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Das Geheimnis von Sittaford

Das Geheimnis von Sittaford

Titel: Das Geheimnis von Sittaford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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getötet worden, wie jeder glaubte, oder hatte James ihn bereits tot liegen sehen, dann die Nerven verloren und sich hinter einer Lüge verschanzt, bei der er nun stur blieb? Oh, wenn man doch wüsste…!
    Oder verhielt es sich so, wie Mr Rycroft vermutete, dass noch ein Dritter im Haus gewesen war, der den Streit zwischen Onkel und Neffen anhörte und die gute Gelegenheit wahrnahm?
    Wenn ja – brachte das Licht in das Dunkel, das das Stiefelpaar umgab? War irgendjemand oben gewesen, vielleicht im Schlafzimmer des Captain? Wieder durchschritt Emily die Diele, schenkte dem Esszimmer einen flüchtigen Blick. Auf der Kredenz gähnende Leere; die Silberpokale zierten jetzt Major Burnabys Bungalow. Nur der Rätselpreis, dessen Geschichte – amüsant ausgeschmückt – Charles Enderby ihr erzählt hatte, war vergessen worden: Die drei Romane lagen auf einem Stuhl.
    Abermals stieg sie die leise knarrende Treppe hinauf. Sie musste herausfinden, warum diese Stiefel fehlten! Solange sie nicht eine sie selbst halbwegs befriedigende Erklärung dafür geben konnte, fühlte sie sich außerstande, die Stiefel aus ihrem Gehirn zu bannen. Sie drängten plötzlich alles andere, was mit dem Mord zusammenhing, in den Hintergrund. Gab es denn nichts, was ihr in ihrer Not half?
    Jede Schublade zog Emily heraus und tastete darin herum. In den Detektivromanen wurde immer ein nützliches Papierschnitzelchen gefunden, aber das wirkliche Leben bescherte einem wohl solch einen glücklichen Zufall nicht. Sie suchte nach losen Dielen, sie forschte unter dem Teppich nach einem geheimen Verlies, sie kniete nieder, um die Sprungfedermatratzen von unten zu besichtigen. Wonach sie ausspähte, wusste sie nicht, doch mit hartnäckiger Ausdauer untersuchte sie jeden Zentimeter des Raumes.
    Und als sie den lahmgewordenen Rücken straffte und aufrecht stand, traf ihr Auge die Einzige nicht zu der peinlichen Ordnung des Zimmers passende Spur – ein kleines Häuflein Ruß auf dem Kaminrost.
    Wie ein Vogel, der durch den Blick der Schlange gelähmt wird, vermochte Emily den Blick nicht von diesem Häuflein zu lösen. Näher trat sie an den Kamin heran. Und nicht durch logische Schlussfolgerung, nicht durch verstandesmäßige Überlegung von Ursache und Wirkung, nein, nur durch den Anblick des Bußhäufchens wurde sie dazu getrieben, ihre Ärmel aufzukrempeln und mit beiden Armen in den Schornstein hochzugreifen.
    Eine Sekunde später starrte sie mit ungläubiger Freude auf ein lose in Zeitungspapier gehülltes Paket. Ein Schütteln – und das berußte Papier löste sich. In der Hand hielt sie die fehlenden Stiefel.
    «Aber warum?» sagte Emily. «Da haben wir sie! Aber warum? Warum? Warum?»
    Sie drehte das Stiefelpaar hin und her; sie betrachtete bald die Sohlen, bald das Innenfutter, und fortgesetzt hämmerte dieselbe Frage in ihrem Hirn. Warum?
    «Oh, ich werde noch den Verstand verlieren…!»
    Behutsam setzte sie den Fund mitten im Zimmer auf den Boden und ließ sich selbst auf einem Stuhl gegenüber nieder. Dann fing sie an, den ganzen Fall noch einmal an sich vorüberziehen zu lassen, betrachtete jede Einzelheit, die sie selbst kannte oder durch Hörensagen erfahren hatte, verweilte bei jedem, der mit diesem Drama irgendwie in Berührung gekommen war.
    Und plötzlich begann eine wunderliche, zunächst noch vage Idee Gestalt anzunehmen – eine Idee, von dem unschuldigen Stiefelpaar eingegeben, das dort stumm auf dem Boden stand.
    «Doch wenn es so… wenn es so…»
    Emily Trefusis riss die Stiefel an sich und jagte die Treppe hinab. Sie riss die Eßzimmertür auf, rannte zu der Wandnische in der Ecke, wo Captain Trevelyans Sportgeräte und Jagdtrophäen – Angelruten und Leinen, Ruder, Ski und Elefantenzähne, all die Schätze, die er vor den weiblichen Mietern glaubte retten zu müssen – auf die erfahrenen Packerhände der Firma Young & Peabody warteten. Mit den Stiefeln in der Hand beugte sich Emily herab, um eine Minute später wieder emporzuschnellen.
    «Also das war es!»
    Sie sank in einen Sessel, denn noch gab es vieles, was sie nicht verstand.
    «Ich weiß, wer Captain Trevelyan getötet hat», rief sie, als sie nach zehn Minuten entschlossen aufsprang. «Doch ich weiß nicht, warum. Ich kann es mir noch nicht vorstellen, aber ich darf hier nicht länger kostbare Zeit vertrödeln.»
    Ein Auto zu finden, das sie nach Sittaford fuhr, war ein Leichtes. Bei Mr Dukes Landhaus ließ sie halten, entlohnte den Chauffeur und ging, als der Wagen

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