Das grosse Muminbuch
heißen. Ti-ti-uu, nicht wahr, mit einem fröhlichen Anfang und vielen traurigen u's am Ende.»
Das kleine Tierchen starrte den Mumrik an, seine Augen glänzten gelb im Feuerschein. Es überdachte den Namen, schmeckte ihn, lauschte ihm, kroch in ihn hinein, und schließlich erhob es sein Gesicht zum Himmel und wehklagend rief es seinen neuen eigenen Namen, so traurig und so voller Hingebung, dass dem Mumrik ein Schauer über den Rücken rieselte.
Darauf verschwand ein brauner Schwanz im Heidekraut, und alles war wieder still.
Ach was, murmelte der Mumrik und trat unmutig ins Feuer. Er klopfte die Pfeife aus. Dann stand er auf und rief: «Hej! Komm doch zurück!»
Doch der Wald schwieg. Na ja, dachte der Mumrik. Man kann schließlich nicht ständig freundlich und gesellig sein. Dazu hat man einfach keine Zeit. Und einen Namen hat es ja bekommen. Also!
Er setzte sich wieder hin und lauschte dem Bach und dem Schweigen und wartete auf seine Melodie. Aber sie kam nicht. Er begriff, dass sie sich nun so weit entfernt hatte, dass er sie nicht mehr erreichen konnte. Vielleicht nie mehr?! Das einzige, was er in seinen Kopf bekommen konnte, war die eifrige, ängstliche Stimme des Tierchens, die redete und redete und redete.
«So was sollte zu Hause bei Mutters Milchtopf bleiben», sagte Mumrik aufgebracht und warf sich rücklings auf das Tannenreisig. Nach einer Weile richtete er sich auf und rief wieder in den Wald hinein. Er lauschte lange. Dann zog er den Hut über das Gesicht, um zu schlafen.
Am nächsten Morgen zog der Mumrik weiter. Er war müde und schlecht gelaunt, wanderte nordwärts, ohne sich nach rechts oder links umzuschauen oder gar mit irgendeinem Anfang zu einer Melodie unter dem Hut.
Er konnte an nichts anderes denken als an das kleine Tier. Er besann sich auf jedes Wort, das es gesagt hatte, und an alles, was er selbst gesagt hatte, und er ging immer wieder alles durch, bis ihm schließlich ganz schlecht wurde. Ganz ermattet musste er sich niedersetzen.
Was ist denn los mit mir, dachte der Mumrik zornig und verwirrt. So ist es mir noch nie ergangen! Ich muss krank sein.
Er stand auf und ging langsam weiter und fing wieder von vorn an mit allem, was das Tierchen gesagt, und allem, was er geantwortet hatte. Schließlich ging es nicht mehr. Gegen Mittag machte der Mumrik kehrt und fing an zurückzugehen.
Nach einem Weilchen fühlte er sich wohler. Er ging immer rascher,
er stolperte und lief. Kleine Lieder tanzten um seine Ohren, aber er hatte keine Zeit, sie zu fangen. Gegen Abend war er wieder in dem Birkenwäldchen, und nun begann er zu rufen.
«Titiuuh», rief er. «Titiuuh!» Und die Nachtvögel wachten auf und antworteten «Ti-uuh, ti-uuh.»
Aber das kleine Tierchen antwortete nicht.
Der Mumrik wanderte kreuz und quer, er suchte und rief, bis die Dämmerung kam. Der Neumond ging in einer Lichtung auf, und betroffen stand der Mumrik da und schaute ihn an.
Ich sollte mir was wünschen, dachte er. Es ist ja Neumond. Er war gerade im Begriff, wie immer zu wünschen: ein neues Lied, oder wie manchmal: neue Wege! Doch schnell änderte er seine Meinung und sagte: «Titiuuh finden!»
Dann drehte er sich dreimal um sich selbst und ging über die Lichtung in den Wald hinein und über den kleinen Bergrücken. Im Gebüsch raschelte es: etwas Hellbraunes und Buschiges!
«Titiuuh»! rief der Mumrik vorsichtig. «Ich bin zurückgekommen, weil ich mit dir reden will.»
«Oh, hej...» sagte Titiuuh und lugte aus dem Gebüsch hervor. «Fein, dann kann ich dir zeigen, was ich gemacht habe: ein Namensschild. Guck mal! Mein eigener neuer Name, der an der Tür hängen soll, wenn ich ein neues Haus bekomme.»
Das kleine Tier hielt ein Borkenstückchen mit einem geschnitzten Namenszeichen in die Höhe und fuhr wichtigtuerisch fort: «Hübsch, nicht wahr? Alle haben es bewundert.»
«Fein!» sagte der Mumrik. «Und du wirst ein eigenes Haus haben?»
«Ja. Ganz bestimmt!» sagte das Tierchen strahlend. «Ich bin von zu Hause weggezogen und habe jetzt erst angefangen richtig zu leben. Das ist furchtbar aufregend! Weißt du, ehe ich einen Namen hatte, bin ich nur herumgelaufen und betrachtete die Dinge so ganz im allgemeinen. Alles, was geschah, flatterte zwar um mich herum, manchmal war es gefährlich, manchmal war es ungefährlich, aber nie war es richtig. Verstehst du, was ich meine?»
Der Mumrik versuchte etwas zu sagen, aber das kleine Tierchen sprach sofort weiter: «Jetzt bin ich eine
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