Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen
drohte der Mann, „in fünf Stunden,“ sprach er, „bin ich wieder zurück, wenn dann das Stroh nicht zu Heksel geschnitten ist, so schlage ich dich so lange bis du kein Glied mehr regen kannst.“ Der Bauer ging mit seiner Frau dem Knecht und der Magd auf den Jahrmarkt und ließ dem Jungen nichts zurück als ein kleines Stück Brot. Der Junge stellte sich an den Strohstuhl und fing an aus allen Leibeskräften zu arbeiten. Da ihm dabei heiß ward, so zog er sein Röcklein aus und warfs auf das Stroh. In der Angst nicht fertig zu werden schnitt er immer zu, und in seinem Eifer zerschnitt er unvermerkt mit dem Stroh auch sein Röcklein. Zu spät ward er das Unglück gewahr, das sich nicht wieder gut machen ließ. „Ach,“ rief er, „jetzt ist es aus mit mir. Der böse Mann hat mir nicht umsonst gedroht, kommt er zurück und sieht was ich getan habe, so schlägt er mich tot. Lieber will ich mir selbst das Leben nehmen.“
Der Junge hatte einmal gehört wie die Bäuerin sprach „unter dem Bett habe ich einen Topf mit Gift stehen.“ Sie hatte es aber nur gesagt, um die Näscher zurückzuhalten, denn es war Honig darin. Der Junge kroch unter das Bett, holte den Topf hervor und aß ihn ganz aus. „Ich weiß nicht,“ sprach er, „die Leute sagen der Tod sei bitter, mir schmeckt er süß. Kein Wunder dass die Bäuerin sich so oft den Tod wünscht.“ Er setzte sich auf ein Stühlchen und war gefasst zu sterben. Aber statt dass er schwächer werden sollte, fühlte er sich von der nahrhaften Speise gestärkt. „Es muss kein Gift gewesen sein,“ sagte er, „aber der Bauer hat einmal gesagt in seinem Kleiderkasten läge ein Fläschchen mit Fliegengift, das wird wohl das wahre Gift sein und mir den Tod bringen.“ Es war aber kein Fliegengift, sondern Ungarwein. Der Junge holte die Flasche heraus und trank sie aus. „Auch dieser Tod schmeckt süß,“ sagte er, doch als bald hernach der Wein anfing ihm ins Gehirn zu steigen und ihn zu betäuben, so meinte er sein Ende nahte sich heran. „Ich fühle dass ich sterben muss,“ sprach er, „ich will hinaus auf den Kirchhof gehen, und ein Grab suchen.“ Er taumelte fort, erreichte den Kirchhof und legte sich in ein frisch geöffnetes Grab. Die Sinne verschwanden ihm immer mehr. In der Nähe stand ein Wirtshaus, wo eine Hochzeit gefeiert wurde: als er die Musik hörte, däuchte er sich schon im Paradies zu sein, bis er endlich alle Besinnung verlor. Der arme Junge erwachte nicht wieder, die Glut des heißen Weins und der kalte Thau der Nacht nahmen ihm das Leben, und er verblieb in dem Grab, in das er sich selbst gelegt hatte.
Als der Bauer die Nachricht von dem Tod des Jungen erhielt, erschrack er und fürchtete vor das Gericht geführt zu werden: ja die Angst fasste ihn so gewaltig, dass er ohnmächtig zur Erde sank. Die Frau, die mit einer Pfanne voll Schmalz am Herde stand, lief herzu um ihm Beistand zu leisten. Aber das Feuer schlug in die Pfanne, ergriff das ganze Haus, und nach wenigen Stunden lag es schon in Asche. Die Jahre, die sie noch zu leben hatten, brachten sie, von Gewissensbissen geplagt, in Armut und Elend zu.
Katze und Maus in Gesellschaft
Eine Katze hatte Bekanntschaft mit einer Maus gemacht und ihr so viel von der großen Liebe und Freundschaft vorgesagt, die sie zu ihr trüge, dass die Maus endlich einwilligte, mit ihr zusammen in einem Hause zu wohnen und gemeinschaftliche Wirtschaft zu führen. „Aber für den Winter müssen wir Vorsorge tragen, sonst leiden wir Hunger“, sagte die Katze, „du Mäuschen, kannst dich nicht überall hinwagen und gerätst mir am Ende in eine Falle.“ Der gute Rat ward also befolgt und ein Töpfchen mit Fett angekauft. Sie wussten aber nicht, wo sie es hinstellen sollten, endlich nach langer Überlegung sprach die Katze „ich weiß keinen Ort, wo es besser aufgehoben wäre, als die Kirche, da getraut sich niemand etwas wegzunehmen: wir stellen es unter den Altar und rühren es nicht, eher an als bis wir es nötig haben.“ Das Töpfchen ward also in Sicherheit gebracht, aber es dauerte nicht lange, so trug die Katze Gelüsten danach und sprach zur Maus „was ich dir sagen wollte, Mäuschen, ich bin von meiner Base zu Gevatter gebeten: sie hat ein Söhnchen zur Welt gebracht, weiß mit braunen Flecken, das soll ich über die Taufe halten. Lass mich heute ausgehen und besorge du das Haus allein.“ „Ja, ja“, antwortete die Maus, „geh in Gottes Namen, wenn du was Gutes isst, so denk an mich: Von
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