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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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um dieser Angst zu entgehen, einen nussgroßen Diamanten? An Luv den Hauptbaum, den Besan, das Vorbram, was willst du noch mehr, verdammter Hurensohn, there blows!
    Ich fletsche grässlich das Gehege der Zähne, indes eine Todesblässe mein wächsernes Antlitz mit grünlichen Flammen entzündet.
    Wie bin ich hierhergekommen, ich, der ich als das Inbild der Rache erscheine? Grinsen werden die Geister der Hölle, verächtlich grinsen über die Tränen des Wesens, dessen drohende Stimme sie so oft erzittern ließ im tiefsten Schlund ihres feurigen Abgrunds.
    Wohlan, eine Fackel.
    Wie viele Stufen bin ich hinabgestiegen in diesen Keller? Sieben? Sechsunddreißig? Da ist kein Stein, den ich berührt, kein Schritt, den ich getan habe, der nicht eine Hieroglyphe verbärge. Wenn ich sie aufgedeckt haben werde, wird meinen Getreuen endlich das Große Geheimnis offenbart. Dann bleibt ihnen nur noch, es zu entziffern, und seine Lösung wird sein der Schlüssel, hinter dem sich die Botschaft verbirgt, die dem Eingeweihten, und nur ihm allein, in klaren Worten sagen wird, welcher Art das Rätsel ist.
    Vom Rätsel zur Dechiffrierung ist der Weg kurz, und herauskommen wird in gleitender Pracht das Hierogramm, um das Gebet der Befragung zu läutern. Dann wird keinem mehr unbekannt sein können das Arkanum, der Schleier, der ägyptische Teppich, der das Pentaculum bedeckt. Und von da geht es weiter zum Licht, den Okkulten Sinn des Pentaculums zu erklären, die Kabbalistische Frage, auf die nur wenige antworten werden, um mit Donnerstimme zu sagen, welches das Unergründliche Zeichen sei. Über dieses gebeugt, werden Sechsunddreißig Unsichtbare die Antwort geben müssen, die Aus-Sage der Großen Rune, deren Sinn sich nur den Kindern des Hermes erschließt, und ihnen allein sei das Höhnische Siegel gegeben, die Maske, hinter der sich das Antlitz abzeichnet, das sie bloßzulegen versuchen, der Mystische Rebus, das Erhabene Anagramm...
    — Sator Arepo! rufe ich mit einer Stimme, die ein Gespenst erzittern ließe. Und ablassend von dem Rad, das er hält mit dem schlauen Werk seiner Mörderhände, erscheint Sator Arepo, bereit für meine Befehle. Ich erkenne ihn, ich hatte bereits geargwöhnt, daß er es sei. Es ist Luciano, der kriegsversehrte Packer, den die Unbekannten Oberen zum Exekutor meines infamen und blutigen Auftrags ausersehen haben.
    — Sator Arepo, frage ich höhnisch, weißt du, welches die letzte Antwort ist, die sich hinter dem Erhabenen Anagramm verbirgt?
    — Nein, Graf, antwortet der Unbesonnene, ich erwarte sie aus deinem Munde.
    Ein Höllengelächter steigt von meinen bleichen Lippen empor und bricht sich hallend unter den alten Gewölben.
    — Narr! Nur der wahre Initiierte weiß, daß er die Antwort nicht weiß.
    — Jawoll, Chef, antwortet der Packer stumpf, ganz wie Sie wollen. Stehe zu Diensten.
    Wir befinden uns in einem finsteren Keller in Clignancourt. Heute Nacht muß ich dich bestrafen, dich vor allem, die du mich eingeweiht hast in die noble Kunst des Verbrechens. Dich, die du vorgibst, mich zu lieben, und schlimmer noch, es sogar glaubst, und die namenlosen Feinde, mit denen du das nächste Weekend verbringen wirst. Luciano, der ungelegene Zeuge meiner Demütigungen, wird mir seinen Arm dazu leihen — den einzigen, den er noch hat — und dann selbst daran sterben.
    Der Keller hat eine Luke im Boden, die zu einem Schacht führt, einer Art Brunnenloch oder Verlies, das seit unvordenklichen Zeiten als Versteck für Schmuggelware benutzt wird. Der Schacht ist beunruhigend feucht, da unmittelbar den Pariser Kloaken benachbart, dem Labyrinth des Verbrechens, und das alte Gemäuer schwitzt unsägliche Miasmen aus, so daß es genügt, mit Hilfe Lucianos, des Treuesten im Bösen, ein Loch in die Wand zu schlagen, und das Wasser bricht in Strömen herein, überschwemmt das Kellergeschoss, lässt die brüchigen Mauern zerfallen und den Schacht einswerden mit dem Rest der Kanäle, schon schwimmen da unten verwesende Ratten, die schwärzlich schimmernde Fläche, die man vom Rande des Schachtes aus sieht, ist nurmehr der Vorhof zur nächtlichen Verdammnis — fern, fern die Seine, dann das Meer...
    Eine Strickleiter hängt in den Schacht hinab, und auf ihr geht Luciano jetzt unten, dicht über dem Wasserspiegel, in Stellung, bewehrt mit einem Messer: eine Hand um die erste Sprosse geklammert, die andere um den Messergriff, die dritte bereit, das Opfer zu packen. — Jetzt warte, und rühr dich nicht, sage ich zu

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