die Guten sein.“
„Er hat es also vorausgesehen“, sagte Roland von Baumgarten
„Was“
„Was hattest du mit Gesine Müller zu tun“
Sie überlegte.
„Eine unsympathische Frau, eine richtige alte Hexe.“ Sie dachte kurz nach. „Sie wollte mich als Hebamme für ihre Tochter, die schon zwei Totgeburten hinter sich hat. Ich musste ablehnen, da ich Komplikationen erwartete und andere Verpflichtungen hatte und empfahl ihr, zu einem Arzt zu gehen.“
„Du warst also gar nicht bei ihr“
„Nein, wie gesagt wollte ich Gandos Rat beherzigen, der meinte, meine Heilkünste könnten mir als Böse Künste ausgelegt werden. Und ich fürchtete, dass ich diesmal auch nicht helfen konnte.“
„Das war zwar richtig gedacht, hat dir aber auch nicht viel geholfen .“
„Warum .“
„Sie beschuldigt dich, das Ungeborene verhext zu haben, so dass es tot zur Welt kam.“
„Sie war mir von Anfang an suspekt, wie sie hier hereinkam, auf so eine seltsame lüsterne Art. Habe ich mich also nicht getäuscht! Ich habe abgelehnt, weil ich sofort merkte, was für eine bigotte, hinterhältige Person sie war. Und ich fürchtete, dass ich für ihre Tochter, die schon zwei Totgeburten durchmachen musste, auch nichts hätte tun können.“
„Was hast du genau zu ihr gesagt.“
Sie überlegte kurz.
„Sinnbildlich, dass sie sich an einen Arzt wenden sollte. Denn, wenn ihre Tochter schon zwei Totgeburten hatte, könne mein Wissen als Hebamme nicht ausreichen.“
Er seufzte. „Du hast alles richtig gemacht und trotzdem behauptet sie nun, heute vor dem Rat, dass du ihre Tochter verhext hast. Außerdem hätte sie dich auf einem Besen reitend durch die Luft fliegen sehen.“
Das war eine schlimme Anschuldigung, selbst für eine so angesehene Bürgerin, wie Mathilde von Baumgarten es war, Tochter einer alteingesessenen Patrizierfamilie Kölns, deren Wurzeln bis tief ins 10. Jahrhundert zurückreichten.
„Du hast es nicht nötig, als Hebamme zu arbeiten“, sagte er vorwurfsvoll. „Du hast es nicht nötig, Kranke zu heilen, die außerhalb unserer Familie stehen. Ich habe dir immer geraten, dich von dem gemeinen Volk fernzuhalten. Und hättest du der Tochter geholfen…“
„ ..was mir vielleicht nicht gelungen wäre. Ich hatte daran berechtigte Zweifel.“
“Dann wäre es vielleicht aufs Gleiche hinausgegangen. Dass sie dich der Hexerei beschuldigt.“
„Sobald ich ihr meine Dienste in Rechnung gestellt hätte und sie nach einem Grund suchte, diese nicht zu bezahlen. In was für einer Zeit leben wir?“
„All diese Gerüchte, diese Gräuel der Inquisition, und wenn nur die Hälfte davon wahr wäre, so wäre dies schlimm genug.“
„Warte, ich zeige dir den Brief von Gandos.“
Er folgte ihr in das Kräuterzimmer, wo sie aus einer Kommode einen Brief entnahm. Sie entfaltete ihn, und das Blatt war weiß. Zielstrebig nahm sie eine kleine Karaffe von einem Regal, öffnete den Verschluss und ließ etwas Flüssigkeit in eine kleine Schüssel laufen. Dann befeuchtete sie eine Gänse-Feder und verteilte die Flüssigkeit sorgfältig. Sie fächelte noch etwas, um den Trocknungsprozess zu beschleunigen und sobald die Schrift sichtbar war, reichte sie ihrem Bruder den Brief.
Dabei sagte sie: „Gandos schreibt mit einer unsichtbaren Bleizuckerlösung. Die kann man mit einer einfachen Methode, einer Schwefelleberlösung, sichtbar machen.“
„Und was ist eine Schwefelleberlösung. Die Leber von was, liebste Schwester?“
„Statt Schwefelleber kannst du auch Hepar sulfuris sagen. Das ist ein Stoffgemisch aus Kaliumsulfid, Kaliumpolysulfiden, Kaliumthiosulfat und Kaliumsulfat. Es entsteht durch das Zusammenschmelzen von Pottasche und Schwefel unter Luftabschluß bei 250 Grad Celsius.“
Dass Gandos Dinge wusste, die jenseits seiner eigenen Vorstellungskraft waren, daran hatte sich der Ratsherr Roland von Baumgarten schon gewöhnt. Was ihn aber immer noch erstaunte war, dass seine Schwester diese komplizierten Sachverhalte auch beh alten und anwenden konnte.
„Ja, ja, der Herr Gandos ist ein gebildeter Mann .“ Er nahm das Blatt in die Hand und las.
„Die Zeiten sind schlecht. In Frankfurt wurden diesen Monat vier Hexen verbrannt. Alles unschuldige Frauen, die Neid und Missgunst ihrer Nachbarn oder der Zunftskollegen ihrer Männer
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