Leif - Hungrig nach Leben: Ein jugendlicher Liebesroman
Neulich …
„ Der Typ hat ein Auge auf dich geworfen“, begrüßte mich Leif, als ich die Wohnung betrat.
„ Wer? Andreas? Ich meine … Dr. Fischer?“
„ Oh, wir sind schon beim Du?“ Leif grinste breit.
„ Er hat mich nur nach Hause gebracht“, winkte ich ab, begann, mir die Jacke auszuziehen. Leif war sofort zur Stelle, um sie mir abzunehmen und an die Garderobe zu hängen. Ich schlüpfte aus den weißen Turnschuhen. Auch wenn sie sehr bequem sind, bin ich nach einer Acht-Stunden-Schicht plus minus froh, meinen Füßen Freiraum und Luft gönnen zu dürfen. Gähnend ließ ich mich im Wohnzimmer auf der Couch nieder. „Er ist nur ein neuer Kollege …“
Warum hörte ich dann nicht auf, mich zu rechtfertigen? Vielleicht, weil er mir auf Anhieb sympathisch gewesen war? Blond, hochgewachsen und ledig, aber ein Kind. Wir haben viele Gemeinsamkeiten und er ist so anders als Leif, trotzdem erinnert er mich gelegentlich an ihn. Ich kann nicht abstreiten, dass er mich interessiert. Er ist attraktiv. Vielleicht, wenn ich wollte, so rein hypothetisch, könnte eventuell … was draus werden.
„… und er ist dir nicht gleichgültig.“
„ Wie kommst du darauf?“, hakte ich nach.
„ Ich hab euch beobachtet.“
Klar, er tut den ganzen Tag nichts anderes. Wird ihm das denn nie langweilig?
„ Nein, wird es nicht“, beantwortete er lächelnd meine Gedanken.
Ich seufzte.
„ Du magst ihn, oder?“, fragte Leif sanft.
Ich tat seine Bemerkung mit einer gleichgültigen Handbewegung ab. „Ich habe keine Zeit für Männer.“
Grinsend setzte Leif sich neben mich. „Oh ja, du bist jetzt eine Karrierefrau.“
„ Wieso hört sich das von dir an, als nimmst du mich auf den Arm?“
Er rückte näher an mich heran, griff nach meinen Händen. „Weil es ein Jammer ist, dass du dich der Männerwelt entziehst. Weil es ein Jammer ist, dass du dich der Liebe entziehst. Wann hast du dich für dieses Spiel gesperrt?“
„ Du weißt, wann.“
„ Ja. Zur selben Zeit, als du dich für das andere Spiel gesperrt hast: Leben.“
„ Das Leben ist kein Spiel!“
„ Es lebt sich leichter, wenn man nicht alles so bierernst nimmt.“ Und wenn Leif das sagte, meinte er es genauso.
Ich streckte eine Hand nach ihm aus und strich über sein Gesicht und sein dunkelblondes, schulterlanges, Haar. Ich sehnte mich so sehr nach ihm und ihm ging es umgekehrt nicht anders. Kurz schloss er genießend die Augen, dann zwang er sich, sie wieder zu öffnen, und sah mich fest an. „Es wird Zeit, dass du damit aufhörst, Nina! Du musst mich endlich loslassen.“
„ Wie könnte ich? Seit damals im Simrock’s reicht es mir nicht mehr, nur mit dir befreundet zu sein. Zum ersten Mal hattest du mich wahrgenommen und mehr als ein Wort mit mir gewechselt …“
„ Das stimmt doch gar nicht!“
„ Oh doch! Vermutlich konntest du dich nicht einmal erinnern, woher du mich kanntest.“
„ Na, so ein Quatsch! Wir sind zusammen aufgewachsen, du warst mit Tatjana befreundet, wir gingen in dieselbe Schule.“
„ Wir besuchten sogar denselben Kindergarten. Du hast mir regelmäßig mein Taschengeld abgeknöpft, damit ich mit dem schönsten, einzigen weinroten Buntstift malen durfte.“
„ Das hab ich doch nur gemacht, damit du mich bemerkst!“
„ Na klar, so wie die Käfer und Regenwürmer in den Brotdosen. Ich lernte zumindest schnell, mein Brot immer nur in Tüten und dicht am Körper zu tragen.“
Leif lachte.
Damals war er ein Lockenkopf mit Engelsgesicht gewesen, dem man nichts Böses zutraute. Es dauerte lange, bis die Erzieherinnen dahinterkamen, dass er derjenige war, der die Zahnbürsten der Kinder vertauschte. Er war ein Störenfried, der es nie müde wurde, sich neue Streiche auszudenken. Auch später, um die Lehrer zu ärgern und seine Klassenkameraden zu erfreuen. Im Grunde hatte er nur die Voraussagungen seiner Rektorin in der Grundschule bestätigt: Als er mit fünfeinhalb Jahren eingeschult werden sollte, weigerte sie sich, ihn anzunehmen. Er war ihr zu verspielt und unreif, womit sie damals wohl richtig gelegen hatte. Mit siebzehn konnte man ihm diese Eigenschaften nicht mehr vorwerfen. Er war zu einem jungen Mann herangereift, der sich in seinem Ruf und den Anbetungen weiblicher Verehrerinnen suhlte. Und spätestens an einem Samstag im Juni verfiel ich ihm für immer.
„ Glaubst du an Zufall?“, fragte Leif mich plötzlich.
„ Nein. Warum?“
„ Warum hast du es an jenem Samstag getan?“
„ Wann
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