Das Feuer des Daemons
gekommen, und die Kraft war auf Grace übergegangen.
Jetzt gab es nur noch Grace und die Kinder, und dabei war Grace erst dreiundzwanzig. Sie stand vor einer Situation, der sie nie allein hätte ausgesetzt sein sollen, und sie musste ihre Nichte und ihren Neffen ernähren – zwei kleine Kinder, für die sie alles tun würde. Verdammt, ja, sie stellte Anträge für Lebensmittelmarken. Sobald sie das Krankenhaus verlassen durfte, hatte sie Anträge für alles gestellt, zu dem sie berechtigt war.
Was die Frage anging, ob sie die Traditionen des Orakels fortführen wollte – diese Entscheidung stand auf Messers Schneide. Während ihrer Genesungszeit im Krankenhaus hatte sich Grace selbst das Versprechen gegeben, keine langfristigen Entscheidungen zu treffen oder Verpflichtungen zu übernehmen, die nicht mit Chloe und Max zu tun hatten. Alles andere würde sie aufgeben, wenn es nicht mehr ging.
Fürs Erste machte sie immer nur einen Schritt auf einmal, bewältigte einen Tag nach dem anderen. Sacht berührte sie Chloes zerzausten, glänzenden Hinterkopf.
Das Mädchen sah sie an und lächelte.
»Gracie, hatten wir Besuch, als ich geschlafen habe?«
»Ja, meine Kleine«, sagte Grace.
»Warum hast du mich nicht geweckt? Ich mag Besuch. Haben sie mich vermisst?«
»Das hätten sie bestimmt, wenn sie von dir gewusst hätten«, sagte Grace. »Aber es war Erwachsenenbesuch. Kein Chloe-Besuch.«
»Ich bin ein großes Mädchen«, schimpfte Chloe. »Ich bin schon sehr groß.«
»Das weiß ich«, sagte Grace. Sie entschied sich für zwei Dosen Mais und legte sie neben Chloes winzige Füße in den Wagen. »Ich kann kaum glauben, wie groß du geworden bist. Schon bald wirst du den Einkaufswagen schieben, und ich werde drinsitzen.« Chloe kicherte. »Aber es war Erwachsenenbesuch für das Orakel, kein Große-Mädchen-Besuch für Chloe. Deshalb ist Janice zu uns gekommen, um bei dir zu bleiben und dir Frühstück zu machen, solange ich weg war.«
Als Grace »Orakel« sagte, überschattete ein dunkler, wissender Blick Chloes Augen. Aber das konnte auch nur ein Produkt von Grace’ Erschöpfung sein. Chloe jedenfalls nickte nur, beugte sich über ihre Puppe und schwieg.
Grace legte zwei Dosen Thunfisch, einen Kanister Milch und ein Dutzend Eier in den Einkaufswagen. Einige Schritte weiter den Gang hinunter nahm sie einige Packungen von Max’ Säuglingsmilchnahrung mit. Auch Bananen mochte er, also ging sie zu den Frischwaren.
Super Saver
bot keine große Auswahl an frischem Obst und Gemüse an, aber die Bananen sahen ganz gut aus, und so legte sie ein paar in den Wagen.
»Können wir das Hündchen behalten?«, fragte Chloe.
Kurz hatte Grace Schwierigkeiten, die Worte zu verarbeiten, denn sie klangen so willkürlich und hatten nichts mit dem zu tun, was sonst um sie herum vorging. Aber so redeten Vierjährige nun mal, und kurz darauf begriff sie. »Welches Hündchen?«
»Es sagt, manchmal kann es eine Katze sein, wenn ich möchte.«
Grace schmunzelte. »Du willst ein Hündchen behalten, das eine Katze ist?«
»M-hmm!« Blonde Locken sprangen durch die Luft, als Chloe nickte. »Es mag mich.«
»Natürlich mag dich die Hündchen-Katze.« Grace ging um den Wagen herum, um Chloe einen Kuss auf die Stirn zu geben. Als Chloe sie erwartungsvoll ansah, erklärte Grace ihr: »Du bist wundervoll und liebenswert und reizend und sehr, sehr groß.«
Chloes Augen wurden groß und rund. »Das bin ich wirklich, oder?«
»Ja, das bist du. Und wenn wir je eine sprechende Hündchen-Katze auftreiben können, werde ich sie liebend gern behalten. Aber lass uns doch erst mal Joey und Rachel fragen, ob sie zum Spielen kommen wollen. Ich werde Apfelsafteis am Stiel machen. Magst du das?«
»M-hmm.«
»Okay, Süße.« Sie hielt inne, um ein Stück Papier aus ihrer Handtasche zu kramen und eine Notiz daraufzukritzeln. Joey und Rachel waren die Kinder von Petras Freundin Katherine. Nach Petras und Nikos Tod war Katherine eine unglaubliche Hilfe gewesen, und Grace war ihr noch mindestens sechs Monate regelmäßiger Verabredungen zum Spielen schuldig, aber wenn sie es nicht aufschrieb, vergaß sie immer wieder, Katherine anzurufen.
Ihr Bein schmerzte so schlimm wie noch nie, und als sie mit den Kindern und den Lebensmitteln zu ihrem ramponierten Auto zurückkam, humpelte Grace stark.
Statt sich von dem Geld, das sie nach dem Autounfall von der Versicherung bekommen hatte, einen neuen Wagen zu kaufen, hatte Grace ihren alten 1999er-Honda
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