0065 - Hata, die Hexe aus dem Sumpf
Robert Warner war Mitte sechzig. Der Millionär mit dem weißen, vollen Haar, Inhaber einer der größten 1ndustriewerke der Staaten, saß hinter dem antiken Schreibtisch in seinem Arbeitszimmer und war damit beschäftigt, einen Scheck über einen horrenden Geldbetrag auszustellen. Beinahe liebevoll malte er seine gewichtige Unterschrift auf das Papier. Warner hatte ein volles, braun gebranntes Gesicht, das den Mann wesentlich jünger aussehen ließ. Eine goldene Brille saß wie angemessen auf der etwas zu lang geratenen Nase.
Der schmale Mund ließ die Entschlossenheit und die Tatkraft dieses bemerkenswerten Mannes erkennen.
Obwohl er sich jeden erdenklichen Luxus in puncto Aussehen und Figur leistete, konnte er die Stirnfalten nicht retuschieren.
Die buschigen Brauen wuchsen über den blauen Augen fast zu einer Einheit zusammen. Auch hier auf seinem Lieblingssitz, der kleinen Insel nahe Florida, die nur er und seine Frau bewohnten, und der er den Namen »Warner-Island« gegeben hatte, war er makellos gekleidet. Er liebte es, bei den berühmtesten Modeschöpfern Amerikas einzukaufen, oder seinen Scheck gar in Paris zu hinterlassen.
Die Klimaanlage, die leise vor sich hinsummte, sorgte für genügend kühle Luft, die das Tragen eines Anzuges leicht ermöglichte, ohne zu schwitzen. Warner hatte viele Wohnsitze in aller Welt, aber nichts mochte er so sehr wie seine Insel mit der eigenwilligen Pflanzen- und Tierwelt, die ihn immer wieder aufs neue zu begeistern verstand.
Der Millionär hatte seine Insel auch vor allem wegen der Ruhe und Abgeschiedenheit in sein Herz geschlossen. Ein Mann wie er, der jahrzehntelang vom Streß geplagt worden war, der sich selbst um seine Unternehmungsgruppe mühevoll kümmerte, sehnte sich nach der Einsamkeit. Warner war jener dynamische Typ von Mensch, der nach dem Motto handelte: Nur was du selbst machst, auf das kannst du dich verlassen!
Dieser Leitspruch hatte ihm recht gegeben. Robert Warner war nie zimperlich in der Wahl seiner Methoden, die seine Macht vergrößern konnten, gewesen. Es gehörte eben zum Geschäft. Wenn mal jemand seiner Konkurrenten einen bösen Unfall hatte, der nach Mord roch, dann hatte Warner selbstverständlich eine weiße Weste.
Keiner der Polizisten hätte sich auch an ihn herangewagt. Er wäre zweifellos seinen Posten losgewesen. Es war nahezu selbstverständlich, daß der Boß auch in der Politik ein Wörtchen mitzureden hatte.
Seine großzügigen Spenden wurden von den Politikern immer gerne gesehen, und vor allem genommen.
Seit einiger Zeit aber hatte ein Gedanke den mächtigen Mann zu quälen begonnen. Für wen eigentlich hatte er sein ganzes Leben lang geschuftet? Jetzt erst stellte er sich diese wichtige Frage, da er früher gar keine Zeit für solche Grübeleien gehabt hatte. Er kam dahinter, daß es für eine Antwort schon ziemlich spät war. Keiner wußte so genau wie er selbst, wie schlecht es um seine Gesundheit wirklich stand. Er hatte bereits zwei Infarkte hinter sich, einen dritten, so meinte der Arzt, würde er nicht mehr überleben! Auch er mußte einmal sterben, da konnten die besten Ärzte, die ein kleines Vermögen verschlangen, nun auch nicht helfen! Der Gedanke an den Tod quälte Warner fast noch mehr, wie die Frage, wer das Erbe antreten sollte.
Jetzt, wo er endlich das Leben genießen konnte, wo tüchtige Manager seine Tätigkeit übernommen hatten, sollte er sterben!
Robert Warner war so tief in Gedanken versunken, daß er gar nicht merkte, wie er seine rechte Hand hob, um sie auf die verzierte Tischplatte, die von einer kostbaren Einlegearbeit geschmückt war, krachen zu lassen!
Im nächsten Augenblick öffnete sich die Flügeltür zu seinem Arbeitszimmer, die aus sündhaft teurem Teakholz bestand.
Eine schlanke, zierliche Frau trat in den Raum. Obwohl sie schon zweiundfünfzig Jahre alt war, sah sie wie vierzig aus. Die Schönheitschirurgen hatten durch das sogenannte »Liften« eine ganze Menge erreicht. Die Frau war Elizabeth Warner.
»Was ist mit dir los, Bob?« fragte sie zögernd. Sie wollte ihren Gatten nicht bei der Arbeit stören, denn sie kannte seinen Jähzorn.
»Nichts ist, was soll schon sein!« Warner erhob sich hinter dem Schreibtisch. Er war einsneunzig groß und schlank. Sein Körper wirkte sehnig, durchtrainiert. Der Seidenanzug klebte an der Haut, Schweiß drang ihm trotz der Klimaanlage aus den Poren. Er fingerte ein schneeweißes Taschentuch aus dem Jackett, das einen guten Kontrast zu dem
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