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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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mich. Meine Herren, ein Mann der Tat, durchglüht von einer Passion wie der meinen, darf sich nicht allzu viel Skrupel machen angesichts der Misere eines ohnehin vom Schicksal geschlagenen Wesens.«
    »Rechtfertigen Sie sich nicht«, sagte Belbo. »Sie haben es getan. Jetzt reden Sie.«
    »Jetzt zeige ich Ihnen den Text. Sie werden mir gestatten, Ihnen eine Fotokopie vorzulegen. Nicht aus Misstrauen. Nur um das Original nicht der Abnutzung auszusetzen.«
    »Aber es war doch nicht das Original«, sagte ich. »Es war doch Ingolfs Kopie eines angeblichen Originals.«
    »Junger Mann, wenn das Original nicht mehr existiert, ist die letzte Kopie das Original.«
    »Aber Ingolf könnte doch falsch abgeschrieben haben.«
    »Sie wissen nicht, ob es so ist. Ich aber weiß, dass Ingolfs Abschrift die Wahrheit sagt, denn ich sehe nicht, wie die Wahrheit anders sein könnte. Ergo ist Ingolfs Kopie das Original. Sind wir uns darüber einig, oder wollen wir hier intellektuelle Spielchen anfangen?«
    »Die hasse ich«, sagte Belbo. »Also zeigen Sie uns Ihre originale Kopie.«

19
    Seit Beaujeu hat der Orden nie einen Augenblick aufgehört zu bestehen, und seit Aumont kennen wir eine ununterbrochene Folge der Großmeister des Ordens bis auf unsere Tage, und wenn der Name und die Residenz ebenso wie der Rang des wahren Großmeisters und der wahren Oberen, die den Orden regieren und die erhabenen Werke leiten, heute ein Geheimnis ist, welches, nur den wahrhaft Erleuchteten bekannt, in undurchdringlichem Dunkel bewahrt wird, so weil die Stunde des Ordens noch nicht gekommen und die Zeit noch nicht erfüllt ist ...
    Handschrift um 1760, in G. A. Schiffmann, Die Entstehung der Rittergrade in der Freimaurerei um die Mitte des 18. Jahrhunderts, Leipzig, Zechel, 1882, p. 178-190
     
    Es war unser erster Kontakt mit dem Plan. An jenem Tag vor über zwölf Jahren hätte ich auch woanders sein können. Wäre ich an jenem Tag damals nicht in Belbos Büro gewesen, dann wäre ich jetzt ... Ja was? Sesamsamenverkäufer in Samarkand? Herausgeber einer Taschenbuchreihe in Blindenschrift? Direktor der First National Bank in Franz-Joseph-Land? Die sogenannten »kontrafaktischen« Konditionalsätze sind immer wahr, weil die Prämisse falsch ist. Doch an jenem Tag war ich in Belbos Büro, und deswegen bin ich nun da, wo ich bin.
    Mit theatralischer Geste hatte der Oberst uns das Blatt präsentiert. Ich habe es noch hier zwischen meinen Papieren, in einer Klarsichtfolie, noch grauer und verblasster, als es schon damals war, bei dem schlechten Xeroxpapier jener Jahre. In Wirklichkeit waren es zwei Texte, ein dicht gedrängter, der die obere Hälfte der Seite bedeckte, und ein lückenhafter in verstümmelten Zeilen.
    Der erste Text war eine Art dämonischer Litanei, wie eine Parodie auf altsemitische Sprachen:
    Kuabris Defrabax Rexulon Ukkazaal Ukzaab Urpaefel Taculbain Habrak Hacoruin Maquafel Tebrain Hmcatuin Rokasor Himesor Argaabil,Kaquaan Docrabax Reisaz Reisabrax Decaiquan Oiquaquil Zaitabor Quaxaop Dugraq Xaelobran Disaeda Magisuan Raitak Huidal Uscolda Arabaom Zipreus Mecrim Cosmae Duquifas Rocarbis
    »Nicht sehr klar«, bemerkte Belbo.
    »Nein, nicht wahr?«, sagte der Oberst maliziös. »Und ich hätte mein Leben lang vergeblich darüber gebrütet, wenn ich nicht eines Tages zufällig an einem Bouquinistenstand ein Buch über Trithemius gefunden hätte und wenn mein Blick, als ich zerstreut darin blätterte, nicht zufällig auf eine chiffrierte Botschaft gefallen wäre: ›Pamersiel Oshurmy Delmuson Thafloyn...‹ Ich hatte eine Spur gefunden, und die wollte ich nun bis ans Ende verfolgen. Trithemius war für mich ein Unbekannter, aber in Paris fand ich eine Ausgabe seiner Steganografie, boc est ars per occultam scripturam animi sui voluntatem absentibus aperiendi certa, Frankfurt 1606. Die Kunst, durch okkulte Schriften die eigene Seele den Abwesenden zu öffnen. Faszinierender Kerl, dieser Trithemius. Benediktinerabt in Spannheim, auf der Wende vom fünfzehnten zum sechzehnten Jahrhundert, ein Gelehrter, der Hebräisch und Chaldäisch konnte, dazu orientalische Sprachen wie das Tatarische; stand in Verbindung mit Theologen, Kabbalisten, Alchimisten, sicher mit dem großen Cornelius Agrippa von Nettesheim und vielleicht auch mit Paracelsus ... Er tarnt seine Enthüllungen über Geheimschriften mit nekromantischen Possen, sagt zum Beispiel, man müsse chiffrierte Botschaften absenden von der Sorte, die Sie vor Augen haben, und der Empfänger

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