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Das Glasperlenspiel

Das Glasperlenspiel

Titel: Das Glasperlenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Hesse
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er seinen Meister Turu und übertraf ihn am Ende. Und weil das Wachsen des Mondes und sein Schwinden so eng mit dem Sterben und Geborenwerden der Menschen zusammenhing, und weil von allen den Ängsten, in welchen die Menschen leben, die Angst vor dem Sterbenmüssen die tiefste ist, darum gewann der Mondverehrer und
    Mondkenner Knecht aus seinem nahen und lebendigen
    Verhältnis zum Monde auch ein geweihtes und geläutertes Verhältnis zum Tode; er war in seinen reiferen Jahren der Todesfurcht weniger Untertan als andere Menschen. Er konnte ehrerbietig mit dem Monde reden, oder flehend, oder zärtlich, er wußte sich ihm verbunden in zarten geistigen Beziehungen, er kannte des Mondes Leben sehr genau und nahm an dessen Vorgängen und Schicksalen innigen Anteil, er lebte sein Hinschwinden und sein Neuwerden wie ein Mysterium in sich mit, und er litt mit ihm und erschrak, wenn das Ungeheure eintrat und der Mond Erkrankungen und Gefahren, Wandlungen
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    und Schädigungen ausgesetzt schien, wenn er den Glanz verlor, die Farbe änderte, sich bis nahe ans Erlöschen verdunkelte. In solchen Zeiten freilich nahm jedermann am Monde teil, zitterte um ihn, erkannte Drohung und Unheilsnähe in seiner
    Verfinsterung und starrte angstvoll in sein altes,
    krankgewordenes Gesicht.
    Aber gerade dann zeigte sich, daß der Regenmacher Knecht dem Monde inniger verbunden war und mehr von ihm wußte als andre; wohl litt er dessen Schicksal mit, wohl war ihm eng und bange um das Herz, aber seine Erinnerung an ähnliche Erlebnisse war schärfer und gepflegter, sein Vertrauen gegründeter, sein Glaube an die Ewigkeit und Wiederkunft, an die Korrektur und Überwindbarkeit des Todes war größer; und größer war auch der Grad seiner Hingabe; er fühlte sich in solchen Stunden bereit, das Schicksal des Gestirns bis zum Untergang und bis zur Neugeburt mitzuerleben, ja er fühlte dann zuweilen sogar etwas wie Frechheit, etwas wie den verwegenen Mut und Entschluß, dem Tode durch den Geist zu trotzen, sein Ich durch die Hingabe an übermenschliche Geschicke zu stärken.
    Etwas davon ging in sein Wesen über und ward auch den andern spürbar; er galt für einen Wissenden und Frommen, für einen Mann von großer Ruhe und geringer Todesfurcht, für einen, der mit den Mächten gut stand.
    Er hatte diese Gaben und Tugenden in manchen harten Proben zu bewähren. Einmal hatte er eine Periode von Miß wachs und feindseliger Witterung zu bestehen, die sich über zwei Jahre ausdehnte, es war die größte Prüfung seines Lebens. Da hatten die Widrigkeiten und bösen Anzeichen schon bei der wiederholt verschobenen Aussaat begonnen, und dann hatte jeder
    erdenkliche Unstern und Schaden die Saaten betroffen und endlich so gut wie ganz vernichtet; die Gemeinde hatte grausam gehungert und Knecht mit ihr, und daß er dieses bittre Jahr überstand, daß er, der Regenmacher, nicht jeglichen Glauben
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    und Einfluß verlor und dem Stamm helfen konnte, das Unglück mit Demut und einiger Fassung zu ertragen, war schon sehr viel gewesen. Als nun gar das folgende Jahr, nach einem harten und an Todesfällen reichen Winter, all das Ungemach und Elend des vorigen wiederholte, als das Gemeindeland im Sommer unter einer hartnäckigen Trockenheit verdorrte und barst, die Mäuse sich grausig vermehrten, als die einsamen Beschwörungen und Opferhandlungen des Regenmachers ebenso unerhört und ergebnislos blieben wie die öffentlichen Veranstaltungen, die Trommelchöre, die Bittgänge der ganzen Gemeinde, als es sich grausam zeigte, der Regenmacher könne diesmal keinen Regen machen, da war es keine kleine Sache und brauchte mehr als einen gewöhnlichen Mann, die Verantwortung zu tragen und sich gegen das erschreckte und aufgewühlte Volk aufrecht zu halten. Es gab da zwei oder drei Wochen, in denen Knecht ganz und gar allein stand, und ihm gegenüber stand die ganze Gemeinde, stand der Hunger und die Verzweiflung, stand der alte Volksglaube, nur die Opferung des Wettermachers könne die Mächte wieder versöhnen. Er hatte durch Nachgeben gesiegt.
    Er hatte dem Opfergedanken keinen Widerstand
    entgegengesetzt, er hatte sich selbst als Opfer angeboten.
    Außerdem hatte er mit unerhörter Mühe und Hingabe an der Linderung der Not mitgearbeitet, hatte immer wieder Wasser entdeckt, eine Quelle, ein Rinnsal erspürt, hatte verhindert, daß in der höchsten Not der gesamte Viehstand vernichtet wurde, und namentlich hatte er die damalige Altmutter des Dorfes, die von einer

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