Das Grosse Spiel
hier ist unsere Größe; wir wollten euch keinen Schaden zufügen, und wir vergeben euch für euren Tod. Von ihrer frühesten Bewußtheit bis zu den großen Kriegen, die über ihre Heimatwelt dahinfegten, erzählte Ender die Geschichte schnell, als wäre sie eine uralte Erinnerung. Als er zu der Erzählung von der großen Mutter kam, der Königin aller, die als erste gelernt hatte, die neue Königin zu erhalten und zu unterweisen, statt sie umzubringen oder sie zu vertreiben, da verweilte sie, erzählte, wie viele Male sie schließlich das Kind ihres Körpers vernichten mußte, das neue Selbst, das nicht sie war, bis sie eines gebar, das ihre Suche nach Harmonie verstand. Das war etwas Neues in der Welt, zwei Königinnen, die einander liebten und halfen, statt zu kämpfen, und gemeinsam waren sie stärker als jeder andere Stock. Sie erlebten eine Blütezeit; sie hatten mehr Töchter, die sich ihnen in Frieden anschlossen; es war der Beginn der Weisheit.
Wenn wir nur zu euch hätten sprechen können, sagte die Schwarmkönigin in Enders Worten. Aber weil es nicht sein konnte, erbitten wir nur dies: daß ihr euch unserer erinnert, nicht als Feinde, sondern als tragische Schwestern, in eine böse Gestalt verwandelt vom Schicksal oder Gott oder Evolution. Wenn wir uns geküßt hätten, wäre dies das Wunder gewesen, um uns in den Augen des anderen menschlich zu machen. Statt dessen brachten wir uns gegenseitig um. Aber trotzdem heißen wir euch nun als Gäste willkommen. Kommt in unser Haus, Töchter der Erde; lebt in unseren Tunneln, erntet von unseren Feldern; für das, was wir nicht mehr tun können, seid ihr nun unsere Hände. Blüht, Bäume; reift, Felder; seid warm für sie, Sonnen; seid fruchtbar für sie, Planeten; sie sind unsere angenommenen Töchter, und sie sind heimgekehrt.
Das Buch, das Ender schrieb, war nicht lang, aber in ihm stand all das Gute und all das Böse, das die Schwarmkönigin wußte. Und er signierte es nicht mit seinem Namen, sondern mit einem Titel:
SPRECHER FÜR DIE TOTEN
Auf der Erde wurde das Buch in aller Stille veröffentlicht, und in aller Stille ging es von Hand zu Hand, bis es schwer zu glauben war, daß irgend jemand auf der Erde es nicht gelesen haben könnte. Die meisten, die es lasen, fanden es interessant; manche, die es lasen, weigerten sich, es einfach beiseite zu legen. Sie begannen, danach zu leben, so gut sie konnten, und wenn ihre Geliebten starben, stand ein Gläubiger neben dem Grab auf, um Sprecher für die Toten zu sein und zu sagen, was der Tote gesagt hätte, aber mit völliger Aufrichtigkeit, er verbarg keine Fehler und täuschte keine Tugenden vor. Jene, die zu solchen Andachten kamen, fanden sie manchmal schmerzlich und beunruhigend, aber es gab viele, die entschieden, daß ihr Leben trotz ihrer Irrtümer lohnend genug war, daß ein Sprecher die Wahrheit für sie verkünden sollte, wenn sie starben.
Auf der Erde blieb es eine Religion unter vielen. Aber für jene, die die große Höhle des Weltalls bereisten und ihr Leben in den Tunneln der Schwarmkönigin ernteten, war es die einzige Religion. Es gab keine Kolonie ohne ihren Sprecher für die Toten.
Niemand wußte, und eigentlich wollte es auch niemand wissen, wer der ursprüngliche Sprecher war. Ender war nicht geneigt, es ihnen zu verraten.
Als Valentine fünfundzwanzig Jahre alt war, schloß sie den letzten Band ihrer Geschichte der Krabbler-Kriege ab. Am Ende nahm sie den vollständigen Text von Enders kleinem Buch auf, sagte aber nicht, daß Ender es geschrieben hatte.
Über Verkürzer erhielt sie eine Antwort von dem steinalten, herzkranken Hegemon, Peter Wiggin, siebenundsiebzig Jahre alt.
»Ich weiß, wer es geschrieben hat«, sagte er. »Wenn er für die Krabbler sprechen kann, dann kann er bestimmt auch für mich sprechen.«
Hin und her über den Verkürzer sprachen Ender und Peter miteinander, und Peter breitete die Geschichte seiner Tage und Jahre, seiner Verbrechen und seiner Güte aus. Und als er starb, schrieb Ender einen zweiten Band, wieder unterzeichnet vom Sprecher für die Toten. Zusammen wurden seine zwei Bücher Die Schwarmkönigin und der Der Hegemon genannt, und sie waren heilige Schriften.
»Komm«, sagte er eines Tages zu Valentine. »Laß uns fortgehen und für ewig leben.«
»Das können wir nicht«, sagte sie. »Es gibt Wunder, die selbst die Relativität nicht wirken kann, Ender.«
»Wir müssen gehen. Ich bin hier beinahe glücklich.«
»Dann bleib.«
»Ich habe zu
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