Das Geschwärzte Medaillon (Seelenseher-Trilogie) (German Edition)
ungerührt zu Boden fallen und fuhr mit seinen Händen meinen Bauch hinauf. Seine Augen weiteten sich für einen Moment, als er mich in diesem verdammten Negligé sah. Wieder küsste er mich am Hals und nun konnte ich mich nicht mehr zurückhalten. Ich drückte mich an ihn und verlangte nach seinen Lippen. Ich vergrub meine Hände in seinem Haar, das in der Zeit ungewöhnlich lang geworden war. Langsam zog ich ihm den Fetzen vom Oberkörper, der wohl mal ein Hemd gewesen war. Er hob mich mit einem Ruck von meinen Füßen und trug mich zu einer Art Bett. Sein schwerer Körper lag auf mir, ohne mich zu erdrücken.
»Janlan«, flüsterte er, als er mir meine feuchten Haare aus der Stirn strich. Mein Kopf lag auf seiner Brust und ich lauschte seinem immer noch rasenden Herzschlag.
»Meine Janlan«, raunte er liebevoll und küsste mich. Es waren ähnliche Worte, aber doch trugen sie eine ganz andere Bedeutung in sich. »Wie hast du mich hier gefunden?«
Es war wie ein Schlag in die Magengegend. Mit einem Mal war die ganze brutale Realität zurück. Erinnerungen brachen über mich herein. Tränen stiegen gewaltsam in meine Augen und ein brennender Schmerz schnürte mir die Luft ab.
»Janlan, was -?«, er sah mich entsetzt und hilflos an. Ich schluckte hart. Wie hatte ich das eben zulassen können.
»Janlan -«, setzte er wieder besorgt an. Ich schüttelte den Kopf. Ich zog hektisch das Negligé wieder an und suchte nach der Strickjacke. Er hielt sie mir entgegen und ich konnte in seinen Augen sehen, dass ihn die Sorge über mein Verhalten fast umbrachte.
»Craig, wir müssen hier weg. Wir hätten gleich fliehen sollen. Wir ... du kannst hier nicht bleiben. Er wird dich gegen mich einsetzten. Wir müssen dich hier wegbringen.«
Er wollte mich festhalten, aber ich entwandte mich seinem Griff. Ich konnte ihm nicht in die Augen sehen. Wie sollte ich auch?
»Janlan, du verschweigst mir etwas.«
Wieder musste ich schlucken, um nicht die Kontrolle zu verlieren und in meinen eigenen Tränen zu ertrinken.
»Dafür ist jetzt keine Zeit.«
Zögernd packte ich seine Hand, so als wäre ich mir nicht mehr sicher, ob mir das erlaubt war. Wie selbstverständlich schloss er seine um meine. Es war eine so normale Geste und doch schmerzte sie so sehr.
»Wo ist Keira?«, fragte er plötzlich.
»In ihrem Zimmer. Ich werde dich zu Freunden bringen, so lange ich noch kann.«
Ein Ruck fuhr mir durch den Arm, als ich weiter eilte, er aber stehen blieb und meine Hand immer noch fest umschlang.
»Janlan, wie seid ihr hergekommen?«, seine Stimme hatte plötzlich einen harten Unterton.
»Craig, nicht jetzt, bitte. Keira wird dir alles erklären. Vielleicht sollte sie dich zu ihnen bringen. Ich weiß nicht, wie viel Zeit ich noch habe.«
Entsetzen breitete sich auf seinem wunderschönen Gesicht aus.
»Was meinst du damit?«
»Craig ...«, wimmerte ich nun, »... bitte. Nicht jetzt. Bitte.«
Wie war es bloß dazu gekommen, dass ich nur noch am Flehen war. Wie war das alles nur soweit gekommen? Craig nickte resignierend. Er musste wohl einsehen, dass mitten in einem Gefängnistrakt nicht der richtige Zeitpunkt war auch nur irgendetwas zu besprechen.
»Craig, hör zu ...«, sagte ich, als wir durch die Dunkelheit eilten. »Ich werde dir einen Weg beschreiben. Du musst ihn dir merken und dir am Ende ein Versteck suchen. Wenn wir Glück haben, hat er ...« Ich schluckte schwer bei dem Gedanken, dass Leander etwas mitbekommen hatte. »Dann weiß er davon nichts. Aber ich bin nicht sicher. Ich werde dir Keira schicken, sie wird dich irgendwo verstecken. Ich darf nicht wissen, wo.«
Als er etwas sagen wollte, fing ich schnell an, ihm die ganzen Abbiegungen einzuprägen. Was hatte ich bloß getan.
»Janlan, ich will dich nicht verlassen. Ich liebe dich. Ich kann dich nicht einfach zurücklassen.«
Ein Flehen klang in seinen Worten mit. Das hatte das letzte bisschen Beherrschung, die ich noch gehabt hatte, davon gespült wie ein Blatt Papier bei einem Tsunami.
»Craig, du musst gehen. Wenn du bleibst, bringt er dich meinetwegen vielleicht noch um. Bitte.«
Er schüttelte den Kopf.
»Ich habe dir geschworen, dich nie zu verlassen.«
Ich hätte es wissen müssen. Er würde mich niemals im Stich lassen. Er würde mich nie betrügen, so wie ich es getan hatte. Er würde, wie Keira, alles tun, damit ich entkam, sogar wenn es hieß, dass er dabei starb. Ich konnte das nicht zulassen. Nicht, wenn ich ihn genauso liebte wie er mich.
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