Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen
schlechtes Tischchen.“ „Aber es ist ein Tischchen deck dich,“ antwortete der Sohn, „wenn ich es hinstelle, und sage ihm es sollte sich decken, so stehen gleich die schönsten Gerichte darauf und ein Wein dabei, der das Herz erfreut. Ladet nur alle Verwandte und Freunde ein, die sollen sich einmal laben und erquicken, denn das Tischchen macht sie alle satt.“ Als die Gesellschaft beisammen war, stellte er sein Tischchen mitten in die Stube und sprach „Tischchen, deck dich.“ Aber das Tischchen regte sich nicht und blieb so leer wie ein anderer Tisch, der die Sprache nicht versteht. Da merkte der arme Geselle, dass ihm das Tischchen vertauscht war, und schämte sich dass er wie ein Lügner da stand. Die Verwandten aber lachten ihn aus, und mussten ungetrunken und ungegessen wieder heim wandern. Der Vater holte seine Lappen wieder herbei und schneiderte fort, der Sohn aber ging bei einem Meister in die Arbeit.
Der zweite Sohn war zu einem Müller gekommen und bei ihm in die Lehre gegangen. Als er seine Jahre herum hatte, sprach der Meister „weil du dich so wohl gehalten hast, so schenke ich dir einen Esel von einer besondern Art, er zieht nicht am Wagen und trägt auch keine Säcke.“ „Wozu ist er denn nütze?“, fragte der junge Geselle. „Er speit Gold“, antwortete der Müller, „wenn du ihn auf ein Tuch stellst und sprichst „Bricklebrit,“ so speit dir das gute Tier Goldstücke aus, hinten und vorn.“ „Das ist eine schöne Sache,“ sprach der Geselle, dankte dem Meister und zog in die Welt. Wenn er Gold nötig hatte, brauchte er nur zu seinem Esel „Bricklebrit“ zu sagen, so regnete es Goldstücke, und er hatte weiter keine Mühe als sie von der Erde aufzuheben. Wo er hinkam, war ihm das Beste gut genug, und je teurer je lieber, denn er hatte immer einen vollen Beutel. Als er sich eine Zeit lang in der Welt umgesehen hatte, dachte er „du musst deinen Vater aufsuchen, wenn du mit dem Goldesel kommst, so wird er seinen Zorn vergessen und dich gut aufnehmen.“ Es trug sich zu, dass er in dasselbe Wirtshaus geriet, in welchem seinem Bruder das Tischchen vertauscht war. Er führte seinen Esel an der Hand, und der Wirt wollte ihm das Tier abnehmen und anbinden, der junge Geselle aber sprach „gebt euch keine Mühe, meinen Grauschimmel führe ich selbst in den Stall und binde ihn auch selbst an, denn ich muss wissen wo er steht.“ Dem Wirt kam das wunderlich vor, und er meinte einer, der seinen Esel selbst besorgen müsste, hätte nicht viel zu verzehren: als aber der Fremde in die Tasche griff, zwei Goldstücke heraus holte und sagte er sollte nur etwas Gutes für ihn einkaufen, so machte er große Augen, lief und suchte das Beste, das er auftreiben konnte. Nach der Mahlzeit fragte der Gast, was er schuldig wäre, der Wirt wollte die doppelte Kreide nicht sparen und sagte noch ein paar Goldstücke müsste er zulegen. Der Geselle griff in die Tasche, aber sein Gold war eben zu Ende. „Wartet einen Augenblick, Herr Wirt,“ sprach er, „ich will nur gehen und Gold holen;“ nahm aber das Tischtuch mit. Der Wirt wusste nicht, was das heißen sollte, war neugierig, schlich ihm nach, und da der Gast die Stalltüre zuriegelte, so guckte er durch ein Astloch. Der Fremde breitete unter dem Esel das Tuch aus, rief „Bricklebrit,“ und augenblicklich fing das Tier an Gold zu speien von hinten und vorn, dass es ordentlich auf die Erde herabregnete. „Ei der tausend,“ sagte der Wirt, „da sind die Ducaten bald geprägt! So ein Geldbeutel ist nicht übel!“ Der Gast bezahlte seine Zeche und legte sich schlafen, der Wirt aber schlich in der Nacht herab in den Stall, führte den Münzmeister weg und band einen andern Esel an seine Stelle. Den folgenden Morgen in der Frühe zog der Geselle mit seinem Esel ab und meinte er hätte seinen Goldesel. Mittags kam er bei seinem Vater an, der sich freute, als er ihn wiedersah und ihn gerne aufnahm. „Was ist aus dir geworden, mein Sohn?“ fragte der Alte. „Ein Müller, lieber Vater,“ antwortete er. „Was hast du von deiner Wanderschaft mitgebracht?“ „Weiter nichts als einen Esel.“ „Esel gibts hier genug,“ sagte der Vater, „da wäre mir doch eine gute Ziege lieber gewesen.“ „Ja", antwortete der Sohn, „aber es ist kein gemeiner Esel, sondern ein Goldesel: wenn ich sage „Bricklebrit,“ so speit euch das gute Tier ein ganzes Tuch voll Goldstücke. Lasst nur alle Verwandte herbei rufen, ich mache sie alle zu reichen Leuten.“
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