Das grosse Muminbuch
Er holte die Pfeife vor und zündete sie gemächlich an. Er ließ die schönsten Rauchwolken in den Nachthimmel steigen und wartete auf seine Frühlingsmelodie.
Sie kam nicht. Statt dessen fühlte er die Augen des Tierchens, die alles verfolgten und bewunderten, was er tat, und allmählich kribbelte es in ihm vor Unbehagen. Schließlich klatschte er in die Pfoten und rief: «Schschsch, weg!»
Da schlüpfte das Tierchen unter seiner Wurzel hervor und sagte schüchtern: «Ich hoffe, ich habe dich nicht erschreckt? Ich weiß, wer du bist. Du bist der Mumrik.»
Und dann stieg das kleine Tier in den kleinen Bach und kam herübergewatet. Der Bach war zu groß für so ein kleines Wesen, und das Wasser war kalt. Ein paarmal verlor es den Halt und fiel rücklings ins Wasser. Doch der Mumrik fühlte sich so unangenehm berührt dadurch, dass er gar nicht auf den Gedanken kam, dem Tierchen zu helfen.
Endlich kroch etwas Elendiges und Spindeldürres aus dem Wasser, klapperte mit den Zähnen und sagte: «Hej! Ich bin so glücklich, dass ich dich kennenlernen darf.»
«Hej », sagte der Mumrik kalt.
«Darf ich mich an deinem Feuer wärmen?» fuhr das Tierchen fort, und sein nasses Frätzchen strahlte. Nein, so etwas, dass ich an Mumriks Feuer sitzen darf! Das werde ich nie in meinem Leben vergessen.
Das Tierchen rutschte näher heran, legte die Pfote auf den Rucksack und flüsterte feierlich: «Hast du da die Mundharmonika drin?»
«Ja», sagte der Mumrik ziemlich kurz angebunden.
Seine Melodie von der Einsamkeit war verschwunden - die Stimmung war zerstört. Er biss auf die Pfeife und starrte in die Birken.
«Lass dich durch mich nicht stören», sagte das Tierchen harmlos. «Wenn du spielen willst, meine ich. Du glaubst gar nicht, wie ich mich nach Musik sehne! Ich habe noch nie Musik gehört. Aber von dir habe ich gehört. Der Igel und der Knottel und meine Mami haben von dir erzählt. Der Knottel hat dich sogar gesehen. Ja, du kannst dir das sicher gar nicht vorstellen! Hier geschieht so wenig... und wir träumen so viel...»
«Mh. Und wie heißt du?» fragte der Mumrik. Der Abend war sowieso zerstört, und da fand er, dass es einfacher sei, etwas zu sagen.
«Ich bin so klein, und deswegen habe ich keinen Namen», antwortete das Tierchen eifrig.«Nein, so etwas! Nach meinem Namen hat mich noch niemand gefragt. Und du, über den ich so viel gehört habe und den ich immer schon sehen wollte, du kommst einfach und fragst, wie ich heiße! Meinst du, dass du... wenn du könntest... ich meine, wäre es sehr mühsam, wenn du für mich einen Namen erfändest, einen Namen, der mir gehört und niemandem anders? Heute Abend? Jetzt?»
Der Mumrik murmelte etwas und zog den Hut über die Augen. Über den Quell flog jemand mit langen spitzen Flügeln und rief tief im Wald noch langanhaltend und traurig: Ju-juu, ju-juu, ti-uu...
«Man kann niemals wirklich frei werden, wenn man jemanden zu sehr bewundert», sagte der Mumrik plötzlich. «Ich weiß es.»
«Ich weiß, dass du alles weißt», plapperte das kleine Tier und rückte noch näher heran. «Ich weiß, dass du alles gesehen hast, dass alles, was du sagst, richtig ist. Ich will mich immer bemühen, genauso frei zu werden wie du. Und nun willst du nach Hause ins Mumintal und dich dort ausruhen und Bekannte treffen... Der Igel hat erzählt, dass Mumintroll, als er aus dem Winterschlaf aufgewacht war, sofort anfing, sich nach dir zu sehnen...
Ist es nicht schön, wenn man jemanden hat, der sich nach einem sehnt und der wartet und wartet?»
«Ich komme, wann es mir passt», sagte der Mumrik heftig. «Vielleicht komme ich überhaupt nicht. Vielleicht gehe ich ganz woanders hin.»
«Oh...! Dann wird er sicher traurig», sagte das Tierchen.
Inzwischen hatte es sich am Feuer ein wenig getrocknet, und der Pelz war vorne weich und hellbraun. Es stocherte wieder am Rucksack herum und fragte vorsichtig: «Könntest du nicht vielleicht... du bist so weit herumgekommen...»
«Nein», sagte der Mumrik. «Jetzt nicht!» Und er dachte: Das sind doch meine Wanderungen! Und wenn ich darüber reden muss, sind sie weg, und ich erinnere mich nachher nur an meine eigene Erzählung!
Eine lange Weile war es still. Der Nachtvogel schrie wieder.
Das Tierchen stand auf und sagte mit leiser Stimme: «Ja, dann gehe ich wohl besser nach Haus... hej.»
«Hej!»sagte der Mumrik und drehte und wendete sich, «Hör mal, wegen des Namens, den du haben wolltest. Du könntest Ti-ti-uu
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