Das fremde Haus
können?
Danach hatte Jackie leichtes Spiel – sie hatte ihn genau da, wo sie ihn haben wollte. Sie konnte ihm helfen, mit den vier Morden davonzukommen, die er begangen hatte, aber nur, wenn er sich bereitfand, einen fünften zu begehen. Nur wenn er akzeptierte, dass ich sterben musste.
Jackie ließ einen Nachschlüssel für Nummer 11 machen, besichtigte mit ein paar potentiellen Käufern Selina Ganes Haus und erzählte einen Haufen Lügen über eine Frau, die Selina Ganes merkwürdiger Stalkerin sehr ähnlich sah und angeblich das Haus dem Makler übergeben hatte, indem sie sich für die Eigentümerin ausgab. Vielleicht unternahm sie auch noch mehr, um Selina zu vertreiben – vielleicht schüttete sie Lackentferner auf ihr Auto. Wie dem auch sei, ihr Plan ging auf: Nummer 11 sollte verkauft werden.
Aber warum das, was dann kam? Ich habe nicht die Energie, Kit danach zu fragen. Sie müssen alle Möbel aus dem Wohnzimmer von Nummer 12 geschafft haben, wo das Blut war, um stattdessen die Wohnzimmereinrichtung von Nummer 11 hineinzustellen. Ziemlich riskante Sache, wie leicht hätte jemand sie sehen können. Sie mussten schließlich die Möbel und Bilder auf die andere Straßenseite transportieren. Aber niemand sah sie – sonst wäre doch bestimmt jemand zur Polizei gegangen. Natürlich hat niemand sie gesehen. Der Bentley Grove gehört zu den Straßen, wo jedermann Wert darauf legt, die Nachbarn nicht zu beobachten – die Art Straße, in der sich jeder Stalker vollkommen wohlfühlt. Tagsüber ist niemand da außer einem sehr alten Mann, der den größten Teil des Tages verschläft.
Jackie hatte Zugang zu der richtigen Kamera und der Website des Maklerbüros. Sie legte sich in das Blut der Gilpatricks, und sie und Kit drehten eine alternative Version des virtuellen Rundgangs, um sie mir zu zeigen, damit ich zur Polizei gehen und über Blut und Mord reden sollte. Ich würde völlig hysterisch sein – und niemanden würde es wundern, wenn ich später einen Unfall erlitt, der möglicherweise Selbstmord war. Kit muss gefilmt haben. Sollte Selina Gane erfahren, dass jemand behauptete, in ihrem Haus sei ein Mord geschehen – in dem Haus, das sie sowieso unbedingt loswerden wollte –, damit sie mit dem Preis noch weiter heruntergehen würde?
Wann hätte ich wohl verunglücken sollen? Nicht bevor Kit und Jackie, die sich für mich ausgab, Bentley Grove 11 gekauft hatten. Die Polizei würde den Ablauf problemlos rekonstruieren können: Seit 2003, als sie das Haus gekauft hatten, an das ich mein Herz verloren hatte, war ich besessen von den Gilpatricks. Ich war so besessen von ihnen, dass ich Kit überredet hatte, Bentley Grove 11 zu kaufen, das Haus direkt gegenüber dem neuen Heim der Gilpatricks, damit ich sie besser ausspionieren konnte. Doch wie sich herausstellte, reichte mir das nicht – eines Tages drehte ich durch und brachte die ganze Familie um. Ich war so geistesgestört, dass ich zwei kleine Kinder umbrachte.
Sie hat die Polizei ständig mit irgendeiner erfundenen Geschichte über eine Leiche auf irgendeiner Website genervt – jeder wusste, dass das gelogen war. Es gab keinen Hinweis darauf, dass je Blut auf den Teppich gelangt war – die Polizei hat es überprüft.
Die Schuldgefühle haben sie in den Wahnsinn getrieben.
Man hat ihre DNA überall in Nummer 12 gefunden, wissen Sie. Überall an den Leichen.
»Was?«, sagt Kit, und ich fahre zusammen.
Habe ich laut gedacht?
»Ich habe es ihr leicht gemacht«, sage ich. »Jackie, meine ich. Es war gar nicht mehr nötig, dass sie sich für mich ausgab, damit ihr beide Bentley Grove 11 kaufen konntet – ich hatte selbst einen Finanzierungsplan ausgearbeitet.« Kälte kriecht mir in die Knochen, als ich erkenne, was das bedeutet. »Deshalb hast du sie umgebracht, oder? Sobald ich … Sobald wir das Haus gekauft hätten, wäre sie zur nächsten Phase übergegangen.«
Ich denke an das, was Kit vorhin gesagt hat: Ich habe sie umgebracht, um dich zu retten. Dadurch dass ich darauf bestand, Bentley Grove 11 zu kaufen, habe ich mein Exekutionsdatum vorverlegt. Und Jackies Todesurteil unterzeichnet.
»Weißt du, was mir durch den Kopf ging, als du angekündigt hast, du wolltest das Haus kaufen?«, sagt Kit. »Das kann nicht sein, unmöglich, dachte ich. Davon hat Jackie nie was erwähnt. Ziemlich erbärmlich, oder?«
»Niemand kann alles vorhersagen, nicht einmal Jackie.«
»Nein«, bestätigt er. Wenn ich uns so zuhöre, kann ich kaum glauben, dass wir
Weitere Kostenlose Bücher