Das Geheimnisvolle Haus : Kriminalroman
besonders zu dem Zweck abgefaßt, mich irrezuführen. Vor kurzem sind erst wieder Briefe aufgetaucht, die die Unterschrift Montague Fallocks tragen und von prominenten Persönlichkeiten in erpresserischer Weise Geld fordern. Dies bestätigt meine Annahme.«
»Wo hält sich Montague Fallock zur Zeit auf?«
»Er wohnt im ›geheimnisvollen Haus‹.«
»Dann scheint es mir aber doch sehr leicht, ihn dingfest zu machen«, meinte Sir George erstaunt. »Haben Sie in dieser Angelegenheit schon etwas unternommen?«
Mr. Smith schüttelte den Kopf.
»Es ist nicht so einfach, wie Sie denken. Das ›geheimnisvolle Haus‹ birgt mehr Rätsel, als wir im Augenblick lösen können. Es wurde von einem geschickten und in technischen Dingen außerordentlich bewanderten Mann eingerichtet, wie es Farrington zweifellos ist. Das Hauptmotiv für die Erbauung war wohl, ihm einmal Gelegenheit zu geben, sich im Notfall der Gefangennahme und Bestrafung zu entziehen. Ich bin mir darüber klar, daß ein Versuch, das Haus zu überfallen, nur dazu führen würde, daß der Vogel ausfliegt. Wir müssen geduldig warten.«
»Ich kann eigentlich nicht recht verstehen«, sagte Sir George nach einer Weile, »warum er unter so dramatischen Umständen verschwunden ist.«
»Das ist noch am ehesten zu erklären. Er fürchtete sich, er wußte, daß ich ihn als den gesuchten Montague Fallock identifiziert hatte; er wußte auch, daß ich ihn stark verdächtigte, die beiden Männer am Brakely Square erschossen zu haben. Sehen Sie denn nicht, wie alles ineinandergreift? Er brachte von den verschiedensten Städten des Festlandes und zu verschiedenen Zehen Handwerker nach Great Bradley, die das Haus fertigzustellen hatten: Obgleich er den Bau vor dreißig Jahren begann, ist das Haus erst in den letzten Jahren fertig geworden, und die letzten Einbauten waren die wesentlichsten. Ich habe herausgebracht, daß die beiden Leute, die am Brakely Square erschossen wurden, unabhängig voneinander engagiert waren, um bestimmte Änderungen an dem Hause vorzunehmen und gewisse Maschinen darin einzubauen.
Farrington hörte, wie die beiden miteinander stritten, das hat er selbst zu Protokoll gegeben. Er stand in der Nähe der Tür und sah, wie sie ihre Pistolen zogen. Nun hielt er den Augenblick für gekommen, sich dieser drohenden Gefahr zu entledigen. Er erschoß sie vom Hausflur aus, schloß die Haustür hinter sich und legte die Pistole in eine Schublade seines Schreibtisches. Er war zeitig genug wieder unten, um die Polizisten bei ihrer Ankunft zu empfangen und ihnen zu erzählen, wie sehr er erschrocken sei. Ich roch den Pulvergeruch sofort, als ich sein Haus betrat. Der Geruch von Cordit ist nicht zu verkennen, besonders, wenn der Schuß in einem so engen Raum wie einem Hausflur abgefeuert wird. Lady Dex war ebenfalls dort. Sie muß Zeugin der Schießerei gewesen sein.«
»Warum kam sie denn dorthin?«
»Entweder um Farrington seine Verbrechen vorzuhalten oder um sich zu vergewissern, ob die Geschichte, die George Doughton ihr in seinem Brief berichtet hatte, auf Wahrheit beruhte.«
»Aber warum konnte denn Farrington nicht auf einfacherem Weg verschwinden? Warum mußte er überhaupt verschwinden?« fragte Sir George. »Er hatte doch in der City allgemein Kredit, außerdem verwaltete er das Vermögen seiner Nichte. Er konnte doch Ihren Verdacht entkräften; jedenfalls scheint es mir nicht seine Art gewesen zu sein, sich durch solche Kleinigkeiten aus der Fassung bringen zu lassen.«
»In diesem Punkt bin ich meiner Sache auch nicht ganz sicher. Ich muß zugeben, daß sein Verschwinden mit seinem sonst bekannten Charakter nicht in Einklang zu bringen ist. Er hatte das Verfügungsrecht über das Vermögen seiner Nichte, der er zweifellos sehr zugetan war. Ihre Erbschaft ist übrigens im nächsten Monat fällig. Ich glaube nicht, daß das irgend etwas mit der Angelegenheit zu tun haben könnte. Wenn er sich an ihrem Geld vergriffen haben sollte oder wenn er das ihm anvertraute Vermögen bei Spekulationen verloren hätte, könnte man das verstehen, aber sein Tod würde dann das Geld auch nicht wieder herbeischaffen.«
»Was werden Sie nun unternehmen?«
»Ich halte das ›geheimnisvolle Haus‹ unter dauernder Bewachung und habe alle Vorsichtsmaßregeln ergriffen, damit sich Farrington nicht irgendwie bedroht fühlt. Ich mache sogar den Versuch, ihn wieder herauszulocken. Wenn ich ihn erst einmal außerhalb des Hauses habe, müßte er ungewöhnlich schlau sein,
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