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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Nur mit Handschriften? Man weiß nicht genau, was passiert, aber in den folgenden Jahren wird er unendlich reich, wirft mit vollen Händen um sich, lebt in Saus und Braus, kommt vor ein Kirchengericht ... Und wenn nun einem jener Dragoner oder beiden etwas Ähnliches passiert wäre? Ingolf steigt als erster hinunter, findet ein kostbares Objekt in handlichen Dimensionen, versteckt es unter der Jacke, steigt wieder hinauf und sagt den zwei anderen nichts ... Kurzum, ich bin ein Dickkopf, und wäre ich keiner, ich hätte ein anderes Leben geführt.« Der Oberst fuhr sich mit einem Finger über die Narbe. Dann hob er die Hände an die Schläfen und ließ sie rechts und links bis in den Nacken gleiten, um sich des ordnungsgemäßen Zustandes seiner Frisur zu versichern.
    »Nun, ich fahre also nach Paris, gehe zur Post und suche alle Telefonbücher Frankreichs nach einer Familie Ingolf durch. Ich finde nur eine, in Auxerre, und schreibe, ich sei ein Privatgelehrter, der sich für archäologische Dinge interessiere. Zwei Wochen später erhalte ich Antwort von einer alten Wäscherin: sie sei die Tochter jenes Ingolf und würde gern wissen, warum ich mich für ihn interessierte, ja ob ich um Gottes willen womöglich etwas von ihm wüsste ... Ich sagte ja, dass da ein Geheimnis lag. Ich eilte sofort nach Auxerre, das Fräulein Ingolf lebt in einem ganz mit Efeu zugewachsenen Häuschen mit einem hölzernen Gartentürchen, das nur mit einem Bindfaden und einem Nagel verschlossen ist. Ein bejahrtes Fräulein, reinlich und nett, nicht sehr gebildet. Fragt mich gleich, was ich von ihrem Vater wisse, und ich sage ihr, ich wisse nur, dass er eines Tages in einen unterirdischen Raum in Provins hinabgestiegen sei und dass ich eine historische Studie über jene Gegend schriebe. Sie fällt aus allen Wolken, nie gehört, dass ihr Vater je in Provins gewesen war. Gewiss, er sei bei den Dragonern gewesen, aber er habe den Dienst schon anno 95 quittiert, noch vor ihrer Geburt. Er habe dann jenes Häuschen in Auxerre gekauft und drei Jahre später ein Mädchen aus dem Ort geheiratet, das ein paar Ersparnisse hatte. Die Mutter sei dann 1915 gestorben, als sie, die Kleine, erst fünf Jahre alt war. Was den Vater betreffe, der sei 1935 verschwunden. Ja, buchstäblich verschwunden. Er sei nach Paris gefahren, wie er es mindestens zweimal im Jahr gemacht habe, und seither habe sie nichts mehr von ihm gehört. Die lokale Gendarmerie habe nach Paris telegrafiert: nichts, in Luft aufgelöst. Vermutlich tot. Und so war unser Fräulein allein geblieben und hatte angefangen zu arbeiten, weil mit dem väterlichen Erbe nicht viel los war. Offenbar hatte sie keinen Mann gefunden, und aus den Seufzern zu schließen, die sie an dieser Stelle ausstieß, muss es da eine Geschichte gegeben haben, die einzige in ihrem Leben, und die endete offenbar schlecht. ›Und dann immer mit dieser Angst, Monsieur Ardenti, mit diesen andauernden Gewissensbissen, nichts über den armen Papa zu wissen, nicht mal wo sein Grab ist, wenn er überhaupt irgendwo eins hat!‹ Sie hatte Lust, über ihn zu sprechen: er sei so zärtlich gewesen, so ruhig, methodisch und so gebildet. Er habe die Tage oben in seinem kleinen Mansardenzimmer verbracht, mit Lesen und Schreiben. Sonst nur ein bisschen Gartenarbeit und ein paar Schwätzchen mit dem Apotheker — auch der längst gestorben. Ab und zu, wie gesagt, eine Reise nach Paris, in Geschäften, wie er sich ausgedrückt habe. Aber er sei jedes Mal mit einem Päckchen Bücher zurückgekommen. Das Zimmer sei noch ganz voll davon, ob ich's mal sehen wollte? Wir stiegen hinauf. Eine aufgeräumte und saubere Kammer, in der die gute Mademoiselle Ingolf immer noch einmal wöchentlich Staub wischte, sagte sie, der Mama könne sie ja wenigstens noch Blumen ans Grab bringen, aber für den Papa könne sie nur das tun. Alles sei noch so, wie er es verlassen habe, sie hätte ja gerne studiert, um all diese Bücher lesen zu können, aber es seien lauter Sachen in altfranzösisch, lateinisch, deutsch und sogar russisch, weil doch der Papa in Russland geboren war und dort die Kindheit verbracht hatte, er war der Sohn eines Beamten der französischen Botschaft gewesen. Die Bibliothek enthielt etwa hundert Bände, die meisten davon (und ich frohlockte) über den Templerprozess, zum Beispiel die Monumens historiques relatifs à la condamnation des Chevaliers du Temple von Raynouard, 1813, eine antiquarische Kostbarkeit. Viele Bände über

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