Das Glücksbüro
richtigen stieß: Georg Scheuerlein, 15. 02. 1959, Abt. II.108 . Auch hier wurde Albert nicht enttäuscht: erfreute Rufe und Wortspiele, ein Gläschen Sekt und belegte Brötchen mit Mayonnaise. Alles war wie immer.
Auch dass Mike wieder in seinem Büro lauerte, während Elisabeth die Kaffeemaschine bediente. Die Füße auf dem Tisch, die Hände hinter dem Kopf verschränkt, starrte er auf die Uhr und zählte: »5, 4, 3, 2, 1 … Action!«
Albert trat ein, unter dem Arm die Akten, die er für gewöhnlich Elisabeth übergab.
Mike zielte mit dem Finger auf ihn: »Wenn das mal nicht Clark Kent ist!«
»Guten Morgen«, grüßte Albert pflichtschuldig.
Elisabeth kehrte ihm den Rücken zu, aber an ihrer Haltung sah er, dass es ihr immer noch nicht gut ging. Und als sie antwortete, hörte sich ihre Stimme belegt an: »Morgen, Albert.«
Mike fuhr fort, kniff ein Auge zu und raunte Albert zu: »Ich weiß, dass du ein Geheimnis hast, Superman! Aber keine Angst: Ich kann schweigen.«
»Das wäre schön«, antwortete Albert knapp.
»Oho! Schlechte Laune?«
Albert kam gar nicht dazu zu antworten, denn die Tür flog auf: Dr. Wehmeyer hielt sich diesmal nicht lange mit Höflichkeiten auf: »Herr Schulze! Was ist mit den ESF -Dateien? Die BMAS sitzt mir deswegen im Nacken.«
Mike kippte mit seinem Schreibtischstuhl nach vorn und tippte sein Kennwort in den Computer. »Eine Sekunde, Dr. Wehmeyer.«
Doch es tat sich nichts. Der Bildschirm wurde nicht freigegeben. Mike hatte keinen Zugriff auf seine Festplatte. Er tippte sein Passwort erneut ein. Nichts. Aus dem Augenwinkel konnte er sehen, wie Dr. Wehmeyer ungeduldig wurde.
»Moment!«, rief er vorauseilend.
Aber er kam nicht ins Programm, so sehr er auch auf der Tastatur herumhackte.
»Was ist denn jetzt?«, drängelte Dr. Wehmeyer.
»Ich versteh das nicht. Er nimmt mein Passwort nicht an!«
Albert nickte den Dreien zum Gruß zu und sagte: »Ich geh dann mal wieder …«
Er ließ absichtlich die Bürotür offen stehen, sodass er die Stimmen in seinem Rücken hören konnte.
»Vielleicht hast du’s klein geschrieben?«, half Elisabeth mit kläglicher Stimme.
Mikes fauchte: »Ich weiß, wie man mein Passwort schreibt, danke fürs Mitmachen!«
Dr. Wehmeyer schien diesbezüglich nicht überzeugt: »Und? Haben Sie es klein geschrieben?«
Mike tippte wie wild, das Geräusch war auch noch auf dem Flur gut zu hören: »Nein verdammt … oh … ähm, doch …«
Dr. Wehmeyer antwortete hörbar genervt: »Gott, Schulze, es ist Ihr Passwort ! Das benutzen Sie jeden Tag – hoffe ich zumindest.«
»Aber … ich versteh das nicht …«, jammerte Mike.
»Schon gut, vergessen Sie’s! Sie sind ja drin. Man freut sich ja schon über Kleinigkeiten.«
Die Stimmen verloren sich.
Ein kleines, feines Lächeln umspielte Alberts Mund.
Doch das würde sich bald ändern.
11.
Noch bevor er seine Bürotür aufgeschlossen hatte, wusste er, dass etwas nicht stimmte. Dabei konnte Albert nicht einmal sagen, was es war: ein Geruch? Eine veränderte Schwingung? Eine Vorahnung? Vorsichtig machte er einen Schritt in das Zimmer, blickte flink mal in die eine, mal in die andere Ecke. Alles sah so aus, wie er es verlassen hatte, aber er spürte überdeutlich, dass etwas anders war. Aber was?
Dann sah er es, fast in dem Moment, als er sich schon wieder entspannen wollte, denn es lag dort, wo er es eigentlich sofort hätte sehen müssen. Aber ein alarmierter Geist sucht alles Mögliche zuerst ab, nur nicht das Offensichtliche. Und das Alleroffensichtlichste in seinem kleinen Büro war sein Schreibtisch. Dort, mitten auf der Schreibunterlage, lag er.
Der Antrag.
Dass er nicht von hier war, konnte Albert auf den ersten Blick sehen. Was ihn jedoch noch viel mehr beunruhigte: Wie kam er durch die verschlossene Bürotür hier hinein? Vorsichtig schlich er sich heran, nahm ihn mit spitzen Fingern an einer Ecke des Blattes auf und hielt ihn in die Höhe: Was zum Teufel war das? E 45. Es gab kein E 45! Und doch: Er sah echt aus.
Es klopfte an der Tür – Albert ließ vor Schreck den Antrag los.
Er segelte sacht zurück auf den Schreibtisch.
»Morgen, Herr Glück«, grüßte Susanne, die Bürohilfe, und brachte wie jeden Morgen Alberts Tagwerk in dessen Büro.
Albert starrte sie verdattert an: »Guten Morgen, Susanne.«
Sie legte ihm wie immer seine Kladde auf den Schreibtisch, gleich neben den Antrag, ohne dass sie ihm auch nur eine Sekunde Beachtung geschenkt
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