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Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen

Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen

Titel: Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Grimm
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zuletzt ein Hörnlein dafür bot, das noch ganz andere Eigenschaften hatte als das Hütlein. Wenn man darauf blies, so fielen alle Mauern und Festungswerke, endlich alle Städte und Dörfer übern Haufen. Er gab dem Köhler zwar das Tüchlein dafür, ließ sichs aber hernach von seiner Mannschaft wieder abfordern, so dass er endlich Ranzen, Hütlein und Hörnlein beisammen hatte. „Jetzt", sprach er, „bin ich ein gemachter Mann, und es ist Zeit, dass ich heimkehre und sehe wie es meinen Brüdern ergeht.“
    Als er daheim anlangte, hatten sich seine Brüder von ihrem Silber und Gold ein schönes Haus gebaut und lebten in Saus und Braus. Er trat bei ihnen ein, weil er aber in einem halb zerrissenen Rock kam, das schäbige Hütlein auf dem Kopf und den alten Ranzen auf dem Rücken, so wollten sie ihn nicht für ihren Bruder anerkennen. Sie spotteten und sagten „du gibst dich für unsern Bruder aus, der Silber und Gold verschmähte, und für sich ein besseres Glück verlangte: der kommt gewiss in voller Pracht als ein mächtiger König angefahren, nicht als ein Bettelmann" und jagten ihn zur Türe hinaus. Da geriet er in Zorn, klopfte auf seinen Ranzen, so lange bis hundert und funfzig Mann in Reih und Glied vor ihm standen. Er befahl ihnen, das Haus seiner Brüder zu umzingeln, und zwei sollten Haselgerten mitnehmen und den beiden Übermütigen die Haut auf dem Leib so lange weich gerben, bis sie wüssten, wer er wäre. Es entstand ein gewaltiger Lärm, die Leute liefen zusammen und wollten den beiden in der Not Beistand leisten, aber sie konnten gegen die Soldaten nichts ausrichten. Es geschah endlich dem Könige Meldung davon, der ward unwillig und ließ einen Hauptmann mit seiner Schaar ausrücken, der sollte den Ruhestörer aus der Stadt jagen: aber der Mann mit dem Ranzen hatte bald eine größere Mannschaft zusammen, die schlug den Hauptmann mit seinen Leuten zurück, dass sie mit blutigen Nasen abziehen mussten. Der König sprach „der hergelaufene Kerl ist noch zu bändigen“ und schickte am andern Tage eine größere Schaar gegen ihn aus, aber sie konnte noch weniger ausrichten. Er stellte noch mehr Volk entgegen, und um noch schneller fertig zu werden, drehte er ein paar mal sein Hütlein auf dem Kopfe herum: da fing das schwere Geschütz an zu spielen, und des Königs Leute wurden geschlagen und in die Flucht gejagt. „Jetzt mache ich nicht eher Frieden", sprach er, „als bis mir der König seine Tochter zur Frau gibt, und ich in seinem Namen das ganze Reich beherrsche.“ Das ließ er dem König verkündigen, und dieser sprach zu seiner Tochter „muss ist eine harte Nuss: was bleibt mir anders übrig, als dass ich tue, was er verlangt? Will ich Frieden haben und die Krone auf meinem Haupte behalten, so muss ich dich hingeben.“
    Die Hochzeit ward also gefeiert, aber die Königstochter war verdrießlich, dass ihr Gemahl ein gemeiner Mann war, der einen schäbigen Hut trug und einen alten Ranzen umhängen hatte. Sie wäre ihn gerne wieder los gewesen und sann Tag und Nacht ,wie sie das bewerkstelligen könnte. Da dachte sie „sollten seine Wunderkräfte wohl in dem Ranzen stecken?“, verstellte sich und liebkoste ihm, und als sein Herz weich geworden war, sprach sie „wenn du nur den schlechten Ranzen ablegen wolltest, er verunziert dich so sehr, dass ich mich deiner schämen muss.“ „Liebes Kind“, antwortete er, „dieser Ranzen ist mein größter Schatz, so lange ich den habe, fürchte ich keine Macht der Welt“ und verriet ihr, mit welchen Wunderkräften er begabt war. Da fiel sie ihm um den Hals, als wenn sie ihn küssen wollte, nahm ihm aber mit Behendigkeit den Ranzen von der Schulter und lief damit fort. 
    Sobald sie allein war, klopfte sie darauf und befahl den Kriegsleuten, sie sollten ihren vorigen Herrn festnehmen und aus dem königlichen Palast fortführen. Sie gehorchten, und die falsche Frau ließ noch mehr Leute hinter ihm her ziehen, die ihn ganz zum Lande hinaus jagen sollten. Da wäre er verloren gewesen, wenn er nicht das Hütlein gehabt hätte. Kaum aber waren seine Hände frei, so schwenkte er es ein paar mal: alsbald fing das Geschütz an zu donnern und schlug alles nieder, und die Königstochter musste selbst kommen und um Gnade bitten. Weil sie so beweglich bat und sich zu bessern versprach, so ließ er sich überreden und bewilligte ihr Frieden. Sie tat freundlich mit ihm, stellte sich an, als hätte sie ihn sehr lieb und wusste ihn nach einiger Zeit so zu betören

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