Das erste Mal und immer wieder
jetzt ständig in Gedanken unser neues, gemeinsames Leben zusammen. Die Zeit bis zu seinem nächsten Besuch tröpfelte langsam dahin, und die Schwierigkeiten, meinen Job auszuführen, ließen mich nicht zur Ruhe kommen. Mein letzter Besucher kam an einem Freitagmorgen.
Bald würde ich Josch wieder am Flughafen abholen und war schon die Tage vorher völlig verträumt deswegen. Die »Sex-Session« endete ungewollt heftig und emotional. Es war ein totales Fiasko, ich hatte überhaupt keine Lust mehr, für andere sexuell da zu sein, dachte nur noch an die Zärtlichkeit von Josch und unser gemeinsames zukünftiges Leben. Nach einem offenen Gespräch mit meinem Kunden, den ich schon oft »bedient« hatte, zeigte dieser sich verständnisvoll, freute sich fast für mich. Mir war klar, dass ich sofort handeln musste. Aus Erfahrung wusste ich, dass selbst die größte Liebe an meiner Arbeit zerbrechen konnte. Obwohl Josch mir gesagt hatte, dass er es als »meine Sache« ansehen würde, traute ich der Aussage nicht.
Ich dachte an Christopher, er war jetzt fast schon erwachsen. Bald würde er eine Freundin haben und kaum noch zu Hause sein. Er ging mittlerweile in die zehnte Klasse des Gymnasiums und war mein ganzer Stolz. Eine neue Beziehung für mich erhoffte er sich schon lange, er wusste langsam, womit ich mein Geld verdiente. Ich wägte tage- und wochenlang das eine gegen das andere ab. Rief mir Fähigkeiten in den Sinn, die ich mir früher angeeignet hatte, und nach einigem Hin und Her beschloss ich, schließlich mein Leben ein letztes Mal zu ändern.
Ich entschied mich für Josch, glaubte an unsere Zukunft und ging auf Jobsuche. Josch würde Augen machen, wenn er davon erfuhr. Ausgerechnet diesmal verschob Josch seinen Besuch um zwei Wochen. Seine Frau war erkrankt, und er wollte sie nicht alleine lassen. Der neue Termin verschob sich dann wieder, wegen des lang versprochenen Urlaubes mit seinem Sohn.
Ich war überzeugt davon, dass er innerliche Abwehr gegen meine Vergangenheit aufgebaut hatte und suchte jetzt fast panisch nach einer soliden Arbeit. Dank eines Freundes wurde ich fündig. Ich erhielt eine gut bezahlte Stellung in einem Büro der Medienbranche. War glücklich, hatte mein Leben gewendet und fühlte mich endlich »angekommen«. Das Ende der Straße war erreicht.
Aber Josch ist letztendlich bei seiner Frau geblieben. Er ist nie mehr gekommen!
Ich rauche die letzte von unzähligen Zigaretten, seitdem ich begonnen habe, alles niederzuschreiben.
Ich überfliege die letzten Zeilen – mein Pakt mit dem Leben war einfach: Alles aufgeschrieben, kann ich es verpacken und verschnüren. Dadurch vielleicht verbannen.
In Joschs Koffer war nicht immer nur mein Lieblingsparfüm.
Auch seine Liebe und Achtung hatte er mir eingepackt. Geborgenheit und Zuversicht passten zwischen Handtüchern und Kosmetika in seine Tasche. Unser gemeinsames Leben hätte für immer sein können. Daran glaubte ich. Mehr noch. Ich glaubte an ihn! Und dadurch auch wieder an mich.
Ändern kann ich nichts mehr, auch mich nicht. Aber stolz auf mich bleiben. Weiterleben, weiterträumen und weiterhoffen.
So lange, bis die »wahre große Liebe« mich vielleicht doch noch findet. Wer weiß, ob sie nicht schon auf dem Weg zu mir ist?
ENDE
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