Das Gesetz der Vampire
Liebhaber, mit dem sie sich nur eingelassen hatte, weil Ashton mehr mit seinem Beruf verheiratet war als mit ihr. Somit war er indirekt für ihren Tod verantwortlich.
Das Schuldgefühl grub sich in seine Eingeweide wie ein körperlicher Schmerz, der seinen Magen verkrampfte, sein Herz zusammenzudrücken schien und in seinem Kopf dröhnte. Er konnte kaum noch atmen. Immer wieder küsste er weinend Marys Hand und ihr Gesicht und bat sie um Verzeihung. Erst über eine Stunde später brachte er schließlich genug Kraft auf, um seine Kollegen zu rufen.
***
Ashtons Leben war zu einem endlosen Albtraum mutiert. Nachdem seine Kollegen am Tatort eintrafen und die Sache in die Hand nahmen, begannen die misstrauischen Blicke, die man ihm zuwarf. Natürlich war der Ehemann immer der Hauptverdächtige, besonders wenn er unmittelbar nach der Tat direkt neben der Leiche angetroffen wurde. Daran änderte auch die Tatsache nichts, dass Ashton selbst Polizist war.
Es folgten eingehende Verhöre und quälende Fragen. Warum hatte er nicht sofort die Polizei gerufen, sondern erst über eine Stunde später? Ashton schützte Bewusstlosigkeit vor, in die der unbekannte Angreifer ihn geprügelt hatte. Immerhin wurde diese Behauptung durch deutliche Würgemale an seinem Hals, Hämatome an seinem Körper und Kampfspuren im Schlafzimmer untermauert.
Hatte er seine Frau nicht doch ein bisschen … nun, grob angefasst, als er nach Hause kam und feststellte, dass sie ihn wohl schon seit einiger Zeit betrog? Immerhin war seine DNA in Form von Tränen und Speichel auf ihrem Körper gefunden worden. Und gewiss hatte er schon seit längerem gewusst, dass Mary einen Liebhaber hatte. Er war schließlich ein Cop, dem so etwas selbstverständlich nicht entging.
Es gab noch mehr misstrauische Blicke, gefolgt von Getuschel hinter seinem Rücken. Natürlich war er unschuldig, und es gab zum Glück genügend Beweise dafür. Schwester Grace, Dr. Rutland und drei Pfleger konnten bestätigen – untermauert von den Überwachungsvideos des Krankenhauses –, dass Ashton über eine Stunde nach Marys Verschwinden ununterbrochen mit ihnen zusammen nach seiner Frau gesucht hatte. Außerdem war Mary gemäß dem Bericht des Pathologen bereits geraume Zeit tot gewesen, bevor Ashton nach Hause kam.
An diesem Punkt begann die Sache mehr als seltsam zu werden. Marys Körpertemperatur beim Eintreffen des Gerichtsmediziners deutete darauf hin, dass sie seit mindestens vierundzwanzig Stunden tot gewesen sein musste, was im krassen Widerspruch zu dem Bericht Dr. Rutlands und den Aussagen aller anderen Zeugen stand. Auch die unerklärliche Unterkühlung, unter der sie laut Krankenakte bei ihrer Einlieferung ins Hospital gelitten hatte, hätte den Todeszeitpunkt nicht so weit verschieben können. Ebenso merkwürdig, um nicht zu sagen rätselhaft, war die Todesursache: akute Blutarmut, die zum kompletten Kreislaufversagen geführt hatte. Nur eine Stunde, nachdem man ihr im Krankenhaus mehrere Blutkonserven verabreicht hatte, war ihr Körper fast völlig blutleer gewesen.
Die unerklärlichen Punktierungen an ihrem Hals gaben dem Pathologen ein weiteres Rätsel auf. Seiner Einschätzung nach handelte es sich eindeutig um Bissverletzungen eines Tieres, besonders da in den Wunden auch Speichel gefunden wurde. Doch der ließ sich keinem Tier zuordnen. Er war vermischt mit menschenähnlicher DNA, die noch in keinem Lehrbuch dokumentiert oder auch nur erwähnt war. Da das natürlich nicht sein konnte, ging man am Ende davon aus, dass die Wunde aus unbekannten Gründen derart verunreinigt worden war, dass die DNA nicht mehr identifiziert werden konnte.
Ein noch größeres Rätsel stellte der Staub dar, der vor dem Bett in Ashtons Schlafzimmer gefunden worden war. Es handelte sich um eine Substanz, die entstand, wenn ein Körper vollständig austrocknete und anschließend zu Staub zerfiel. Auf den ersten Blick sah es so aus, als habe jemand sie aus irgendeinem Grab geholt und dort verstreut. Die Analyse zeigte außerdem, dass er dieselben unbekannten DNA-Merkmale enthielt wie die Speichelproben aus Marys Wunden. Die Männerkleidung, die Ashton ebenfalls gesehen hatte, war spurlos verschwunden, und man deklarierte seine diesbezügliche Aussage als Halluzination infolge des Sauerstoffmangels, der zu seiner angeblichen Bewusstlosigkeit geführt hatte.
Die Ermittler kamen zu dem Schluss, dass Mary Ryders Tod das Werk eines perversen Ritualmörders gewesen sein musste. Die niedrige
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