Spiel mit dem Tod (German Edition)
1. Kapitel
Katerstimmung am Tag danach. Pochende Kopfschmerzen, Übelkeit und Schwindelanfälle. Kommissär Francesco Ferrari griff sich vorsichtig an die Stirn. Aber der Abend mit Daniel Stettler war schön gewesen. Es gab Grund zum Feiern, und wie. Denn Daniel, einer seiner wenigen Freunde, war zum CEO der Hightech-Unternehmung ONLINE befördert worden. Schreckliche Bezeichnung für einen Generaldirektor! Was solls, die Amerikanisierung war wohl kaum mehr aufzuhalten. Den frischgebackenen CEO hatten sie im kleinen Kreis ausgiebig gefeiert. Zuerst standesgemäss mit zwei Flaschen Champagner im Büro des Chief Executive Officers, danach mit einer nicht enden wollenden Pintentour durch die Altstadt, die gediegen und ganz harmlos mit einem wunderbaren Essen im «Les Trois Rois» ihren Anfang genommen hatte. Dann, tja dann … wer war bloss auf die Idee gekommen? «Honky Tonk», «Moulin Rouge», «White Horse», «Fischerstube» und «Hirscheneck», wo sie altersmässig ziemlich aufgefallen waren. Ferrari sah die hämisch grinsenden Twens noch vor seinem geistigen Auge. Hingegen versuchte er sich vergeblich daran zu erinnern, was alles und vor allem wie viel er getrunken hatte. Champagner, Wein, Bier, dann wieder Champagner. Oder war es Prosecco gewesen? Und noch einen Schnaps dazu und … Der Magen rebellierte sofort wieder beim Gedanken an die vergangene Nacht. Mein Gott, wieso hatte er sich nur dazu verleiten lassen, alle Beizen im Kleinbasel abzuklappern. Zu guter Letzt wurden sie vor dem «Roten Kater» von einer Polizeistreife aufgegriffen und nach Hause verfrachtet. Immerhin blieb ihm die Ausnüchterungszelle erspart.
Obwohl er jeglichen Lärm zu vermeiden versucht hatte, stolperte er zum sichtlichen Vergnügen der uniformierten Polizisten, die ihn bis an die Haustür begleiteten, über die Schwelle und klatschte mit dem Kopf voll gegen die Klingel. Damit nicht genug. Das verfluchte Ding rastete ein und seine Freundin Monika aus. Wie aus dem Nichts stand sie plötzlich mit furchterregendem Blick an der Tür und stellte die verrückt spielende Glocke ab. Der Rest war schnell erzählt. Monika zerrte ihn wie einen nassen Sack durch den Korridor in die Küche und hielt ihm eine Standpredigt. Er glaubte, etwas wie «Du bist ein schönes Vorbild!», «Was müssen deine Leute von dir halten?», «Morgen bist du die Lachnummer im Kommissariat», «Wenn Nicole dich so sehen würde» und Ähnliches verstanden zu haben. Weshalb weiss der Mensch eigentlich nicht, wann er genug getrunken hat, dachte Ferrari. Jedes Tier hört auf, wenn Hunger und Durst gestillt sind. Nun ja, nicht jedes Tier, tröstete er sich. Es gibt Ausnahmen wie den Labrador eines Kollegen. Der lässt nichts aus, keinen Krümel, keinen ausgespuckten Kaugummi, kein gebrauchtes Taschentuch. Ferrari, der Labrador! Feiner Vergleich. Immerhin hatte das Schicksal dann doch ein Einsehen. Der Kommissär schlief sanft am Küchentisch ein und bekam so nicht mehr allzu viel von Monikas Standpauke mit.
Am Morgen schlich Ferrari mit stechenden Kopfschmerzen aus dem Haus, um einer weiteren Konfrontation zu entgehen. Die Folge war, dass er viel zu früh und ganz gegen seine Gewohnheit bereits um 7 Uhr im Kriminalkommissariat auftauchte. Ein Kollege starrte ihn im Korridor mit offenem Mund an.
«Bist du aus dem Bett gefallen, Francesco?»
«Habe viel zu tun», brummte Ferrari misslaunig und stiess ihn unsanft zur Seite. Wie es schien, hatten seine nächtlichen Eskapaden noch nicht die Runde gemacht. Wenigstens etwas.
Unterwegs hatte er sich trotz des Umwegs bei der Notfallapotheke am Petersgraben noch vorsichtshalber eine Packung Alka-Seltzer besorgt. Zu einem Horrorpreis. Die Halsabschneider nahmen ihm 12.95 Nachtzuschlag ab. Die endlose Diskussion, in die er sich verzettelte, brachte überhaupt nichts. «Nein, mein Herr, es ist halt so. Nachtzuschlag», «Ja, ich verstehe Sie schon, mein Herr, aber ich kann nichts daran ändern.» Ferrari zog alle Register seines Könnens, versprühte seinen ganzen Charme, vergeblich. Die Verkäuferin blieb stur und die Kopfschmerzen verstärkten sich. Jetzt sass er, den Kopf in die Hände gestützt, vor einem Glas Wasser mit zwei sich auflösenden Tabletten und schaute fasziniert den Luftblasen zu. Der Champagner im «Roten Kater» war zu viel des Guten gewesen. Eindeutig.
«Vielleicht sollte ich die ganze Packung Alka-Seltzer schlucken», stöhnte Ferrari und nippte am Glas. Die Kopfschmerzen waren unerträglich und sein
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