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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Diskretion zu ermahnen. Ich sah ihn stirnrunzelnd an; er dachte doch wohl nicht, dass ich unabsichtlich jemanden verraten würde? Er schenkte mir ein schwaches Lächeln und einen jener ärgerlichen ehelichen Blicke, die deutlicher als Worte sagten: Du kennst dich doch, Sassenach. Jeder, der dein Gesicht sieht, weiß sofort, was du denkst.
    Ich schob mich ein wenig näher heran und trat ihm diskret gegen den Knöchel. Möglich, dass ich ein Gesicht aus Glas hatte, doch in einer Menge wie dieser würde es wohl kaum Kommentare provozieren! Er zuckte nicht einmal, doch sein Lächeln wurde etwas breiter. Er ließ einen Arm in meinen Umhang gleiten und zog mich enger an sich, die Hand auf meinem Rücken.
    Hobson, MacLennan und Fowles standen direkt vor uns und unterhielten sich leise. Sie kamen alle drei aus einer winzigen Siedlung namens Drunkard’s Creek, etwa fünfzehn Meilen von Fraser’s Ridge entfernt. Hugh Fowles war Joe Hobsons Schwiegersohn. Er war noch sehr jung, kaum älter als zwanzig. Er tat sein Bestes, um die Fassung zu wahren, doch sein Gesicht war weiß und starr geworden, als die Proklamation verlesen wurde.
    Ich wusste nicht, was Tryon den Leuten anzutun gedachte, denen man
nachweisen konnte, dass sie daran beteiligt gewesen waren, doch ich konnte spüren, wie die Strömungen der Unruhe, die die Proklamation des Gouverneurs hervorgerufen hatte, durch die Menge liefen wie das Wasser, das nebenan im Bach über die Steine wirbelte.
    In Hillsborough waren mehrere Gebäude zerstört worden, und mehrere öffentliche Würdenträger waren auf die Straße gezerrt und misshandelt worden; dem Gerücht nach hatte einer der ironischerweise so genannten Friedensrichter durch einen kräftigen Hieb mit einer Reitpeitsche ein Auge verloren. Der Oberste Richter Henderson hatte sich diese Demonstration zivilen Ungehorsams so zu Herzen genommen, dass er aus dem Fenster gesprungen und aus der Stadt geflohen war, womit er die Gerichtssitzung erfolgreich verhindert hatte. Der Gouverneur war eindeutig sehr verärgert über das, was sich vor sechs Wochen in Hillsborough ereignet hatte.
    Joe Hobson sah sich nach Jamie um, dann wandte er sich ab. Leutnant Hayes’ Anwesenheit an unserem Feuer war gestern Abend nicht unbemerkt geblieben.
    Falls Jamie seinen Blick sah, so erwiderte er ihn nicht. Er zog eine Schulter zu einem Achselzucken hoch, dann neigte er den Kopf, um mir zu antworten.
    »Nein, ich glaube nicht, dass Hayes erwartet, dass sich jemand ergibt. Es mag ja seine Pflicht sein, um Informationen zu bitten; ich danke Gott, dass es nicht die meine ist, seiner Bitte zu entsprechen.« Er hatte nicht laut gesprochen, aber so laut, dass seine Worte Joe Hobson erreichten.
    Hobson wandte den Kopf und nickte Jamie sarkastisch zu, um anzuzeigen, dass er ihn gehört hatte. Er berührte den Arm seines Schwiegersohns, und sie drehten sich um und kletterten zu den oben verstreuten Lagerstätten hinauf, wo ihre Frauen sich um die Feuer und die kleineren Kinder kümmerten.
    Es war der letzte Tag des gatherings ; heute Nachmittag würden die Eheschließungen und Taufen stattfinden, die offizielle Segnung der Liebe und ihrer ungezügelten Früchte, die im Laufe des vergangenen Jahres den Lenden der kirchenlosen Masse entsprungen waren. Am Abend würden die letzten Lieder gesungen und die letzten Geschichten erzählt werden, und man würde zwischen den züngelnden Flammen der zahlreichen Feuer tanzen - ob es regnete oder nicht. Am Morgen würden die Schotten und ihre Familien in ihre Ansiedlungen zurückkehren, die von den dicht besiedelten Ufern des Cape Fear River bis weit in die wilden Berge des Westens verstreut lagen - und sie würden die Nachricht von der Proklamation des Gouverneurs und den Ereignissen von Hillsborough mitnehmen.
    Ich wackelte in meinen feuchten Schuhen mit den Zehen und fragte mich beklommen, wer es hier wohl für seine Pflicht halten mochte, Hayes’ Einladung zu einem Geständnis oder zu einer Anschuldigung zu folgen. Jamie nicht, nein. Aber andere vielleicht. Während des einwöchigen gathering hatte es viele Angebereien über den Aufruhr von Hillsborough gegeben,
doch waren längst nicht alle Zuhörer geneigt, die Aufrührer als Helden zu betrachten.
    Ich konnte das Gemurmel der Unterhaltungen, das nach der Proklamation ausbrach, genauso gut spüren wie hören; Köpfe wandten sich, Familien sammelten sich dichter umeinander, Männer bewegten sich von Gruppe zu Gruppe, und der Inhalt von Hayes’ Ansprache

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