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Das Geheimlabor

Das Geheimlabor

Titel: Das Geheimlabor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerritsen Tess
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Arm!“
    Cathy kletterte auf den Fahrersitz. Sie zögerte. Sie musste seinen verletzten Arm bewegen, griff nach seinem Ellbogen und versuchte, ihn unter der Handbremse hervorzuziehen, entdeckte jedoch, dass sich seine Armbanduhr in der Tasche seiner Windjacke verhakt hatte. Nachdem sie das Armband geöffnet hatte, zog sie seinen Arm über die Handbremse. Er reagierte mit einem schmerzlichen Stöhnen. Der Armglitt schlaff auf den Boden. Endlich hatten sie Victor auf eine Bahre gelegt, festgeschnallt und rollten ihn in das Gebäude.
    „Was ist passiert?“ rief der Arzt Cathy über seine Schulter zu.
    „Ich habe ihn angefahren ... auf der Straße ...“
    „Wann?“
    „Vor fünfzehn, zwanzig Minuten.“
    „Wie schnell sind Sie gefahren?“
    „Ungefähr sechzig Stundenkilometer.“
    „War er bei Bewusstsein, als Sie ihn fanden?“
    „Etwa zehn Minuten lang ... dann wurde er mehr oder weniger bewusstlos ...“
    Eine Schwester warf ein: „Das Hemd ist blutgetränkt. Er hat Glassplitter in der Schulter.“
    Während dieser wilden Jagd durch den Korridor unter den Leuchtstoffröhren sah Cathy zum ersten Mal Victor deutlich. Schmales Gesicht, lehmverschmiert, das Kinn kantig vor Schmerz, eine breite Stirn, auf der hellbraune Haare nass klebten. Er griff nach ihr, hielt ihre Hand fest.
    „Cathy ...“
    „Ich bin da, Victor.“
    Er weigerte sich, den Kontakt zu unterbrechen. Der Druck seiner Finger schmerzte beinahe. Er blinzelte durch den Schmerz, richtete seinen Blick auf ihr Gesicht. „Ich muss ... muss Ihnen sagen ...“
    „Später!“ sagte der Arzt knapp.
    „Nein, warten Sie!“ Victor versuchte, sie im Auge zu behalten. Schmerz verzerrte seine Gesichtszüge, während er sich bemühte zu sprechen.
    Cathy wurde von der Verzweiflung in seinem Blick angezogen und beugte sich über ihn. „Ja, Victor“, flüsterte sie, streichelte sein Haar und wollte seinen Schmerz mindern. „Was ist denn?“
    „Wir können nicht warten!“ erklärte der Arzt kurz angebunden. „Bringt ihn hinein!“
    Victors Hand wurde Cathy entrissen, als sie ihn in den Notfallraum rollten, einen Albtraum aus rostfreiem Stahl und blendend hellen Lichtern. Er wurde auf den Operationstisch gelegt.
    „Puls 110“, sagte eine Schwester. „Blutdruck fünfundachtzig zu fünfzig!“
    „Zwei Infusionen. Blutgruppe feststellen und kontrollieren und sechs Konserven bereitstellen. Und holt einen Chirurgen. Wir werden Hilfe brauchen ...“
    Die maschinengewehrartigen Stimmen, das metallische Klirren von Schränken und Infusionsständern und Instrumenten war ohrenbetäubend. Niemand schien Notiz von Cathy in der Tür zu nehmen, während sie mit der Faszination des Entsetzens zusah, wie eine Krankenschwester nach einem Messer griff und Victors blutige Kleider zerschnitt.
    Mehr und mehr Haut wurde freigelegt, bis Hemd und Windjacke weggeschnitten waren und eine breite Schulter mit dichten dunklen Haaren sichtbar wurde. Für Ärzte und Schwestern war das einfach ein Körper, an dem sie arbeiten mussten, ein Patient, den sie retten mussten. Für Cathy war das ein lebender, atmender Mensch, ein Mensch, der ihr etwas bedeutete, wenn auch nur wegen dieser schrecklichen Minuten, die sie gemeinsam erlebt hatten.
    Die Schwester beschäftigte sich mit seinem Gürtel, öffnete ihn rasch, zog ihm Hose und Shorts aus und warf sie zu den anderen schmutzigen Kleidungsstücken. Cathy nahm kaum die Nacktheit des Mannes wahr oder die Schwestern und die Techniker, die sich an ihr vorbei in den Raum drängten. Ihr geschockter Blick hatte sich auf Victors linke Schulter gerichtet, von der frisches Blut auf den Tisch floss. Sie erinnerte sich daran, wie sein ganzer Körper vor Schmerz gezuckt hatte, als sie ihn an dieser Schulter packte. Erst jetzt begriff sie, wie sehr er gelitten hatte.
    Säuerlicher Geschmack stieg in ihrem Hals hoch. Gleich wurde ihr schlecht.
    Sie kämpfte die Übelkeit nieder, taumelte ein Stück weg und sank auf einen Stuhl. Da saß sie ein paar Minuten, ohne sich weiter um das Chaos um sie herum zu kümmern. Entsetzen packte sie, als sie das Blut an ihren Händen sah.
    „Da sind Sie“, sagte jemand. Eine Schwester war soeben aus dem Behandlungsraum gekommen und trug ein Bündel mit den Habseligkeiten des Mannes. Sie winkte Cathy zu einem Pult. „Wir brauchen Ihren Namen und Ihre Adresse, falls die Ärzte noch Fragen haben. Und die Polizei muss verständigt werden. Haben Sie sie schon verständigt?“
    Cathy schüttelte benommen den Kopf. „Ich

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