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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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hier versammeln. Wir hätten uns bereits in der Nacht des 23. Juni 1945 hier versammeln müssen, und vielleicht waren damals einige von euch noch nicht geboren — zumindest nicht in der gegenwärtigen Form, meine ich. Heute sind wir nun hier zusammengekommen, weil wir nach sechshundert Jahren schmerzlichsten Irrens endlich einen gefunden haben, der weiß. Woher er sein Wissen hat — und wie es kommt, dass er mehr weiß als wir —, ist ein beunruhigendes Geheimnis. Aber ich vertraue darauf, dass unter uns derjenige ist — und nicht wahr, du durftest nicht fehlen, mein Freund, der du schon einmal zu neugierig warst —, derjenige, sagte ich, der es uns sagen kann. Ardenti!«
    Der Oberst Ardenti — zweifellos er, noch immer schwarzhaarig, wenn auch vergreist — drängte sich durch die Menge und trat vor das, was sich anschickte, sein Tribunal zu werden, auf Distanz gehalten durch das Pendel, das durch sein Schwingen einen unbetretbaren Raum abgrenzte.
    »Wir haben uns lange nicht mehr gesehen, Bruder«, sagte Agliè lächelnd. »Ich wusste, als ich die Nachricht verbreitete, dass du nicht würdest widerstehen können. Also? Du weißt, was der Gefangene gesagt hat, und er sagt, er habe es von dir erfahren. Mithin hast du gewusst und hast geschwiegen.«
    »Graf«, sagte Ardenti, »der Gefangene lügt. Ich schäme mich, es zu gestehen, aber die Ehre geht vor. Die Geschichte, die ich ihm anvertraut habe, ist nicht diejenige, von der die Mystischen Legaten gesprochen haben. Die Interpretation der Botschaft — jawohl, es ist wahr, ich hatte die Hände auf eine Botschaft gelegt, und ich hatte es Euch nicht verheimlicht, damals vor Jahren in Mailand —, die Interpretation der Botschaft ist eine andere... Ich wäre nicht in der Lage gewesen, sie so zu lesen, wie der Gefangene sie gelesen hat, deswegen suchte ich damals Hilfe. Und ich muß sagen, ich bin nicht gerade auf Ermunterung gestoßen, nur auf Misstrauen, Herausforderungen und Drohungen... « Vielleicht wollte er noch etwas anderes sagen, aber indem er Agliè anstarrte, starrte er auch das Pendel an, das zwischen ihnen schwang und wie ein Zauber auf ihn wirkte. Hypnotisiert sank er auf die Knie und stammelte nur: »Vergeht mir, denn ich weiß nichts.«
    »Dir sei vergeben, denn du weißt, dass du nichts weißt«, sagte Agliè. »Geh. Doch somit, Brüder, weiß der Gefangene zu viele Dinge, die keiner von uns gewusst hat. Er weiß sogar, wer wir sind, und wir haben es von ihm erfahren. Wir müssen uns sputen, bald wird es hell werden. Während ihr hier in Meditation verharrt, werde ich mich jetzt noch einmal mit ihm zurückziehen, um ihm die Enthüllung zu entreißen.«
    »Ah non, Monsieur le Comte!« Pierre war in den Halbkreis getreten, mit geweiteten Pupillen. »Zwei Tage habt Ihr gesprochen mit ihm tête-à-tête, ohne uns zu prävenieren, und er nix gesehen, nix gesagt, nix gehört, wie die drei kleine Äffchen. Was wollt Ihr ihn jetzt noch fragen, diese Nacht? Non, ici, hier vor uns allen!«
    »Beruhigen Sie sich, lieber Pierre. Ich habe heute Abend diejenige herbringen lassen, die ich für die exquisiteste Inkarnation der Sophia halte, das mystische Band zwischen der Welt des Irrtums und der Höheren Achtheit. Fragen Sie mich nicht, wie und warum, aber vor dieser Mittlerin wird der Gefangene sprechen. Sag ihnen, wer du bist, Sophia.«
    Und Lorenza, wie schlafwandelnd, die Worte mühsam hervorstoßend und fast skandierend: »Ich bin... die Heilige und die Hure.«
    »Ah, ça c'est bien«, lachte Pierre auf. »Wir haben hier die Creme de l'Initiation und greifen zurück auf la Pute! Nein, der Mann her, sofort, hierher vor das Pendel!«
    »Seien wir doch nicht kindisch«, sagte Agliè. »Gebt mir eine Stunde Zeit. Wieso glaubt Ihr, er werde hier sprechen, vor dem Pendel?«
    »Er wird sprechen, indem er verblutet. Le sacrifice humain!« schrie Pierre in das Kirchenschiff.
    Und laut tönte es zurück »Le sacrifice humain!«
    Da trat Salon vor: »Graf, Kindereien beiseite, der Bruder hat recht. Wir sind keine Polizisten... «
    »Gerade Sie dürften das nicht sagen«, murmelte Agliè.
    »Wir sind keine Polizisten, und wir halten es nicht für unserer würdig, mit den gewöhnlichen Verhörmethoden vorzugehen. Aber ich glaube auch nicht, dass man den Kräften des Untergrundes mit Menschenopfern beikommt. Hätten sie uns ein Zeichen geben wollen, sie hätten es längst getan. Außer dem Gefangenen wusste noch ein anderer Bescheid, aber der ist verschwunden. Eh bien,

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