Das Geheimnis von Mikosma: Geblendet
endenden Gang der Kinder hindurchlief.
Sie drehte sich erst um, als sie sicher war, das Zentrum von Mikosma hinter sich gelassen zu haben. Ihr Herz war tieftraurig, sodass es schwer wie ein Betonklotz in ihrem Körper lag. Immer wieder stellte sie sich die Frage, wieso ausgerech net ihr diese geheimnisvollen Dinge zustoßen mussten. Schon als sie der Stein der Terronen getroffen hatte, hätte sie merken müssen, dass etwas nicht stimmte. Immer wieder hatte sie das Gefühl, bedroht und beobachtet zu werden. Sie hatte Henry und Luca, so gut es ging, in ihre Geheimnisse eingeweiht, aber es hatte nichts genützt. Beim Gedanken an die beiden heulte sie laut auf. Sie machten so traurige Augen, als sie ihnen ihre Wut entgegenschrie. Auch von Jenny war sie enttäuscht. Sie hätte sich nicht von ihr provozieren lassen dürfen. Warum war es ihr zum Teufel nicht gelungen, sie zu ignorieren und ihren Mund zu halten? Sie machte sich riesige Vorwürfe und ihr wurde heiß bei dem Gedanken, dass sie Mikowsky kampflos das Feld überlassen musste.
»Wie kann ich den Kindern und vor allem meinen Freunden beweisen, dass ich unschuldig bin?«, heulte Leandra, während sie sich dem Wasserfall näherte.
»Es enttäuscht mich sehr, dass du dich nicht einmal von mir verabschieden willst. Dich einfach so klammheimlich da vonzustehlen, hätte ich dir nicht zugetraut .« Leandra brauchte sich nicht umzudrehen. Sie kannte die Stimme, die gegen ihren Rücken peitschte.
»Ich habe meine Gründe, warum ich verschwinde, Erlas«, antwortete Leandra kraftlos und fiel auf die Knie.
Sie zog den Kopf ein und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Der Kobold trat an sie heran und legte seine kleine Hand auf ihr Haar.
»Bitte steh auf, Leandra. Ich weiß, was passiert ist. Du lässt dich wegen dieser Gerüchte vertreiben und willst nichts dagegen unternehmen? Weißt du eigentlich, wer diese Lügen über dich verbreitet hat? Willst du das nicht herausfinden? Warum kämpfst du nicht darum, den wahren Verräter zu finden?«, fragte er traurig.
Leandra hob den Kopf und blickte in seine Augen. Sie zeigten nicht mehr dieses spitzbübische Grinsen, sondern waren fahl und glanzlos.
»Ich habe doch schon lange gemerkt, dass ich hier fehl am Platz bin. Immer mir passierte etwas, sodass ich mir schon lächerlich vorkam. Ich bin hier ein Niemand. Wer sollte mir glauben? Jenny kennt und mag jeder. Ihrem Wort haben sie Glauben geschenkt und nun tuscheln sie hinter meinem Rücken. Ich bin das gewohnt. In der Schule ist es das Gleiche«, murmelte Leandra resigniert.
»Jenny wurde wirklich sehr unsanft in Mikosma aufgenommen, da gebe ich dir Recht. Sie kann einem Leid tun. Aber warum bist du dir so sicher, dass die Kinder Jenny lieber haben als dich? Wenn du ehrlich bist, musst du zugeben, dass sie sich nicht gerade liebenswert verhält.«
Erlas blinzelte sie an.
Dann sprach er weiter: »Ich glaube, ich kann dir sagen, warum du der Buhmann deiner Schule bist. Weil du dir alles gefallen lässt! Weil du selbst aufgegeben hast, an dich zu glauben. Kämpfe für dein Recht! Versuche es wenigstens!«
Erlas reichte ihr die Hand, doch Leandra schüttelte den Kopf.
»Es hat keinen Sinn. Viel zu böse Dinge habe ich gesagt und vor allem meine besten Freunde verletzt. Ich will und kann nicht mehr«, antwortete Leandra kraftlos.
Zu ihrer Verwunderung trat Erlas beiseite und gab ihren Fluchtweg erneut frei.
»Na, dann musst du wohl gehen.«
Verdutzt stand sie auf und stolperte ein paar Schritte in die Richtung des Wasserfalls. Erlas blieb regungslos stehen.
»Er war schon immer ein wunderlicher Wicht«, dachte Leandra, als sie den Wasserfall erreichte.
Während sie darauf zuging, schlugen plötzlich Funken und Blitze aus dem Wasser heraus. Sie bildeten eine riesengroße Kugel. Viele Farben begannen nun ein Bild darin zu formen. Leandra erkannte Jenny. Sie lag schlafend auf einem roten Samtsofa. Der Raum, in dem sie lag, war stockdunkel. Leandra fröstelte bei diesem trostlosen Anblick. Jenny erwachte und riss die Augen weit auf. Sie starrte Leandra mit stechenden, angsterfüllten Augen an. Plötzlich hörte sie ein Flüstern, das immer lauter wurde.
Es sprach immer wieder die gleichen Worte: »Tötet sie! Tötet sie!«
Immer schriller und lauter wurde diese Stimme, bis schließlich der Raum von einem grauen Nebel eingehüllt wurde. Das Zimmer glich einer trostlosen Grabkammer. Wie aus dem Nichts zog mausgrauer Nebel auf und begann, sich zu formen. Skelettartige
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