Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen
mich gekocht wird; du sollst mir lieber sein als der Berg von Silber und Gold", denn er sah wohl dass es ein Tüchleindeckdich war. Das Tüchlein war ihm aber doch nicht genug, um sich daheim zur Ruhe zu setzen, sondern er wollte lieber noch in der Welt herum wandern und weiter sein Glück versuchen.
Eines Abends traf er in einem einsamen Walde einen schwarz bestaubten Köhler, der brannte da Kohlen, und hatte Kartoffeln am Feuer stehen, damit wollte er seine Mahlzeit halten. „Guten Abend, du Schwarzamsel", sagte er, „wie geht dirs in deiner Einsamkeit?“ „Einen Tag wie den andern“, erwiederte der Köhler, „und jeden Abend Kartoffeln; hast du Lust dazu und willst mein Gast sein?“ „Schönen Dank", antwortete der Reisende, „ich will dir die Mahlzeit nicht wegnehmen, du hast auf einen Gast nicht gerechnet, aber wenn du mit mir vorlieb nehmen willst, so sollst du eingeladen sein.“ „Wer soll dir anrichten?“, sprach der Köhler, „ich sehe dass du nichts bei dir hast, und ein paar Stunden im Umkreis ist niemand, der dir etwas geben könnte.“ „Und doch solls ein Essen sein", antwortete er, „so gut, wie du noch keins gekostet hast.“ Darauf holte er sein Tüchlein aus dem Ranzen, breitete es auf die Erde, und sprach „Tüchlein, deck dich" und alsbald stand da Gesottenes und Gebratenes, und war so warm, als wenn es eben aus der Küche käme. Der Köhler machte große Augen, ließ sich aber nicht lange bitten, sondern langte zu und schob immer größere Bissen in sein schwarzes Maul hinein.
Als sie abgegessen hatten, schmunzelte der Köhler und sagte „hör, dein Tüchlein hat meinen Beifall, das wäre so etwas für mich in dem Walde, wo mir niemand etwas Gutes kocht. Ich will dir einen Tausch vorschlagen, da in der Ecke hängt ein Soldatenranzen, der zwar alt und unscheinbar ist, in dem aber wunderbare Kräfte stecken; da ich ihn doch nicht mehr brauche, so will ich ihn für das Tüchlein geben.“ „Erst muss ich wissen, was das für wunderbare Kräfte sind", erwiederte er. „Das will ich dir sagen", antwortete der Köhler, „wenn du mit der Hand darauf klopfst, so kommt jedesmal ein Gefreiter mit sechs Mann, die haben Ober- und Untergewehr, und was du befiehlst, das vollbringen sie.“ „Meinetwegen", sagte er „wenns nicht anders sein kann, so wollen wir tauschen", gab dem Köhler das Tüchlein, hob den Ranzen von dem Haken, hing ihn um und nahm Abschied. Als er ein Stück Wegs gegangen war, wollte er die Wunderkräfte seines Ranzens versuchen und klopfte darauf. Alsbald traten die sieben Kriegshelden vor ihn, und der Gefreite sprach „was verlangt mein Herr und Gebieter?“ „Marschiert im Eilschritt zu dem Köhler und fordert mein Wünschtüchlein zurück.“ Sie machten links um, und gar nicht lange, so brachten sie das Verlangte und hatten es dem Köhler, ohne viel zu fragen, abgenommen. Er hieß sie wieder abziehen, ging weiter und hoffte, das Glück würde ihm noch heller scheinen.
Bei Sonnenuntergang kam er zu einem andern Köhler, der bei dem Feuer seine Abendmahlzeit bereitete. „Willst du mit mir essen", sagte der rußige Geselle, „Kartoffeln mit Salz aber ohne Schmalz, so setz dich zu mir nieder.“ „Nein", antwortete er, „für diesmal sollst du mein Gast sein", deckte sein Tüchlein auf, das gleich mit den schönsten Gerichten besetzt war. Sie aßen und tranken zusammen und waren guter Dinge. Nach dem Essen sprach der Kohlenbrenner „da oben auf der Kammbank liegt ein altes abgegriffenes Hütlein, das hat seltsame Eigenschaften: wenn das einer aufsetzt und dreht es auf dem Kopf herum, so gehen die Feldschlangen, als wären zwölfe neben einander aufgeführt, und schießen alles darnieder, dass niemand dagegen bestehen kann. Mir nützt das Hütlein nichts und für dein Tischtuch will ichs wohl hingeben.“ „Das lässt sich hören", antwortete er, nahm das Hütlein, setzte es auf und ließ sein Tüchlein zurück. Kaum aber war er ein Stück Wegs gegangen, so klopfte er auf seinen Ranzen, und seine Soldaten mussten ihm das Tüchlein wieder holen. „Es kommt eins zum andern", dachte er, „und es ist mir, als wäre mein Glück noch nicht zu Ende.“ Seine Gedanken hatten ihn auch nicht betrogen.
Nachdem er abermals einen Tag gegangen war, kam er zu einem dritten Köhler, der ihn nicht anders als die vorigen zu ungeschmelzten Kartoffeln einlud. Er ließ ihn aber von seinem Wunschtüchlein mitessen, und das schmeckte dem Köhler so gut, dass er ihm
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